BAG Wohnungslosenhilfe fordert ein flächendeckendes Netz der Kältehilfe
(Berlin) - Bereits vor Winterbeginn sind mindestens drei wohnungslose Menschen bei niedrigen Temperaturen auf der Straße verstorben. Darauf weist heute die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W), der Dachverband der Hilfen in Wohnungsnotfällen in Deutschland, hin.
Die Fälle
Am 28.10.2018 wird eine 43 Jahre alte polnische Frau auf einer Parkbank in Hamburg-Nienburg gefunden. Die stark unterkühlte Wohnungslose verstarb kurze Zeit später in der Uniklinik.
Ebenfalls am 28.10.2018 wird ein 45-Jähriger vor dem Düsseldorfer Hauptbahnhof leblos aufgefunden. Der Mann aus Polen hat keinen festen Wohnsitz. Hinweise auf Fremdeinwirkungen liegen nicht vor. Die Polizei ermittelt.
Ein drittes, noch nicht näher benanntes Opfer wird vor dem Bürgerzentrum von Köln-Ehrenfeld unter einer Parkbank entdeckt. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Auch hier gibt es keine Hinweise auf Fremdverschulden.
Die BAG W dokumentiert die Kältetoten anhand von systematischen Presseauswertungen. Bei den Angaben handelt sich um eine Mindestzahl. Eine nicht bestimmbare Anzahl weiterer Todesfälle wird nicht öffentlich bekannt und kann daher nicht erfasst werden.
BAGW fordert Maßnahmen zur Verhinderung des Kältetods
In vielen Städten startet die Kältehilfe offiziell erst zum 01.11.2018. Für die drei Wohnungslosen, die im Oktober 2018 verstarben, kommt dieses Angebot zu spät. Sie starben bei Tiefsttemperaturen zwischen -1,4°C (Hamburg) und 3,8°C (Köln). Seit 1991 sind mindestens 299 Kältetote unter Wohnungslosen zu beklagen. Von der Kälte besonders bedroht sind die ca. 52.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Für ihr Überleben müssen dringend angemessene Vorkehrungen getroffen werden.
Daher bekräftigt die BAG W, dass zusätzliche Anstrengungen in der Kältehilfe und bei der Notunterbringung wohnungsloser Menschen zu unternehmen sind.
Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG W, erklärt:
"Die Kommunen müssen einen am tatsächlichen Bedarf ausgerichteten Bestand menschenwürdiger, möglichst dezentraler Unterbringungsmöglichkeiten bereithalten. Benötigt werden Unterkünfte, die ein Mindestmaß an Privatheit garantieren, in denen man sich auch tagsüber aufhalten kann und die auch mit Hunden und ggf. auch noch nachts aufgesucht werden können. Befristungen des Aufenthaltes auf einen oder wenige Tage pro Monat müssen beendet werden. Spezielle Schutzräume für wohnungslose Frauen sind notwendig. Darüber hinaus sollten die Stadt- und Kommunalverwaltungen telefonische Notrufe einrichten und die Bürgerinnen und Bürger auffordern, bei Notfällen nicht wegzugucken, sondern umgehend zu melden, wenn sie eine hilflose, durch die Kälte gefährdete Person sehen. Aktiv aufsuchende Kältebusse retten im Zweifelsfall Leben. Sie sollten vor allem in Städten mit vielen auf der Straße lebenden Menschen zum Einsatz kommen."
Die BAG W weist erneut darauf hin: Jeder unfreiwillig wohnungslose Mensch hat in Deutschland ein Anrecht auf eine ordnungsrechtliche Unterbringung durch die Kommune, in der er sich aufhält. Die Herkunft des Betroffenen oder der Ort des Wohnungsverlustes spielen hierbei keine Rolle. Auch Migrantinnen und Migranten darf dieses Recht nicht verwehrt werden. Die noch immer verbreitete Praxis, ordnungsrechtliche Unterbringung an sozialhilferechtliche Ansprüche zu knüpfen, ist rechtswidrig und muss beendet werden.
Rosenke: "Grundsätzlich gilt aber: Der beste Schutz vor der lebensbedrohlichen Kälte ist die eigene beheizbare Wohnung. Es bedarf daher dringend mehr bezahlbaren Wohnraums für Wohnungslose und einkommensarme Haushalte und eines Ausbaus des Präventionssystems zur Verhinderung von Wohnungsverlusten."
Quelle und Kontaktadresse:
BAG Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.
Werena Rosenke, Geschäftsführerin Presse
Boyenstr. 42, 10115 Berlin
Telefon: (030) 2 84 45 37 0, Fax: (030) 2 84 45 37 19