BÄK und KBV stellen neue Arztzahlstudie in Berlin vor: Ärzteschaft fehlt der Nachwuchs
(Berlin) - Die Situation ist schwieriger als wir vor zwei Jahren angenommen haben: Der drohende Ärztemangel ist in einigen Bereichen nicht nur früher eingetreten als erwartet, er hat auch an Dynamik gewonnen. Mit diesen Worten kommentierten am 27. August Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) und Dr. Manfred Richter-Reichhelm, Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die von ihren Organisationen vorgelegte neue Arztzahlstudie.
Eine erste Studie im Jahr 2001 war zu dem Ergebnis gekommen, dass in regional unterschiedlicher Ausprägung mit einem Rückgang der Arztzahlen zu rechnen sei. Ursache dafür ist vor allem der gravierende Nachwuchsmangel in der Ärzteschaft. Dieser Trend hat sich nun bestätigt: Stellen in Krankenhäusern können nicht mehr nachbesetzt werden, Landärzte finden keine Praxisnachfolger mehr. Bereits im vergangenen Jahr verzeichnete das Bundesarztregister 1,3 Prozent weniger Hausärzte als im Jahr zuvor. Bei insgesamt sechs Arztgruppen wurden im vergangenen Jahr rückläufige Zahlen festgestellt. Die Anzahl der Kinderärzte und Augenärzte ging 2002 jeweils um 0,4 Prozent zurück. Bei den ärztlichen Psychotherapeuten lag der Rückgang sogar bei 1,7 Prozent.
Je länger sich dieser Abwärtstrend fortsetzt, umso schwieriger wird es sein, die Lücken zu füllen, die ältere Ärzte hinterlassen, so Hoppe. In den Jahren zwischen 1995 und 2002 stieg der Anteil aller berufstätigen Ärzte, die älter sind als 59 Jahre, um knapp 58 Prozent. Gleichzeitig sank der Anteil der jungen Ärzte um 31 Prozent: Im Jahr 2002 waren lediglich 17 Prozent der berufstätigen Mediziner jünger als 35. Die Nachwuchsentwicklung bezeichnete der Präsident der BÄK als alarmierend: In nur vier Jahren sind die Neuzugänge von Ärzten im Praktikum um 15,1 Prozent zurückgegangen. Zunehmend mehr Absolventen entscheiden sich gegen den Arztberuf und suchen sich attraktivere Berufsalternativen außerhalb der kurativen Medizin, die ein höheres Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen versprechen.
Die rückläufigen Arztzahlen stünden jedoch dem steigenden Bedarf an Ärzten entgegen. Die demographische Entwicklung der Bevölkerung und die damit einhergehende Veränderung des Krankheitsspektrums sowie der medizinische Fortschritt führten zu höheren Behandlungserfordernissen. Die Zahl der Behandlungsfälle in den Krankenhäusern steigt kontinuierlich an. Ein Mangel an Fachärzten führt gerade in diesem Bereich zwangsläufig zu Engpässen in der Patientenversorgung, warnt Hoppe.
Besonders dringlich erscheint laut Richter-Reichhelm das Problem in der hausärztlichen Versorgung. Bis zum Jahr 2011 werden voraussichtlich 23.000 Hausärzte ausscheiden. Diese Lücken müssten gefüllt werden. In den neuen Bundesländern würden in den nächsten Jahren sogar knapp ein Drittel aller Hausärzte in den Ruhestand gehen. Für diese sei bislang kaum Nachwuchs in Sicht: Dieser Entwicklung gilt es gegenzusteuern, sonst ist in naher Zukunft die hausärztliche Versorgung in den neuen Bundesländern ernsthaft gefährdet. Dort werde es in den nächsten Jahren zu Versorgungsengpässen kommen.
In einigen Gebieten Deutschlands würden Patienten selbst bei leichteren Erkrankungen gezwungen sein, kostenintensivere Behandlungen im Krankenhaus in Anspruch zu nehmen. Aber auch die Kliniken können die freien Stellen oft nicht mit jungen Ärzten besetzen. Das Fazit Richter-Reichhelms: Mediziner müssen praxisnäher ausgebildet und ihre Arbeitsbedingungen attraktiver gestaltet werden, damit sich junge Menschen wieder stärker für diesen Beruf interessieren.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) e.V.
Herbert-Lewin-Str. 1, 50931 Köln
Telefon: 0221/40040, Telefax: 0221/4004388
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Stellungnahme der AkdÄ zu Eptinezumab (Migräneprophylaxe) (Vyepti®) - frühe Nutzenbewertung § 35a SGB V
- Mögliche Medikationsfehler bei der Einnahme von Paxlovid™
- Auch in Corona-Zeiten an die Ausbildung denken / Bundeszahnärztekammer und Verband medizinischer Fachberufe erinnern an die Bedeutung der Zahnmedizinischen Fachangestellten für die Praxis