Pressemitteilung | AVK - Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V.

AVK-Innovationspreis 2024 – Gewinner stehen fest

Frankfurt/Stuttgart – Die Gewinner des renommierten Innovationspreises für
Faserverbundkunststoffe der AVK– Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe wurden in
diesem Jahr in Stuttgart präsentiert. Der Preis geht an Unternehmen, Institute und deren
Partner jeweils in den drei Kategorien „Produkte und Anwendungen“, „Prozesse und
Verfahren“ sowie „Forschung und Wissenschaft“ für herausragende Composites-
Innovationen. Eine Fachjury aus Ingenieuren, Wissenschaftlern und Fachjournalisten
bewertet die Einreichungen in den drei Kategorien anhand von Kriterien wie
Innovationshöhe, Realisierungsgrad und Nachhaltigkeit.

Kategorie „Innovative Produkte und Anwendungen“

Den 1. Platz in der Kategorie „Innovative Produkte und Anwendungen“ belegten die Firmen
thoenes® Dichtungstechnik GmbH, RAUCH Landmaschinenfabrik GmbH und das
Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden mit ihrer Innovation
„Nachhaltiges Düngerstreuergestell: Leichtbau mit thermoplastischen Carbon-PA6
Hohlprofilen“.

Im Rahmen des Projekts Le²Gro wurde ein innovatives Leichtbaudüngerstreuergestell mit
einer Spannweite von mehr als 36 Metern entwickelt. Die Konstruktion besteht aus
thermoplastischen, endlosfaserverstärkten Hohlprofilen, die mithilfe eines fortschrittlichen
Schlauchblasverfahrens hergestellt werden. Diese Bauweise reduziert das Gewicht des
Gestells von 2000 kg auf 1140 kg um 43 %, was sowohl den Treibstoffverbrauch als auch die
Bodendruckbelastung verringert und die Zuladungskapazität erhöht. Zusätzlich ermöglicht die
verbesserte Fertigungstechnik eine höhere Effizienz in der Produktion und erlaubt die
Integration von Funktionen wie der Materialförderung direkt durch das Gestänge im Endteil.
Das Gestell wird durch innovative metallische Knotenstrukturen verbunden, die in Kombination
mit thermoplastischen Lasteinleitungselementen eine steife und langlebige Fachwerkstruktur
schaffen. Der Gesamtprototyp wurde 2024 erprobt und die Markteinführung wird in den
kommenden Jahren angestrebt. Die Technologie bietet nicht nur Potenzial für die
Landtechnik, sondern auch für andere Industrien wie z.B. den Zeltbau oder den
Sondermaschinenbau.

Kategorie „Innovative Prozesse/Verfahren“

Die Firma REHAU Industries SE + Co KG zusammen mit den Projektpartnern ANYBRID
GmbH und CQFD Composites landete mit Ihrer Einreichung „Verarbeitungsverfahren von
thermoplastischen Composites in einer Prozesskette zur Herstellung von
Bauelementen“ auf Platz 1 der Kategorie „Innovative Prozesse und Verfahren“.
Die Prozesskette, bestehend aus der Herstellung thermoplastisch pultrudierter und co-
extrudierter Profile in Kombination mit einer automatisierten Rahmenfertigung mittels
Montagespritzguss, bietet wegweisende Potentiale für verschiedene Anwendungen.
Auf der diesjährigen internationalen Fensterbaumesse FENSTERBAU FRONTALE 24 wurde
ein erster funktionstüchtiger Prototyp eines Fensterelements ausgestellt, welches mit einem
solchen Verfahren hergestellt wurde.

Das thermoplastische Pultrudat mit bis zu 85 Gewichtsprozent Glasfaserverstärkung ermöglicht herausragende Eigenschaften in wesentlichen Aspekten und das ganz ohne Stahlverstärkungen. Insbesondere bei Fenstern bringt der Verzicht auf Stahl erhebliche Vorteile in den Bereichen Logistik, Fertigung und Wärmedämmung. Aufgrund des thermoplastischen Charakters des Profils ergeben sich weitere Vorteile, sowohl in Bezug auf Nachhaltigkeit als auch für Möglichkeiten der
Funktionsintegration. So können beispielsweise Verschnittreste, die bei den notwendigen
Gehrungsschnitten im Fensterbau anfallen, regranuliert und erneut für Fensteranwendungen
genutzt werden. Das Rezyklat wird mittels Spritzgießen zu Eckverbindern verarbeitet, die vor
der automatisierten Montage in die Profile eingelegt werden. Die Herstellung
kurzglasfaserverstärkter extrudierter Profile ist jedoch ebenfalls möglich. Die Montage der
Fensterrahmen erfolgt hochautomatisiert mittels mobilen Spritzgießens, bei dem die Ecken je
nach geforderter Produktivität zeitgleich mit bis zu vier Robotern gefügt werden.

Jeder Prozessschritt wurde in langjähriger Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern
entwickelt und umfangreich erprobt, um höchste Reproduzierbarkeit bei maximaler
Materialausnutzung sicherzustellen. Diese Innovation repräsentiert einen bedeutenden
Fortschritt in der Produktion von Composite Profilen und hat das Potential die Standards der
Branche, nicht nur im Fensterbereich, neu zu definieren.

Kategorie „Forschung und Wissenschaft“

Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) erreichte in dieser Kategorie mit
der „Verarbeitung kreislauffähiger Monomaterial- Sandwichstrukturen in
großserienfähigen Prozessen“ Platz 1.

Ihre im Leichtbau vorteilhafte Mechanik zeigen konventionelle FVK vor allem während der
Nutzungsphase, jedoch ist eine Wiederverwendung in gleicher Anwendung aufgrund der
strukturbedingten Faserkürzung bzw. des verwendeten Matrixmaterials nur bedingt oder gar
nicht möglich. Der ausgezeichnete Forschungsansatz setzt an der Lösung dieses Problems
an und ebnet den Weg zur Kreislaufführung in die gleiche Anwendung. Hierfür wurde der im
Leichtbau weitverbreitete Multi-Material-Design-Ansatz neu gedacht und in einen Multi-
Morphologie-Ansatz unter Verwendung von nur einem Material angepasst. Hierbei wurden
marktverfügbare, selbstverstärkte Materialien und Schäume optimiert, sowie neue
großserienfähige Füge-, Umform- und Funktionalisierungsprozesse entwickelt. Ein tiefes
Verständnis der Wirkmechanismen im Material wie z.B. die Kristallisationskinetik,
Zellmorphologie und der Schmelzviskosität bildet die Grundlage dieses Ansatzes. Die
erarbeitete Prozesskette vom Halbzeug hin zu komplexen Bauteilen wurde anschließend
anhand einer automobilen Sitzstruktur validiert. Selbstverstärkte Organobleche sind seit
mehreren Jahren auf dem Markt, haben jedoch aufgrund von Steifigkeitsdefiziten
eingeschränkte Einsatzgebiete. Durch die klebstofffreie Kombination mit thermoplastischen
Schäumen, welche auf einem identischen Grundpolymer basieren, können
gewichtsspezifische Biegesteifigkeiten wie bei konventionellen FVK erreicht werden. Die
Temperaturführung über die Prozesskette ist entscheidend, um eine Relaxation der
Verstärkungsfasern zu vermeiden und hierdurch die mechanische Performance aufrecht zu
erhalten. Die im Multi-Morphologie-Ansatz gefertigten Bauteile bestehen aus nur einem
thermoplastischen Kunststoff – eine vollständige Kreislaufführung wird hierdurch ermöglicht.
Der Ansatz wurde für rezyklatbasiertes PET und biobasiertes PLA realisiert, sodass die
Notwendigkeit zur Neuproduktion petrobasierter Kunststoffe reduziert werden kann. Die
Entwicklung konnte durch eine enge Zusammenarbeit mit Partnern entlang der
Wertschöpfungskette vom Technikum in die Industrie überführt werden, mögliche
Anwendungen liegen hier in der Sport- und Freizeitbranchen sowie semi-strukturellen
Bauteilen der Mobilitätsbranche. Der durch die Innovation ausgeschöpfte maximale Leichtbau
aus nur einem Material, ermöglicht neben der Wiederverwendung bestehender Materialien
auch einen Beitrag zum Klimaschutz durch die Reduzierung der Treibhausgase in der
Mobilitätsbranche und der Vermeidung von weiteren Kunststoffabfällen.

Übersicht aller Preisträger in den drei Kategorien:

Kategorie „Innovative Produkte und Anwendungen“

1. Platz: „Nachhaltiges Düngerstreuergestell: Leichtbau mit thermoplastischen Carbon-PA6
Hohlprofilen“ - thoenes® Dichtungstechnik GmbH, RAUCH Landmaschinenfabrik GmbH,
Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (TU Dresden)
2. Platz: „Fahrradbox GREEN GUARD – modular, vielseitig und nachhaltig für die Mobilität
von morgen“ - Mitras-Composites Systems GmbH, Partner: Leichtbau-Zentrum Sachsen
GmbH
3. Platz: „Recycelte Kohlenstofffasern (rCF) für lasttragende Bauteile – High-End
Rennradrahmen für echte Kreislaufwirtschaft“ - SPIN Siebert&Schörner GbR, Partner:
Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), V-Carbon, CG TEC, Schmolke Carbon

Kategorie „Innovative Prozesse/Verfahren“
1. Platz: „Verarbeitungsverfahren von thermoplastischen Composites in einer Prozesskette
zur Herstellung von Bauelementen“ - REHAU Industries SE + Co KG, Partner: ANYBRID
GmbH, CQFD Composites
2. Platz: „Patentierte Prozessoptimierung der UV-Kanal-Sanierung dank sensorgestützter
und datengetriebener Echtzeitüberwachung im Liner“ - NETZSCH Process Intelligence
GmbH, Partner: Rausch Rehab GmbH, ProKASRO Mechatronik GmbH, RelineEurope
GmbH
3. Platz: „Entwicklung und Einsatz eines KI basierten ATP-Systems für die Herstellung von
TCP“ - Fibron Pipe GmbH, Partner: Ceyeborg GmbH, Kloos Systems GmbH

Kategorie „Forschung und Wissenschaft“
1. Platz: „Verarbeitung kreislauffähiger Monomaterial- Sandwichstrukturen in
großserienfähigen Prozessen“ - Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT)
2. Platz: „Entwicklung von feintitrigen PEEK-Garnen mit produktspezifischem mechanischem
und thermomechanischem Verhalten“ - Faserinstitut Bremen e. V.
3. Platz: „Endkonturgerechte Multiaxialgelege mit variabel einstellbarer
Verstärkungsfadendichte“ - Institut für Textilmaschinen und Textile (TU Dresden)

Quelle und Kontaktadresse:
AVK - Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V., Katharina Wagner, Leiter(in), Am Hauptbahnhof 12, 60329 Frankfurt am Main, Telefon: 069 2710770

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