Pressemitteilung | AVK - Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V.

AVK-Innovationspreis 2023 - Gewinner stehen fest

(Frankfurt/Salzburg) - Die Gewinner des renommierten Innovationspreises für Faserverbundkunststoffe der AVK- Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe wurden in diesem Jahr in Salzburg präsentiert. Der Preis geht an Unternehmen, Institute und deren Partner jeweils in den drei Kategorien "Produkte und Anwendungen", "Prozesse und Verfahren" sowie "Forschung und Wissenschaft" für herausragende Composites-Innovationen. Eine Fachjury aus Ingenieuren, Wissenschaftlern und Fachjournalisten bewertet die Einreichungen in den drei Kategorien anhand von Kriterien wie Innovationshöhe, Realisierungsgrad und Nachhaltigkeit.

Kategorie Produkte und Anwendungen

Auf den 1. Platz in der Kategorie "Innovative Produkte und Anwendungen" kam die Leichtbauzentrum Sachsen GmbH (LZS) mit ihrem Partner KWD Kupplungswerk Dresden GmbH für ihre "Isolierende Kupplungswelle für Schienenfahrzeuge".
Zahnkupplungen sind klassische Elemente des Maschinenbaus und wurden wahrscheinlich unmittelbar nach dem Zahnrad erfunden. Sie sind drehsteif und ermöglichen den Ausgleich eines Winkelversatzes bei kleinem Bauraum. Aufgrund der sehr ausgereiften Technologien sind generelle Weiterentwicklungen in diesem Segment kaum zu erwarten. Spezielle Anforderungen, wie beispielsweise dann, wenn die Anwendung eine elektrische Isolation zwischen den Wellen erfordert, zeigen aber, dass es noch Raum für innovative Entwicklungen gibt. Gemeinsam wurde deshalb die traditionelle Zahnkupplung zu einer elektrisch isolierenden Zwischenwelle weiterentwickelt. Funktionales Kernelement ist dabei ein Rohr aus glasfaserverstärktem Kunstharz. Dieses überträgt in der entwickelten Variante Drehmomente von bis zu 300 Nm bei maximal 13.000 min-1. Gleichzeitig verbessert die dem Faserverbundwerkstoff eigene hohe Werkstoffdämpfung das Schwingungsverhalten der Kupplung. Besondere Aufmerksamkeit wurde auf die Entwicklung des Fügeprinzips zwischen Glasfaserrohr und den metallischen Endstücken gelegt. Genutzt wird eine spezielle am LZS entwickelte, gestützte Pressverbindung. Diese Art der Verbindung ist robust, überlastsicher, preiswert und schnell zu fügen. Die isolierende Zwischenwelle ermöglicht es den Anwendern (z.B. Herstellern von Bahn- oder Maschinenantrieben) neuartige, leichte und vor allem kompakte Antriebsaggregate zu entwickeln. Die Welle ist inzwischen erfolgreich im Serieneinsatz und kann auf andere Spezifikationen angepasst werden.

SGL Carbon mit dem "Elektroauto-Batteriegehäuse-Komponenten auf Basis von innovativen endlosfaserverstärkten Phenolharz-Verbundwerkstoffen" kam auf Platz 2. Besonders leichte, crash- und brandbeständige Verbundwerkstoffe sind die Materialien der Wahl für Batteriegehäuse von Elektrofahrzeugen. Sie sind in der Lage, selbst "Thermal Runaways" - unkontrollierte Überhitzungen der Batterie - sicher einzuschließen. Bisher bestanden diese Komponenten üblicherweise aus glasfaserverstärktem Epoxidharz mit Brandschutzadditiven. SGL Carbon hat nun ein erstes Bauteil in Serie gebracht, das stattdessen in einer innovativen Prozesskette Phenolharze verarbeitet und mit Endlos-Glasfasern verbindet. Dieser Ansatz reduziert die Wandstärke der Gehäuseteile gegenüber den Lösungen mit Epoxidharz-Matrix um bis zu 25 Prozent - bei besserer Performance. Denn um die Reichweite von Elektroautos zu optimieren, zählt jedes Gramm. Durch eine verbesserte Prozessführung wird zudem in der Fertigung Material eingespart und schont so wertvolle Ressourcen.

Den 3. Platz belegte die Composites Technology Center GmbH (CTC GmbH) und ihre Partner (Faserinstitut Bremen e. V, Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V., C.A.R. FiberTec GmbH; Japan: CFRI Carbon Fiber Recycle Industry Co., Ltd., IHI Logistics and Machinery Corporation, ICC Kanazawa Institute of Technology) mit "HiPeR High Performance Recycled Carbon Fiber Materials”.
Die Luft- und Raumfahrtbranche setzt zunehmend auf kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK). Diese wertvollen Fasern aus Produktionsabfällen oder End-of-life Bauteilen können in großem Maße mittels Pyrolyse zurückgewonnen werden. Eine breite Anwendung dieser Recyclate ist bis heute jedoch aufgrund des Preis-Performance-Verhältnisses nicht erfolgt: Der Aufwand zur Rückgewinnung der Kohlenstofffasern führt zu einem unattraktiven Preis. Aufgrund der relativ geringen Leistung der längenreduzierten Fasern im Vergleich zu endlosen, neuwertigen Kohlenstofffasern, liegt die erreichbare Leistung in einem Bereich, der für Hochleistungsanwendungen unattraktiv ist.
Das Ziel des Projektes aus deutschen und japanischen Projektpartnern, geleitet von der CTC GmbH, bestand darin, das Preis-Performance-Verhältnis von recycelten Kohlenstofffaserhalbzeugen durch einen hohen Ausrichtungsgrad der Fasern zu verbessern. Mit überaus vielversprechenden mechanischen Kennwerten und mehreren Flugzeug- Demobauteilen in Originalgröße konnte die grundsätzliche Machbarkeit überzeugend dargelegt werden.

Kategorie Prozesse und Verfahren

Den 1. Platz in der Kategorie "Prozesse und Verfahren" erhielt die KraussMaffei Technologies GmbH mit ihrem Partner Wirthwein SE für das "Chopped Fiber Direkt-Verfahren (CFP)".
Das neuartige Verfahren zur Faserdirektverarbeitung, der CFP-Prozess, transformiert die Faserverarbeitung auf Spritzgussmaschinen. Effizient und simpel spart es Materialkosten von bis ca. 46 Prozent und 0,8 kWh/kg Energie, da vorcompoundierte Stoffe entfallen. Mit Standard-Spritzgussmaschine und patentierter Schnecke senkt der CFP-Prozess erheblich die Produktionskosten. Anpassungen der Materialdosierung und Schnecke genügen. Der CFP-Prozess hat TRL 8 erreicht und ist erfolgreich in der Automobil-Spritzgussanwendung erprobt. Das neue Schneckendesign befähigt kosteneffiziente Nachrüstung von Bestandsmaschinen. Teure endlosfaserverarbeitende Prozesse können ersetzt werden. Die patentierte Schneckengeometrie ermöglicht auch die direkte Verarbeitung von Abfallmaterialien aus anderen Produktionsverfahren, wie z.B. PA-CF-Abfälle aus der Luft- und Raumfahrtindustrie, ohne dass eine Trennung von Fasern und Polymeren erforderlich ist. Der CFP-Prozess verspricht Qualität, Effizienz und Nachhaltigkeit.

Auf Platz 2 kam das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung mit ihren Industriepartnern Schindler Handhabetechnik GmbH und Vision & Control GmbH für das Verfahren "CIRC - Complete Inhouse Recycling of Thermoplastic Compounds", das vollständige Inhouse-Recycling von thermoplastischen Verbundkunststoffen.
Dabei wurde gemeinsam ein innovatives Verfahren entwickelt, um anfallende Verschnittreste aus der Verarbeitung von thermoplastischen Organoblechen effizient zu nutzen. Aktuelle Recycling-Verfahren führen bisher zum Verlust der Faserverbundstruktur und der damit verbundenen hohen mechanischen Festigkeit. Das neue Verfahren erfasst die Geometrie- und Materialdaten von Verschnittteilen, kombiniert diese effizient und konsolidiert sie in einem Thermopressverfahren zu einem neuen Organoblech. Dadurch wird neben einer hohen Recyclingrate auch der weitgehende Erhalt der mechanischen Eigenschaften gewährleistet. Das Verfahren verspricht somit eine nachhaltigere und kosteneffizientere Nutzung von Organoblechen durch die Minimierung des Verschnittanteils und ist auf verschiedene Anwendungs- und Materialtypen skalierbar.

Platz 3 gab es für die CarboScreen GmbH zusammen mit dem Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen und ihrem Verfahren "CarboScreen - sensorgestützte Überwachung der Carbonfaserproduktion".

Carbonfasern sind eines der bedeutendsten Leichtbaumaterialien. Sie werden durch die thermische Konvertierung einer PAN-Faser hergestellt. Der Herstellungsprozess ist hochkomplex und anspruchsvoll. Zurzeit wird er in der Industrie nur optisch durch angelerntes Personal überwacht. Eine unzureichende Prozessführung, die zu Faserbeschädigungen oder im Extremfall zu Anlagenbränden führen kann, wird deshalb häufig nicht frühzeitig erkannt. Um eine ausreichende Produktqualität zu gewährleisten, ist die maximale Produktionsgeschwindigkeit auf max. 15 m/min begrenzt. Die Produktionskapazität der Anlagen wird dadurch deutlich reduziert. Für die Realisierung eines verbesserten und beschleunigten Herstellungsprozesses bietet die im Rahmen einer EXIST-Förderung gegründete CarboScreen GmbH ein sensorbasiertes Überwachungssystem für die Carbonfaserherstellung an. Mittels der Technologie werden die Fasern während der Herstellung kontinuierlich überwacht und Abweichungen automatisiert ermittelt.

Kategorie Forschung und Wissenschaft

Platz 1 ging in der Kategorie "Forschung und Wissenschaft" an das Faserinstitut Bremen e. V. für die "Entwicklung eines Stereokomplex-PLA-Blends im Technikumsmaßstab".
Im AiF-Forschungsprojekt PLA² ist es erstmals gelungen, ein Blend mit Stereokomplex-Kristallstruktur mit einer Schmelztemperatur von 235 °C aus dem Biopolymer Polylactid (PLA) im Technikumsmaßstab mit einer neuartigen Prozessführung herzustellen. Die einfache Überführung in den Industriemaßstab erlaubt eine ausreichende Materialverfügbarkeit, wodurch das Potenzial geschaffen wurde, selbstverstärkte PLA-Faserverbundwerkstoffe zu entwickeln und folglich das Anwendungsfeld massiv zu erweitern. Somit können herkömmliche Kunststoffe, beispielsweise Polypropylen (PP), substituiert und Ressourcen und Umwelt entsprechend geschont werden.

Den 2. Platz belegte der Lehrstuhl für Carbon Composites der Technischen Universität München mit seinem Partnern Appex GmbH und Haas Metallguss GmbH für "faserverstärktes Salz als robustes, verlorenes Kernmaterial".
Die Innovation umfasst ein neues verlorenes Kernmaterial sowie verschiedene Fertigungsprozesse zu dessen Herstellung. Verlorene Kerne ermöglichen dem Konstrukteur völlig neue Gestaltungsspielräume, die in konventionellen Werkzeugen nicht realisierbar sind. Je nach Bauteilgeometrie und Prozessbedingungen gibt es hohe Anforderungen an das Material, welches einerseits stabil genug sein muss, um einen Füllprozess zu überstehen, aber anderseits auch leicht auslösbar sein soll. Die Materialkombination basiert auf dem Konzept faserverstärkter Keramiken. Ein wasserlösliches Salz (z.B. NaCl) wird mit einer Kurz- oder Endlosfaserverstärkung kombiniert, wodurch das ursprünglich spröde Bruchverhalten in ein pseudo-duktiles überführt wird. Faserverstärktes Salz dient als verlorenes Kernmaterial mit hoher Festigkeit und Dichtigkeit, das mit Wasser ausgewaschen und recycelt werden kann. Es eignet sich für Prozesse, die hohe thermomechanische Anforderungen an ein wasserlösliches Kernmaterial stellen, wie z. B. Spritzguss, RTM oder Leichtmetalldruckguss.

Auf den 3. Platz kam das Sächsische Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) und seinem Partner Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) mit "VliesSMC - rezyklierte Carbonfasern mit zweitem Leben im SMC-Prozess".
Dabei ist es den Forschern gelungen, rezyklierte Carbonfasern in Form von Vliesstoffen bzw. unverfestigten Vlieslagen in einem SMC-Halbzeug einzubetten und anschließend dieses Halbzeug nicht wie sonst üblich im Formpressen zu verarbeiten, sondern eine Verarbeitung im Fließpressprozess zu ermöglichen. Somit können vliesbasierte SMC-Halbzeuge für die Herstellung komplexer Bauteile mit hohen Umformgraden und Versteifungselementen (z.B. Rippen) genutzt werden. Die Forschungspartner konnten gemeinsam mit einem projektbegleitenden Ausschuss aus 25 Industriepartnern aufzeigen, dass die entwickelten SMC-Halbzeuge gegenüber am Markt verfügbaren Produkten aus Primärmaterial sowohl kostengünstiger herstellbar sind als auch gleichwertige bzw. teilweise verbesserte Performance bringen. Die Ergebnisse wurden dabei nicht im Labormaßstab erarbeitet, sondern bereits im Technikumsmaßstab validiert und bereits ein großer Schritt in Richtung Umsetzbarkeit getan.

Die Preisverleihung erfolgte in Salzburg während des JEC Forum DACH, das bereits zum dritten Mal in der DACH-Region stattfand. "Ob es sich um innovative Produkte, innovative Verfahren oder auch Forschung handelt, die Möglichkeiten, die Composites bieten, sind noch lange nicht zu Ende gedacht. Der Innovationspreis der AVK zeigt dies wieder ganz deutlich. Wir können nur allen Akteuren, die produzieren, entwickeln oder forschen, zu ihrer außergewöhnlichen Arbeit gratulieren, die sie leisten. Indem die Innovationen hier vorgestellt werden können, ist dann ein weiterer Schritt getan, das Potenzial von Composites und die vielen Vorteile des Werkstoffs herauszustellen. Der Jury war es wieder eine Freude, ihren Teil dazu beizutragen", zog der Juryvorsitzende Gerhard Lettl, von der C.F. Maier GmbH bei der Preisverleihung Bilanz.

Die Ausschreibung für den Innovationspreis 2024 startet im Januar 2024.

Quelle und Kontaktadresse:
AVK - Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V. Birgit Förster, Leiterin Kommunikation und Marketing Am Hauptbahnhof 12, 60329 Frankfurt am Main Telefon: (069) 2710770, Fax: (069) 2710770

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