AvD Mobilitätscheck zu der anstehenden Bundestagswahl
- Bundestagsparteien beantworten 13 Fragen zur Mobilitätspolitik
- Verbote vs. Technologie: klare Lagerbildung beim Thema Mobilität
- Bundestag: Am 26. September wird gewählt
(Frankfurt am Main) - Nach sieben Landtagswahlen und zwei Kommunalwahlen strebt das Super-Wahljahr 2021 der letzten Wahl des Jahres zu: der Bundestagswahl. Wie bereits bei den vorangegangenen Wahlen zu Europaparlament und diversen Landtagen hat der Automobilclub von Deutschland (AvD) auch im Vorfeld der wichtigsten Abstimmung des Jahres den im Parlament vertretenen Parteien auf den sprichwörtlichen Zahn gefühlt und die jeweiligen verkehrspolitischen Positionen in Form des AvD Mobilitätscheck, eines 13 Punkte umfassenden Fragenkatalogs, abgefragt.
Fast alle Parteien beantworteten unsere Fragen komplett, lediglich Bündnis90/Die Grünen und SPD haben sich darauf beschränkt, uns lediglich zu den ersten acht Punkten eine Stellungnahme zu übermitteln.
Die Antworten zu jeder Frage haben wir ungekürzt und unkommentiert in einer Übersicht zusammengestellt. Der Leser kann sich somit zu jeder einzelnen Frage einen eigenen, unverfälschten Eindruck von den Standpunkten der jeweiligen Partei verschaffen und sich eine eigene Meinung bilden.
Wie üblich hat der AvD die Parteiantworten auch dem Politikexperten Clarsen Ratz vorgelegt. Dieser hat die einzelnen Stellungnahmen im Auftrag von Deutschlands traditionsreichstem Automobilclub analysiert und daraus die verkehrspolitischen Positionen der einzelnen Parteien abgeleitet. Ratz kommt dabei zu folgenden Einschätzungen:
Die Visionen der Parteien zur Mobilität gehen ziemlich auseinander und sind den verschiedenen politischen Lagern klar zuzuordnen. Die AfD setzt in Zukunft weiterhin auch auf den Verbrennungsmotor, während die CDU sich nicht festlegen zu wollen scheint und mit sehr allgemein gehaltenen Formulierungen auffällt. Eine klare Zukunftsvision scheint die FDP zu haben, die von einer starken Digitalisierung und dem autonomen Fahren als Problemlösung ausgeht und sich deutlich technologieoffen positioniert. SPD und Grüne scheinen ihre Antworten voneinander abgeschrieben bzw. sich abgesprochen zu haben: Sie sind inhaltlich nahezu identisch. Einzig Die Linke liefert klare Angebote auch in Zahlen ab - ohne aber konkret zu hinterlegen, wie sie ihre Pläne finanzieren möchte.
Die Weiterentwicklung der Ladeinfrastruktur für E-Autos lässt sich zusammenfassend für alle Parteien mit einem Satz beantworten: Bitte ladet Eure Autos, wenn der Wind weht und die Sonne lacht. Doch auf die Frage, wie sicherzustellen ist, woher der Strom kommen soll, wenn beides nicht vorhanden ist, haben alle keine wirklich konkreten Antworten. Die AfD wartet auf den ersten Blackout des Stromnetzes und stellt klar, dass die Fragen zur E-Mobilität erst dann wirklich in aller Breite diskutiert werden können. Die anderen Parteien sehen eine verstärkte Digitalisierung als Lösung. Die Grünen halten E-Mobilität jedenfalls für unproblematisch und handhabbar. Die Linke sieht in Zukunft keinen größeren Bedarf, da sie die persönliche Mobilität deutlich einschränken will. Dazu will sie den öffentlichen Verkehr so ausbauen, dass der Individualverkehr abnimmt.
Bei Frage 6 habe ich mich durch die SPD veralbert und nicht ernst genommen gefühlt. Verweist sie doch selbst auf ihren Vizekanzler und Finanzminister. Die Partei gehört zwar der Regierung an, dennoch soll sich der Fragende an die Regierung wenden. Alle anderen Parteien setzen auf die Verringerung von Dienstreisen durch mehr Online-Meetings sowie das größtmögliche Ausnutzen des öffentlichen Nahverkehrs. Einzig bei den Grünen, wenn ich ihren Worten folge, kann ich mir Minister in Zukunft statt im Dienstwagen auf dem Fahrrad vorstellen. Beides wird Cyber-Abwehr und Personenschützer sicherlich freuen.
Grüne, SPD und Linke wollen auf das Aus für den Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2030 hinarbeiten. AfD, CDU und FDP dagegen setzen auf Technologieoffenheit sowohl bei Pkw als auch bei Nutzfahrzeugen und sprechen sich auch gegen ein striktes Dieselverbot aus.
Den Erhalt und die Sicherung von Arbeitsplätzen in der Automobil- und Zulieferindustrie geben alle Parteien übereinstimmend als Ziel ihrer Politik an. Doch während Grüne, SPD und Linke offen von einem Strukturwandel sprechen, wollen CDU, FDP und AfD einen Übergang ermöglichen, der ohne große Reibungs- und damit Arbeitsplatzverluste umzusetzen ist. Die Linken hingegen zielen darauf, Arbeitsplätze in anderen industriellen Bereichen zu schaffen, wenn diese in der Automobilindustrie wegfallen. SPD und Grüne bleiben hingegen Antworten schuldig, wie sie die von ihnen propagierte Reduzierung des Individualverkehrs und die Verbannung des Autos aus den Innenstädten mit der Sicherung der Arbeitsplätze im Automotive-Sektor in Einklang bringen wollen.
Ab Frage 9 bleiben Grüne und SPD die Antworten schuldig. Sie wollten nur acht Fragen zulassen. Für mich persönlich eine fragwürdige Demokratieeinstellung vor Wahlen.
Der Einsatz synthetischer Kraftstoffe, E-Fuels und die Brennstoffzelle sind für die Linken keine Alternative im Pkw-Bereich. Sie halten sie zu wenig effizient. FDP, CDU wie AfD dagegen sprechen sich klar für Technologieoffenheit aus, was mit Blick auf die jüngsten Entscheidungen pro Brennstoffzelle bei Toyota, dem derzeit größten Autobauer der Welt, ein durchaus realistischer Ansatz scheint.
Auch sprechen sich CDU, FDP und AfD klar gegen ein generelles Tempolimit aus, während die Linkspartei ein Tempolimit von 120 km/h auf deutschen Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen einführen will.
Linke, CDU, FDP und AfD sind sich einig Oldtimer als kulturhistorisches Gut der Mobilität einzustufen und für die Nachwelt erhalten zu wollen. Die Linke möchte allerdings möglichst viele Oldtimer auf Elektroantrieb umgerüstet sehen. Ist eine solche Umrüstung nicht möglich, sollen synthetische Kraftstoffe zum Einsatz kommen. Dass eine solche Umrüstung mit der Vernichtung historischer Substanz einhergeht, bleibt ebenso unbeachtet, wie die Frage der Verträglichkeit von modernen, künstlich erzeugten Kraftstoffen in betagten Motoren.
Zur Frage nach der Notwendigkeit einer erneuten Überprüfung des Verkehrswegeplans 2030, um die neuesten Entwicklungen und Gegebenheiten berücksichtigen zu können, hat die FDP sehr ausführlich und explizit Stellung genommen. Sie sieht hier eine große Aufgabe auch für den nächsten Deutschen Bundestag.
Das Abseilen von Autobahnbrücken oder ähnliche Eingriffe in den fließenden Verkehr, wie jüngst während der IAA, sehen FDP, CDU und AfD sehr kritisch und halten es für gefährlich. Die Linkspartei hingegen begrüßt diese Aktionen, da aus ihrer Sicht davon keine Gefahr ausgeht. Diese Einstellung der Linken zeigt erneut die ablehnende Haltung gegenüber dem Auto.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bundestagswahl 2021 für die Mobilität in unserem Land eine entscheidende Richtungswahl markiert. Spannend bleibt, welche Koalitionen sich finden können, denn nach dem heutigen Stand wird es dazu mindestens dreier Partner bedürfen. Abgesehen von Rot, Rot, Grün wird mindestens ein Koalitionär in der Mobilitätspolitik seine "Seele" auf dem Altar der Macht opfern müssen, damit ein regierungsfähiges Bündnis zustande kommt.
Quelle und Kontaktadresse:
Automobilclub von Deutschland e.V. (AvD)
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