Autoren und Regisseure fordern mehr Investitionen ins TV-Programm / Diskussion um Mehreinnahmen aus der Haushaltsabgabe auch zu Strukturreformen nutzen
(Berlin) - Die Ministerpräsidenten der Länder wollen am 13.3. beschließen, dass die Rundfunkgebühr, die jetzt Haushaltsabgabe heißt, um 73 Cent/monatlich sinkt. Die Entlastung der Gebührenzahler um den Gegenwert eines halben Glases Bier im Monat ist Symbolpolitik, die an den tatsächlichen Problemen öffentlich-rechtlichen Rundfunks galant vorbei geht. Notwendig wäre vielmehr eine Evaluierung des Programmauftrags, der erreichten Qualität und der Mittel, die tatsächlich für das Programm aufgewendet werden. Bisherige Kostenanalysen haben fast ausschließlich das Einsparpotential im Bereich frei bewirtschaftbarer Programmmittel der Auftragsproduktion ausgelotet. Erforderlich sind aber Einschnitte in das Kerngehäuse der Medien-Großkonzerne ARD und ZDF. Erhöht werden muss die Attraktivität des Programms - und nicht der Aufwand zum Erhalt des Überbaus.
Neben hohen Verwaltungskosten fällt das Ungleichgewicht in den Mittelansätzen für journalistische Berichterstattung, Sport und für fiktionale bzw. dokumentarische Langformate auf. Die ARD hat nach vielen Jahren der Intransparenz vor kurzem einige wenige Zahlen vorgelegt. Aus ihnen geht hervor dass etwa für Sportsendungen mehr als fünf Mal so viel ausgegeben wird wie etwa für die führende ARD-Fiction-Reihe "Tatort". Solide ausfinanziert sind die journalistischen Eigenproduktionen. Dagegen hat die Auftragsproduktion (Serien, fiktionale TV- und Dokumentarfilme) seit Jahren mit Kürzungen zu kämpfen. Sie ist zum 'Spar-Schwein' der Anstalten geworden. Ähnliches gilt für das materiell ohnehin geringe Engagement bei Kino-Co-Produktionen, wo der Beitrag insb. des ZDF seit Jahren sinkt.
So sind die Drehtage für z.B. einen "Tatort" oder einen ähnlichen TV-Film in den letzten 10 Jahren um etwa 25 Prozent gesunken. 2004 betrugen die durchschnittlichen Herstellungskosten für einen "Tatort" ca. 1,43 Mio. EUR, 2013 waren es nur noch 1,27 Mio. EUR. Geht man von einer Inflationsrate von 20 Prozent im gleichen Zeitraum aus, hat sich der reale Produktionswert um ein Drittel ermäßigt, und dies bei erhöhter Werk- und damit Programmqualität. Die deutsche Fernsehfiction galt lange als führend in Europa. Allerdings wird dieser gute Ruf durch weitere Kürzungsauflagen gefährdet, zumal die Ansprüche der Zuschauer steigen. Nicht weniger, sondern mehr Entwicklungs- und Produktionsmittel müssten investiert werden, um den Anschluss etwa an nordische oder US-Serien nicht zu verlieren.
Das Gegenteil ist aber der Fall. Seit Jahren stagnieren die Honorare der programmprägenden Autoren und Regisseure. Während der Lohnindex des Statistischen Bundesamtes für 1998 - 2013 um 37 Prozent und auch die Rundfunkgebühren in diesem Zeitraum um ca. 27 Prozent gestiegen sind, blieben die Honorare für Autoren und Regisseure in etwa konstant. Wenn sie im Einzelfall leicht steigen, dann haben die juristisch stets klugen Anstalten zur Kompensation erweiterte Nutzungsmöglichkeiten durchgesetzt.
Buyout-Verträge mit Einmalvergütung greifen um sich. Viele ausgestrahlte TV-Filme sind mittlerweile frei von Rechtekosten. Für die von der Rundfunkpolitik verordnete online-Expansion oder für Ausstrahlungen in digitalen Spartenkanälen gibt es gegenüber der KEF meist nicht einmal Mittelanmeldungen. Die eingesparten Wiederholungshonorare bringen hingegen die Künstler in Existenznöte, etwa in der für sie ohnehin schwierigen Altersvorsorge, zu der Folgevergütungen früher erheblich beisteuerten.
Vor diesem Hintergrund fataler Arbeits- und Honorarbedingungen in der Auftragsproduktion erscheint es dringend geboten, einen Teil der Mehreinnahmen aus der Haushaltsabgabe den Anstalten mit der zweckgebundenen Auflage zu belassen, Investitionen in das Programm und die kreativ-künstlerische Produktion vorzunehmen. Bereits 2008 schrieben die Länder den Anstalten ins Gesetz, "Produzenten und Urhebern endlich ausgewogene Vertragsbedingungen und eine faire Aufteilung der Verwertungsrechte zu gewähren". Diese bisher nicht umgesetzte Protokollnotiz darf nicht länger nur Fußnote des Rundfunkstaatsvertrags bleiben.
Mehr als 1.000 in den Verbänden organisierte Drehbuchautoren und Regisseure appellieren deshalb an die Ministerpräsidenten und die Rundfunkkommission der Länder:
Belassen Sie den Anstalten einen Teil der Mehreinnahmen aus der Haushaltsangebe zweckgebunden zur Investition in qualitätsvolle Programme und in die kreativ-künstlerische Infrastruktur.
Prüfen Sie bitte genauer, wo und in welchen Etatbereichen die Anstalten Kürzungsauflagen realisieren und wo nicht. Unterbinden Sie strukturelle Fehlentwicklungen in einzelnen Sektoren, etwa bei der die fiktionale und dokumentarische Auftragsproduktion, die nahe dran ist, 'kaputt gespart' zu werden.
Sorgen Sie für ein Ende des ruinösen Dumpingwettbewerbs in der Auftragsproduktion, indem Sie die Anstalten verpflichten, Produzenten und Urhebern faire terms of trades einzuräumen und redliche Vergütungen zu entrichten. Das muss auch für die Ausspielungen in online-Medien und digitalen Spartenkanälen gelten.
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