Ausgezeichneter Nachwuchs in der Metall- und Elektroindustrie: Acht Teams im Innovationswettbewerb "M+Eine Zukunft" fürs Finale nominiert / Digitalisierung ist in der Ausbildung angekommen.
(Frankfurt am Main) - Bereits zum neunten Mal hat der Arbeitgeberverband der hessischen Metall- und Elektro-Industrie HESSENMETALL den Nachwuchs seiner Mitgliedsunternehmen zum Innovationswettbewerb "M+Eine Zukunft" aufgerufen. 75 Jugendliche, Azubis und dual Studierende aus 20 Mitgliedsunternehmen haben kreative Ideen eingereicht, die einerseits helfen, neue Auszubildende zu gewinnen, Arbeitsabläufe zu optimieren, die Arbeitssicherheit zu verbessern und andererseits neu entwickelte Produkte oder Dienstleistungen vorstellen. Acht von 25 Teams beschäftigten sich in ihren Wettbewerbsbeiträgen mit der Digitalisierung unserer Industrie. Dieser Zukunftstrend ist also schon tief in die Ausbildung vorgedrungen. Im Kinopolis (Sulzbach im Taunus) wählte die Jury gestern aus jeder der vier Kategorien zwei Projektteams mit besonders innovativen Ansätzen aus, die am 22. Februar 2017 im Haus der Wirtschaft Hessen (Frankfurt) ins Finale gehen werden:
In der Kategorie "Administration und Personalmanagement" qualifizierte sich für das Finale das Team der Continental Automotive GmbH aus Karben, bestehend aus den Auszubildenden Carlos Muñoz Gonzalez, Sascha Kreiner, Patrick Güney, Alexander Wohlrab und ihrem Ausbilder Hermann Diehl. Weil zur Industrie 4.0 eine Ausbildung 4.0. gehört, definiert das Team mit ihrem Projekt "SidA" auch das Smartphone als Arbeitsgerät in der Ausbildung. Auf einer eigens programmierten App finden Azubis ausbildungsrelevante Inhalte, Stundenpläne, Datenblätter zu Maschinen und vieles mehr. Zusätzlich enthält die App eine Bluetooth-Steuerung, mit der sich zum Beispiel Lichtschalter und Leinwände steuern lassen. Zukünftig können über sogenannte BLE-Beacons Maschinen in die App eingepflegt werden, um zum Beispiel Wartungsintervalle abzurufen oder sicher zu stellen, dass eine Maschine sich nur starten lässt, wenn der Azubi eine Freigabe besitzt.
Die Jury überzeugte die Verbindung von klassischen Ausbildungsinhalten mit modernen Ausbildungsinstrumenten: "Eine App trifft den Zeitgeist, ist damit innovativ und zielgruppenorientiert. Damit wird der Einstieg in die digitale Ausbildung erfolgreich ermöglicht."
Ebenfalls in die Endrunde schaffte es das Team der Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG aus Stadtallendorf an der Eder. Bei ihrem Projekt "Ohne Ernst sicher kein SpASs" geht es den Auszubildenden Andreas Scholz, Sebastian Paech, Niclas Faust und ihrem Ausbilder Vincent Schmerberg um die attraktive Vermittlung von Wissen bei dem wichtigen Thema "Sicherheit am Arbeitsplatz". Modern, ansprechend, unterhaltsam und von hoher Qualität soll die Erstunterweisung mit vielen optischen Effekten und passenden Kommentaren gestaltet sein. Dazu entwickelten die angehenden Mechatroniker einen Film, der mit klaren Bildern statt vieler Worte neue Mitarbeiter für Gefährdungen sensibilisiert und über Präventionsmaßnahmen informiert - speziell abgestimmt auf die Bedingungen bei Fritz Winter.
Die Jury zeigte sich begeistert: "Im Gegensatz zu klassischen Schulungsfilmen zur Arbeitssicherheit gehen die Azubis von Fritz Winter einen anderen Weg: Sie verbinden notwendige Sicherheitsinformationen mit unterhaltsamen Sequenzen. So wird die Aufmerksamkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für dieses ernsthafte Thema besser gewährleistet und das Gesehene bleibt länger in Erinnerung."
In der Kategorie "Produktionsablauf und Logistik" schaffte es das Team von der Dr.-Ing. Ulrich Esterer GmbH & Co. KG aus Helsa mit dem Projekt Auszubildendenfertigung. Als Hersteller von Tankfahrzeugen setzt Esterer auf höchste Präzision. Die Fahrzeuge werden individuell nach Kundenwunsch konzipiert und gefertigt. Pro Fahrzeug sind 50 bis 115 Kleinteile nötig. Diese werden von Zulieferern bereitgestellt. Aufgrund von Unzufriedenheit bei der Maßgenauigkeit und fehlender Liefertreue wollte das Auszubildenden-Team mit Johanna Sauer, Burak-Can Günesgör, Christoph Faber, Dennis Faber sowie Ausbilder Alexander Lehmann die Produktion dieser Teile ins Unternehmen integrieren. Das Team entwickelte ein Konzept, das inzwischen sogar in einer neu eingerichteten Werkstatt, der sogenannten "Auszubildendenfertigung", umgesetzt wird. Die Fertigung der Teile im Betrieb selbst spart Zeit und Kosten. Von der Eigenfertigung profitieren zudem die Auszubildenden: Die nötigen Ausbildungskenntnisse werden im zweiten bis vierten Lehrjahr vermittelt und durch diese Auszubildenden dann an die Kollegen des ersten Ausbildungsjahres weitergegeben. Besonders stolz sind die Jugendlichen darauf, dass durch ihr Projekt das Endprodukt noch mehr zum "Esterer Original" wird.
Die Jury zeigte sich vom ganzheitlichen unternehmerischen Ansatz beeindruckt. Zusätzliche Kleinteile-Produktion wurde ohne Transaktionskosten ins Unternehmen eingegliedert. Dies ist ein exzellenter Beitrag, der mit Kosten- und Zeiteinsparung die betriebliche Flexibilität erhöht. Mit der Gründung der Auszubildendenfertigung wird moderne und zukunftsweisende Ausbildung gelebte Realität. Sie verknüpft theoretische und praktische Inhalte mit unternehmerischem Denken und Eigenverantwortung, kommentierte die Jury.
Ebenfalls in die Endrunde schaffte es das Team der horizont group gmbh aus Korbach mit dem Projekt "Mensch-Roboter - Kollaboration in der Endmontage". Die Auszubildenden Steffen Schüttler, Christian Haferkorn, Simon Schulz und Ausbilder Guido Kersting wollen die Fertigung der Agrartechnik, speziell die Produktion von Weidezaungeräten, ergonomischer und wirtschaftlicher gestalten. Bei einer Kollaboration arbeiten Mensch und Roboter Hand in Hand: Der Mensch steuert und überwacht die Produktion und der Roboter übernimmt die körperlich anstrengenden Arbeiten - in diesem Fall das Einschäumen von Dichtungen in die Gehäuse der Weidezaungeräte.
Die Jury zeigte sich von der erfolgreichen Kombination aus Robotik und Arbeitskraft, die zu optimalen Ergebnissen in der Produktion von Weidezaungeräten führt, begeistert: "Neben der Verbesserung der Ergonomie für die Beschäftigten, einer Steigerung der Produktivität sowie einer gleichbleibenden Produktqualität können die Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse wirtschaftlicher im Unternehmen eingesetzt werden, während der Roboter die einfachen Tätigkeiten verrichtet. Dies führt nicht zu Arbeitsplatzabbau, sondern zu Job-Enrichment."
In der Kategorie "Einzelne Produkte und Dienstleistungen" zieht das Team der Hörmann Automotive Gustavsburg GmbH ins Finale ein. Während eines Erste-Hilfe-Einsatzes fiel den Azubis Niklas Funck, Dennis Arlt, Jannik Dornbusch und ihrem Ausbilder Rolf Hamm auf, dass sich das notwendige Equipment im Büro des Meisters befindet. Ein Problem, da die Büros manchmal abgeschlossen sind und nicht zentral in den großen Werkshallen liegen. In Abstimmung mit Betriebsfeuerwehr, Werksarzt, Rettungssanitätern, Sicherheitsfachkräften und Abteilungsleitern entwickelte und baute das Team Rettungsinseln im Zentrum jeder Halle, standardisierte die Ausstattung einerseits und stimmte sie anderseits auf die speziellen Anforderungen der jeweiligen Halle ab.
"Eigene schmerzliche Erfahrungen gaben den Ausschlag das bestehende Notfallsystem im Unternehmen zu überdenken und maßgeblich zu verbessern. Die optimierte Notfallversorgung und kürzere Rettungswege waren daher das Anliegen des Teams. Die flächendeckende Einrichtung von Rettungsinseln, die schnell erreichbar und standortbezogen ausgestattet sind, wurden durch die Azubis erfolgreich umgesetzt", begründete die Jury den Einzug ins Finale.
Ebenfalls qualifiziert für das Finale ist das Team der Continental Automotive GmbH aus Bebra. Die Azubis Daniel Mertens, Yannik Günther, Simon Stobbe, Stefan Löwen und ihr Ausbilder Reiner Hilmes haben in ihrem Projekt das "Schwarze Brett" modifiziert und durch ein elektronisches ersetzt. Relevante Informationen (z. B. Termine, Gesetze, Vorgaben) können nun übersichtlich dargestellt werden und allen Azubis handlungsorientiertes Lernen ermöglichen. Das Team entwarf zunächst ein geeignetes Gestell für Touchscreen und Rechner, die zusammen das digitale Schwarze Brett bilden. Die Vielzahl der Informationen wurde gesammelt und strukturiert, um sie über ein Menü schnell abrufen zu können. Außerdem ist es kompakter als das bisherige - die Azubis haben nun mehr Platz in der Werkstatt. Inzwischen wurde das Produkt anderen Standorten und Unternehmen zum Kauf angeboten.
Die Idee das herkömmliche Schwarze Brett durch ein Digitales Board abzulösen, überzeugte die Jury sofort: "Durch die innovative Struktur der Nutzeroberfläche können alle verfügbaren Informationen übersichtlich abgerufen werden. Die Inhalte können schnell angepasst werden. Das Board bietet außerdem weitere Einsatzmöglichkeiten über die Ausbildungsabteilung des Unternehmens hinaus."
In der Kategorie "Dual Studierende" schaffte es das Team der Pfeiffer Vacuum AG ins Finale. Dass Turbopumpen im Zeitalter von Industrie 4.0 ausschließlich und nur direkt am Gerät bedient werden können, fand das Team nicht mehr zeitgemäß. Mit geringen Mitteln und der Hilfe einiger Kollegen aus der IT-Abteilung sowie technischer Schulung realisierten die Dual Studierenden Tim Reeh, Moritz Meister, Moritz Boller, Lukas Engel sowie Betreuer Bertram Weil innerhalb von drei Monaten eine, zwar auf die Grundfunktionen beschränkte, aber dennoch sehr hilfreiche Steuerung der Turbopumpe per Smartphone. Die Turbomolekularpumpe zur schnellen Erzeugung eines Hochvakuums ist eine eigene Erfindung des Unternehmens und mit das populärste Produkt.
Die Jury überzeugte die drahtlose Steuerung und Überwachung von Prozessabläufen in der Vakuumfertigung. Da z. B. bei Fehlern in der Beschichtung sehr schnell große Beträge zusammenkommen, ist die frühzeitige Fehlererkennung durch intelligente Software und mobile Kommunikation die Lösung für hocheffiziente Prozesse mit den Standardgeräten bei Pfeiffer Vacuum. Ebenfalls beeindruckte das Team durch die sehr methodische Vorgehensweise: zuerst einen funktionsfähigen Prototypen, danach einen verkaufsfähigen Prototypen und in der Endphase digitale Kundenvernetzungen zu schaffen.
Ins Finale ein zieht ebenfalls die Schenck Process Europe GmbH aus Darmstadt mit dem Projekt "Schenck Process becomes smart and sexy". Jan Krall, angehender Mechatronik-Ingenieur (Duales Studium) hat das "future lab" bei Schenck Process gegründet. Begleitet wurde er von seiner Betreuerin Angela Metzger. Im future lab geht es darum, Kompetenzen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenzuführen, kreative Ideen zu entwickeln, konsequent weiterzudenken und die Ideen zügig in die Tat umzusetzen. Dabei steht der Kunde immer im Mittelpunkt. Das future lab ist aber noch mehr: Es ist eine Bewegung und der Beginn einer neuen zukunftsweisenden und modernen Kultur bei Schenck Process. Fehler zu machen ist dabei ausdrücklich erlaubt, der Mut ungewöhnliche Wege zu gehen und Neues auszuprobieren wird belohnt, ja sogar gefordert. Denn es geht immer darum, neuen Nutzen für den Kunden zu erzeugen. Viele sprechen von Industrie 4.0 und Digitalisierung, bei Schenck Process wird es mit dem future lab und der smart & sexy Denkweise ganz konkret.
Die Jury war in besonderer Weise überzeugt davon, dass mit der Einrichtung eines future lab traditionelle Strukturen eines Maschinenbauers aufgebrochen werden und eine neue smarte Denke Einzug ins Unternehmen hält. Die hochmoderne Einrichtung des future lab wurde in überzeugender Art durch die unkonventionelle Präsentation zum Ausdruck gebracht. Im Rahmen dieser neuen Denke gelang es kurzfristig, eine App zu entwickeln, die auf simple Weise die Kontrolle einer Maschine beim Kunden erlaubt.
Nachwuchs mit anspruchsvollen Ideen
Die Innovationsvorschläge der Jugendlichen werden ihren Unternehmen vielfältige Vorteile verschaffen, aber auch die Jugendlichen selbst haben profitiert: Die Arbeit in den fachübergreifenden Teams wurde von vielen Teilnehmern als wertvolle Erfahrung eingeschätzt. "Mit einem solchen Nachwuchs und derart professionell ausbildenden Unternehmen ist das 'Herz der Wirtschaft' bestens für die Zukunft gerüstet", zog Jurymitglied Dr. Ulrich Kirsch, Geschäftsführer Kommunikation von Hessenmetall, ein positives Fazit.
Jurymitglied Dr. Dirk Hohn, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Mittelhessen, stellte fest, dass die Jugendlichen sehr passgenaue Verbesserungsvorschläge für das eigene Unternehmen entwickelten. In diesem Jahr besonders auffällig, der Einsatz von kollaborativen Robotern und die Vernetzung von Systemen.
Jurymitglied Friedrich Avenarius, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Rhein-Main-Taunus, beeindruckten die vielfältigen Vorschläge, Nachwuchsgewinnung einerseits zu optimieren und Beschäftigte im Unternehmen zu halten.
Jurymitglied Dirk Widuch, Leiter der Rechtsabteilung der Bezirksgruppe Darmstadt und Südhessen, zeigte sich beeindruckt, wie strukturiert und überzeugend die Jugendlichen ihre Lösungen präsentierten und dass sie Ihren Unternehmen sogar neue Produkte entwickelten.
Jurymitglied Jürgen Kümpel, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Nordhessen, stellte fest, dass die Optimierungsvorschläge der Auszubildenden und Studierenden erkennen lassen, dass sie bereits erstaunlich präzise Kenntnisse über ihre Unternehmen haben und sehr motiviert sind, zum unternehmerischen Erfolg beizutragen.
Quelle und Kontaktadresse:
HESSENMETALL Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V.
Dr. Ulrich Kirsch, Leitung, Presse und Kommunikation
Emil-von-Behring-Str. 4, 60439 Frankfurt am Main
Telefon: (069) 95808-0, Fax: (069) 95808-126
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