Pressemitteilung | Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG)

Ausgezeichneter Nachwuchs / DFG benennt Heinz Maier-Leibnitz-Preisträger 2006

(Bonn) - Sechs junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich über die Auszeichnung mit dem Heinz Maier-Leibnitz-Preis und je 16 000 Euro Preisgeld freuen. Die Preisträger im Jahr 2006 überzeugten das Auswahlgremium durch herausragende Leistungen in den Neurowissenschaften, der Theoretischen Physik, der Klassischen Philologie, der Neuroonkologie, der Polymerchemie und der Biophysik. Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten Heinz Maier-Leibnitz-Preis unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Nachwuchsforscherinnen und -forscher in ihrer wissenschaftlichen Weiterentwicklung. Der Preis ist nach dem im Jahr 2000 verstorbenen ehemaligen DFG-Präsidenten und Atomphysiker Heinz Maier-Leibnitz benannt. Der Heinz Maier-Leibnitz-Preis wird am 13. Juni 2006 im Max-Liebermann-Haus in Berlin verliehen.

Die Preisträger im Einzelnen:

Laure Bally-Cuif (38), Neurowissenschaften, GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, München

Die Neurowissenschaftlerin Laure Bally-Cuif untersucht, welche Mechanismen und Faktoren die Entwicklung der Nervenzellen und des Nervensystems sowie die Funktion des Gehirns von Wirbeltieren steuern. Sie konzentriert sich dabei auf die Mittel- und Hinterhirnregion von Zebrafischen. Dort liegen Zentren, die das soziale Verhalten entscheidend beeinflussen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Funktion und Regulation („An- und Abschaltung“) bestimmter Gene in der Entwicklung dieser Hirnregionen. Um der Komplexität des Gehirns gerecht zu werden, betrachtet sie in einem integrierten Ansatz die verschiedenen Steuerungsprozesse in ihrem Zusammenspiel. Außerdem interessiert sie sich für bestimmte molekulare Aspekte der Drogenabhängigkeit.

Holger Gies (33), Theoretische Physik, Institut für Theoretische Physik, Universität Heidelberg

Holger Gies arbeitet im Bereich der Quantenfeldtheorie. Er behandelt die Probleme dieser Wissenschaft, die sich mit den kleinsten, diskreten Einheiten einer physikalischen Größe befasst, analytisch wie numerisch. Insbesondere beschäftigt er sich mit dem Bereich der Starken Wechselwirkung bei niedrigen Energien. Um diese Effekte zu beschreiben, nutzt Gies so genannte Renormierungsflüsse. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit – unter anderem in einer von der DFG geförderten Emmy Noether-Nachwuchsgruppe – sind die Eigenschaften des Quantenvakuums. Das Quantenvakuum beschreibt den Zustand der niedrigsten Energie in der Quantenphysik. Gies’ Fortschritte auf diesem Gebiet sind für Fragen der Astrophysik kompakter Sterne, der Teilchenphysik mit starken elektromagnetischen Feldern und der Quantenvakuumeffekte in Mikro- und Nanomechanik relevant. Einen besonderen Erfolg hatte Gies mit Arbeiten zu Quantenvakua, in denen er erstmals die Casimir-Kraft in Nanostrukturen berechnen konnte.

Jonas Grethlein (27), Klassische Philologie, Seminar für Klassische Philologie, Universität Freiburg

Der Gräzist und Althistoriker Jonas Grethlein beleuchtet alte Texte in neuem Licht. In seiner Dissertation betrachtete er „Asyl und Athen. Die Konstruktion kollektiver Identität in der griechischen Tragödie“ und widmete sich in der Habilitation der Thematik „Geschichte, Geschichtlichkeit und Erzählung in der Ilias“. Dabei nähert er sich ganz klassisch mit akribischer philologischer Textarbeit den Werken, um dann durch die Anwendung moderner Methoden und Konzepte eine neue Sicht auf das homerische Epos zu eröffnen. In einer von der DFG geförderten Emmy Noether-Nachwuchsgruppe wendet er sich „Geschichtsbildern in der griechischen Literatur der Archaik und Klassik“ zu. In dem Projekt geht es Grethlein sowohl darum, die kulturgeschichtlich relevanten gemeinsamen Voraussetzungen für die Vorstellungen zu verstehen, mit denen die Griechen der Geschichte begegneten, als auch einen literaturgeschichtlichen Vergleich der Textgattungen zu ziehen.

Ana Martin-Villalba (34), Neuroonkologie, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

Die Medizinerin Ana Martin-Villalba untersucht die Rolle des CD95-Signalsystems für physiologische und pathophysiologische Prozesse im Nervensystem. Der CD95-Signalweg steuert den programmierten Zelltod von Nervenzellen. Hier hat Martin-Villalaba herausgefunden, dass eine Blockade dieses Signalwegs, beispielsweise nach Rückenmarksverletzungen oder Schlaganfällen, die Folgeschäden reduziert und die Heilung fördert. Diese Erkenntnisse sind für mögliche Behandlungsmethoden von großer Wichtigkeit; bei Rückenmarksverletzungen von Mäusen konnte beispielsweise eine bleibende Querschnittslähmung verhindert werden. Die Medizinerin hat zudem die Bedeutung dieses Signalwegs für das sich entwickelnde Nervensystem untersucht und eine regelnde Funktion für die Bildung von Nervenzellen und Nervenfasern gefunden. Neueste Erkenntnisse Martin-Villalbas zeigen, dass der CD95-Signalweg in bösartigen Hirntumoren, Gliomen, die Zellwanderung und damit das Tumorwachstum beeinflusst.

Bernd Smarsly (34), Polymerchemie, Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam

Dem Materialwissenschaftler Bernd Smarsly geht es um Ordnung. Und zwar in dünnen Schichten. Denn dünnste Schichten von Materialien mit verschiedensten Eigenschaften – in seinem Fall geordnete, mesoporöse Materialien wie Titandioxid, Hafniumdioxid, Aluminiumoxid, aber auch Verbindungen wie ferroelektrische Perowskiten – können große Wirkung haben, sei es in technischen Verfahren, wie Adsorption- und Trennverfahren, der Katalyse neuartiger Stoffe und durch bisher nicht realisierbare optische und elektronische Effekte. . Anwendungen dieser Forschungen können neue Solarzellen und Sensoren sein. Smarsly bringt in seine Arbeit Erfahrungen aus der Chemie, der Physik und der Mathematik ein und optimiert die Synthese der von ihm erforschten Stoffe ebenso erfolgreich wie die dazugehörigen analytischen Verfahren, mit denen er auch fehlgeordnete und partiell ungeordnete anorganische Materialien untersucht.

Fabian Theis (29), Biophysik/Mathematik/Informatik, Naturwissenschaftliche Fakultät III, Universität Regensburg

Der in Mathematik und Computer Sciences promovierte Fabian Theis arbeitet in der statistischen Datenanalyse und Signalverarbeitung. Dabei bringt er Mathematik, Informatik, Physik und Neurowissenschaften zusammen. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Blind Source Separation (BSS), zu deutsch „Blinde Datenseparation“. BSS steht für den Versuch, aus sich überlagernden Signalen die dahinter liegenden verschiedenen, unabhängigen Quellen auszumachen. Theis hat zu diesem Zweck neue und effiziente Algorithmen entwickelt, wendet sich aber auch möglichen Anwendungen wie der digitalen Sprachanalyse und -verarbeitung, den Untersuchungen von Finanzmarktentwicklungen bis hin zur Datenanalyse in der Biomedizin zu. Gerade Fragestellungen wie die biomedizinische Datenanalyse und die Modellierung neurowissenschaftlicher Probleme bearbeitet Theis interdisziplinär und entwickelt dabei neue Theorien und Algorithmen. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit von Theis sind selbstlernende Maschinen und neuronale Netzwerke in der Signal- und Bildverarbeitung. Dabei sind es wieder Algorithmen, die es der Maschine ermöglichen, ihre Struktur, Programme oder Daten zu optimieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Pressestelle Kennedyallee 40, 53175 Bonn Telefon: (0228) 885-1, Telefax: (0228) 885-2777

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