Pressemitteilung |

Auftragsstudie von Ecclesia und DKG zum Arzthaftungsrecht

(Berlin) – Patienten in Deutschland haben im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weitgehende Rechte bei Medizinhaftungsfällen. Dies ist ein Ergebnis einer rechtsvergleichenden Studie zum Arzthaftungsrecht in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Die Bestandsaufnahme wurde von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Ecclesia Versicherungsdienst GmbH aufgrund der vielfach gestellten Forderung nach Stärkung der Patientenrechte in Deutschland veranlasst.

Die Auftraggeber der Studie legten Wert auf ein internationales Gutachtergremium und damit auf einen Blick „über den Tellerrand“. Mit der Durchführung wurden das Europäische Zentrum für Schadensersatz- und Versicherungsrecht in Wien und das Institut für internationale Rechtsvergleichung der Universität Maastricht beauftragt. Anhand sechs konkreter in Deutschland entschiedener Arzthaftungsfälle stellen die Gutachter die unterschiedliche Bewertung in ausgewählten Ländern (Schweden, Großbritannien, Österreich, Schweiz, Frankreich, Portugal, Belgien und Niederlande) dar. Die Koordination des Projekts lag bei Professor Michael G. Faure (Maastricht) und Professor Helmut Koziol (Wien).

Die Gutachter kamen bei dem Vergleich der verschiedenen Rechtsordnungen zu dem Schluss, dass Patienten in Deutschland beste Ausgangsbedingungen bei der Durchsetzung ihrer Rechte haben. Die deutschen Entscheidungen zeigen, dass die Gerichte Patienten entgegenkommen, indem sie in bestimmten Einzelfällen die Beweislast umkehren, Tatsachenvermutungen akzeptieren und den Nachweis der Kausalität erleichtern. Außerdem nimmt Deutschland auch bei der Höhe des Schmerzensgeldes und der Rückgriffsansprüche der Sozialversicherungsträger einen Spitzenplatz ein. Das deutsche Rechtssystem kann somit dank des ausgewogenen Verhältnisses zwischen Rechten und Pflichten dem Interesse der Patienten weitestgehend entsprechen

Dieses Ergebnis steht der Entschließung „Gewährleistung und Weiterentwicklung der Qualität im Gesundheitswesen“ der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren (GMK) vom November 1996 entgegen. Hier vertritt die GMK die Auffassung, dass die Gewährleistung des Patientenschutzes in Deutschland erhebliche Defizite aufweise. Die Rechtsstellung von Patienten gegenüber den Leistungserbringern sei unzureichend und selbst bei offensichtlichen Behandlungsfehlern sei es für den Patienten oft schwer, zu seinem Recht zu kommen und seine Forderungen durchzusetzen.

Der Sinn der Forderungen von Patientenvertretern, vom heutigen deutschen Rechtssystem Abstand zu nehmen und die Beweislast grundsätzlich zu Lasten des Arztes umzukehren und sich damit dem skandinavischen Modell einer Patientenversicherung anzunähern, werden als höchst zweifelhaft eingestuft. Auch nach dieser Systematik kann jemandem, der Gesundheitsschäden geltend macht, nicht allein deshalb Ersatz zugesprochen werden, weil er sich in ärztlicher Behandlung befand. Einen Erfahrungssatz, nach der vom behandelnden Arzt eine Gefahr ausgeht, gibt es nicht. Dem Patienten könne durch eine Patientenversicherung nicht das allgemeine Lebensrisiko einer Gesundheitsverschlechterung und auch nicht das Risiko von unvermeidlichen negativen Nebenwirkungen der Behandlung oder eigener Sorglosigkeit abgenommen werden.

In der ökonomischen Analyse wird in der Studie herausgearbeitet, dass das Haftungssystem bei entsprechender Ausgestaltung einen wesentlichen Anreiz bieten kann, Schäden zu vermeiden. Dem Haftungssystem kommt somit entscheidende Präventivwirkung zu. Rechtsvorschriften sollen den Arzt oder das Krankenhaus motivieren, in die Erhaltung eines hohen Sorgfaltsmaßstabes zu investieren, um Schäden zu verhindern. Deshalb übt der Gedanke, dass der potentielle Schädiger dem Patienten ersatzpflichtig wird, einen bestimmten präventiven Effekt aus.
Weiterhin kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Ausdehnung der Medizinhaftung finanzielle Auswirkungen mit der Folge höherer Kosten hat. Dies führe dies zu einer Verteuerung des Sozialversicherungssystems und damit zu einer Übertragung auf alle Steuerzahler und Beitragszahler. Eine weitere Folge ist die Einschränkung des finanziellen Handlungsspielraums der Krankenhäuser, die sich negativ auf die medizinische Versorgung der Patienten auswirken kann, so die Berichterstatter.

Die Gutachter sprechen sich für eine behutsame Weiterentwicklung des geltenden Haftungssystems in Deutschland aus und befürworten eines soziale Absicherung in Härtefallen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. Tersteegenstr. 9 40474 Düsseldorf Telefon: 0211/454730 Telefax: 0211/4547361

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