Auftragseingänge im Wohnungsbau gehen weiter zurück: "Weckruf an die Politik"
(Berlin) - Die heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Auftragseingänge im Wohnungsbau kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe:
"Leider ist keine Trendwende bei der Nachfrage im Wohnungsbau erkennbar. Wir haben zum Vorjahr einen Rückgang bei den Baugenehmigungen für Wohngebäude von 41.155 Wohneinheiten zu verzeichnen, ein Rückgang um mehr als 30 Prozent. Bei den Auftragseingängen im Wohnungsbau beträgt der Rückgang ebenfalls ein Drittel (minus 32 Prozent). Die Rückmeldungen aus den Unternehmen lassen eine Fortsetzung dieses Negativtrends in den kommenden Monaten erwarten.
Hohe Bauzinsen, anhaltende Inflation und sinkende Förderbudgets verengen den finanziellen Handlungsspielraum potentieller Bauherren und Investoren. Noch zehren wir von den Auftragsbeständen der Vorjahre. Ein Drittel der Unternehmen berichtet aber im Wohnungsbau schon jetzt über Auftragsmangel. Da wächst ein enormer Druck, den Beschäftigungsstand zu halten. Hier allein auf das Prinzip Hoffnung zu setzen, bedeutet, sehenden Auges sich vom Wohnungsbauziel von 400.000 WE zu verabschieden.
Das wirkt sich bereits jetzt auf die Ausbildungszahlen aus. Im ersten Halbjahr 2023 wurden 13.172 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das sind 8,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Nach sechs Jahren in Folge, in denen die Unternehmen ihre Ausbildungszahlen steigern konnten, sehen wir seit über einem halben Jahr einen Rückgang bei den Neueinstellungen. Das liegt vor allem an der negativen Auftragsentwicklung im Hochbausektor.
In dieser Situation setzen die Unternehmen alles daran, ihr Personal zu halten. Das zeigt sich auch an der Bruttolohnsumme, die im ersten Quartal 2023 mit lediglich minus 1 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf einem weiterhin hohen Niveau liegt. Aber Neueinstellungen sind in der aktuellen Situation sehr schwierig.
Diese Entwicklung ist ein Weckruf an die Politik. Ein positives Signal an Häuslebauer, Investoren und die Bauwirtschaft ist jetzt so wichtig wie lange nicht mehr: beispielsweise eine höhere Darlehensgewährung und höhere Zinsstütze durch die KfW-Bank, ein reduzierter Mehrwertsteuersatz oder die Möglichkeit schaffen, dass die Länder die Grunderwerbssteuer bis auf Null reduzieren können. Aber auch die energetisch ambitionierten Anforderungen und die entsprechende Förderung müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, sonst fehlen uns morgen die Fachkräfte für die anstehenden Bauaufgaben. Bund und Länder stehen eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Es muss was geschehen für den Wohnungsbau.
Kumuliert liegen die Order in der Bauwirtschaft insgesamt nominal um 3,7Prozent unter Vorjahresniveau, real um 15,2 Prozent. Einzig im gewerblichen Tiefbau sehen wir einen nachhaltigen Investitionsansatz in den letzten Monaten. Hier liegen die Order nominal um gut 18 Prozent über dem Vorjahresniveau. Die Investitionen der Bahn, aber auch der Ausbau der Energieinfrastruktur schlagen sich in diesem Bereich nieder. Der mit zwei Dritteln anteilig starke gewerbliche Hochbau kommt allerdings auf ein nominales Minus von ca. 7,3 Prozent. Weiterhin hohe Energie- und Rohstoffpreise und die Zinskosten bremsen auch Investitionen in Industriekapazitäten hierzulande.
Schließlich verharrt bei der Nachfrage der öffentliche Bau auf Vorjahresniveau, was real auch einem deutlichen Rückgang entspricht. Die Umsätze in den Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten im Bauhauptgewerbe liegen nach fünf Monaten bei 39 Mrd. Euro, nominal noch ein Plus von knapp 5 Prozent, real ein Rückgang um 7,3 Prozent. Wir sehen insgesamt zu wenig Investitionsimpulse für die Bauwirtschaft. Die Volkswirtschaft braucht aber Wachstumsimpulse aus dem Bau. Anders werden Wohnungsnot, Klima- und Mobilitätswende nicht zu beherrschen sein."
Quelle und Kontaktadresse:
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Ass. jur. Iris Rabe, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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