Auf Vettels Spuren - die Formula Student Germany 2012
(Hockenheim/Düsseldorf) - Man hört nur ein leises Surren - sssst - und schon schießt das Elektroauto an den Zuschauern vorbei. "Das geht schneller", meint ein Zuschauer und freut sich mit den anderen Gästen am Hockenheimring über den nächsten Start in der Disziplin "Beschleunigung". Formula Student Germany (FSG) 2012 geht bei strahlend blauem Himmel in die siebte Runde. 110 Teams aus 25 Ländern bevölkern die Rennstrecke, wo sonst Vettel, Alonso und Button um den Sieg fahren.
Dabei geht es bei den FSG nicht um das schnellste Auto, sondern um Konstruktion, Rennperfomance und Finanz- und Verkaufsplanung, denn die Formula Student ist ein internationaler Konstruktionswettbewerb für angehende Ingenieure. "Hier fahren keine Seifenkisten", betont Dr.-Ing. Ludwig Vollrath, ehemaliger Geschäftsführer der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik. "Ein solcher studentischer Bolide mit Elektroantrieb beschleunigt wie ein Formel 1-Fahrzeug." Der Beschleunigungs-Test ist aber nur einer von insgesamt fünf dynamischen Disziplinen. In "Acht-Fahren", "Autocross", "Langstreckentest" und "Energieeffizienz" müssen die Studenten-Teams ihren selbst konstruierten und gebauten einsitzigen Rennwagen einem Expertenteam aus Industrie und Motorsport vorführen. Hinzu kommen noch drei statischen Disziplinen bestehend aus "konstruktive Lösung", "kalkulierte Produktionskosten" und "Vorlage eines Business-Plans". Nicht zu vergessen ist die technische Abnahme, die jedes Team mit seinem Auto zuvor bestehen muss. Seit 2010 gibt es bei der FSG zwei Wettbewerbe: Die Formula Student Combustion (FSC) und die Formula Student Electric (FSE). Waren zuvor nur Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen, so können nun zum dritten Mal auch Teams mit einem Auto antreten, das einen elektrischen Antriebsstrang hat.
Dr. Vollrath engagiert sich ehrenamtlich im Vorstand der FSG, die unter der ideellen Trägerschaft des Vereins Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) steht. Gerne führt der enthusiastische Ingenieur auch die Fördergemeinschaft der Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt (SLV) Mannheim über den Boxenvorplatz, an der Rennstrecke und dem Pacours vorbei. Selbstverständlich besucht die Gruppe auch die Schweißwerkstatt der SLV in der ersten Box. Dort ist Ernst Bauer Organisator und Verantwortlicher der Werkstatt. Er wird unterstürzt von Schweißern aus dem Großkraftwerk Mannheim. Vor sieben Jahren hatte der VDI die SLV gefragt, ob sie nicht die Schweißtechnik aktiv bei dem Wettbewerb anbieten möchte. Seitdem können alle Teams ihre Rennwagen reparieren, erweitern und wichtige Teile erneuern. "Am ersten Tag ist immer der Wagenhebertag," grinst Bauer, der ansonsten Leiter Fachpraktische Ausbildung bei der SLV in Mannheim ist. Dann werden die langen Stangen, mit denen die Wagen von einem Ort zum anderen geschoben werden, schnell zusammengeschweißt, denn gefahren werden darf nur auf dem Pacours oder auf der Rennstrecke. Neben dem Angebot der Schweißwerkstatt für alle Teilnehmer, sponsert die SLV natürlich "ihr" Team aus Mannheim. Leider haben diese gerade einen Motorschaden, der nicht schnell genug repariert werden kann und so verpassen die Studenten um zwei Minuten den Beschleunigungs-Test.
Die Mitglieder der Fördergemeinschaft genießen die Formel 1-Atmosphäre und begeben sich weiter auf die Spuren von Sebastian Vettel, der zwei Wochen zuvor am Hockenheimring auf Platz 5 fuhr - die Umrisse seines Rennwagens sind noch auf dem Boden aufgezeichnet.
Ein rotes Elektroauto wird in die Schweißwerkstatt gerollt. Das Team LA-eRacing aus Landshut hat ein Problem mit der Elektrik. Zwei Mal sind sie schon bei der FSG dabei. Nach diesem Wettbewerb geht es im September weiter nach Italien zur Formula SAE Italy. So wie dieses Studenten-Team machen es viele andere auch: Die Semesterferien werden für die Teilnahme bei den insgesamt etwa acht Konstruktionswettbewerben genutzt. Das Team aus Zwickau beispielsweise ist seit 2007 bei den Formula Student Germany dabei, seit 2010 auch mit dem Elektroauto. Im Moment funktioniert alles, die Performance läuft gut. Vor zwei Wochen waren sie in England hinter dem Team aus Delft der zweitbeste Rennwagen. Vielleicht schaffen sie diesmal den 1. Platz? "Hello Kitty" ist als Glücksbringer am Armaturenbrett auf jeden Fall dabei.
Sechs Teams teilen sich jeweils eine Box. "Dort helfen sich die Teams untereinander, Hilfsbereitschaft wird groß geschrieben. Aber bei den Disziplinen sind sie alle Konkurrenten", meint Bauer und begutachtet das Werk einer jungen Schweißerin aus Kanada. Sie ist eine der internationalen Teilnehmer aus dem Fügetechnikkurs der Formula Student Academy. Dieser wird von der SLV Mannheim jedes Jahr im Frühjahr durchgeführt und findet ebenfalls in deren Werkstätten statt. Hier können die Teilnehmer von FSG kostenlos an zwei Tagen Erfahrungen im WIG-Schweißen sammeln. Die 36 Plätze sind jedes Mal innerhalb weniger Stunden ausgebucht.
Noch schneller ist der Ansturm auf die Anmeldungen zu FSG. "Nach etwa fünf Minuten sind alle Plätze im Internet vergeben", weiß Dipl.-Ing. Michael Schubert, stellvertretender SLV-Leiter und Leiter der Abteilung Aus- und Fortbildung. Dabei müssen die Teams 25 Fragen zu Formula Student Germany beantworten, damit sie bei der Verlosung um die freien Plätze dabei sein können. "Gute Teams brauchen für die Beantwortung der Fragen nur etwa 1,5 Minuten", meint Schubert, der von dem internationalen Konstruktionswettbewerb überzeugt ist. Er sieht dies als gute Möglichkeit, angehende schweißtechnische Ingenieure zu fördern und sie mit den vielen namenhaften Firmen, die als Sponsoren bei FSG auftreten, zusammenzubringen. Die Teilnahme bei Formula Student Germany lohnt sich also auch, wenn es nicht zum Sieg reicht. Denn am Hockenheimring geht es zum einen um gute Teamarbeit, zum anderen aber auch um Kontakte zu knüpfen und sich auszutauschen.
Im Übrigen machte bei den Wagen mit Verbrennungsmotor das Team der Universität Stuttgart und bei den Elektrofahrzeugen das Team der TU Delft in den acht Disziplinen das Rennen.
Alle Sieger und weitere Informationen rund um die FSG finden Sie auf der offiziellen Homepage unter http://www.formulastudent.de.
Quelle und Kontaktadresse:
DVS Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V.
Uta Tschakert, Leiterin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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