Audi, Mercedes und BMW manipulieren Spritverbrauchsangaben am dreistesten mit bis zu 50 Prozent Mehrverbrauch
(Radolfzell/Berlin) - Forschungsbericht des ICCT: Abweichungen zwischen offiziellen Verbrauchsangaben und Realverbrauch steigen auf durchschnittlich 38 Prozent - Das für die Kontrollen der Herstellerangaben zuständige Verkehrsministerium verweigert weiterhin Nachprüfungen - Autokäufer pro Fahrzeug mit Mehrkosten von durchschnittlich mehreren tausend Euro belastet - DUH plant Musterklagen gegen behördlich tolerierte Verbrauchertäuschung
Seit 2004 dokumentiert die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) jährlich, dass der Abstand zwischen offiziellem und realem Kraftstoffverbrauch bei Pkw-Neufahrzeugen immer größer wird. Der neueste Forschungsbericht des International Council on Clean Transportation (ICCT) bestätigt die Erkenntnisse des Umwelt- und Verbraucherschutzverbands. Nach den ICCT-Berechnungen lag der durchschnittliche Mehrverbrauch von neuen Fahrzeugmodellen in Europa 2013 bei 38 Prozent. 2001 waren es noch acht Prozent. Am stärksten weichen die Werte bei den drei deutschen Premiumherstellern Audi mit 50 Prozent beim A6, Mercedes mit 45 Prozent bei der neuen E-Klasse sowie BMW mit 40 Prozent beim 5er ab.
Nach Ansicht der DUH sind diese Abweichungen im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich die Zulassungsbehörden insbesondere in Deutschland auf die Herstellerangaben blind verlassen und - anders als beispielsweise in den USA - auf jegliche Überprüfung seitens der Behörden verzichten. Die DUH hat daher im Frühjahr eine Kampagne gegen die manipulierten Spritverbrauchsangaben der Autohersteller (www.spritfrust.de) mit dem Ziel gestartet, dass die Behörden in Deutschland den Kraftstoffverbrauch von Kundenfahrzeugen im realen Fahrbetrieb kontrollieren und bei festgestellten Abweichungen eine Korrektur der Herstellerwerte vornehmen. Ohne eine solche Feldüberwachung wird auch das in der EU ab 2017 vorgesehene neue Messverfahren für die Zulassung von Fahrzeugen, das Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure (WLTP), die hohen Abweichungen kaum verringern können. Die DUH wird mit bis zu fünf Musterklagen betroffener Autohalter zusätzlichen Druck auf die Bundesregierung ausüben.
"Millionen Autokäufer werden in Deutschland mit dem Segen der Bundesregierung von Jahr zu Jahr mehr getäuscht und um jeweils mehrere tausend Euro geschädigt. Obwohl es eine eindeutige Prüfvorschrift gibt, weigert sich das Bundesverkehrsministerium, diese anzuwenden. In den USA führen bereits Abweichungen von weniger als 5 Prozent zu Strafzahlungen und Korrekturen der Herstellerangaben. In Deutschland dagegen folgt selbst auf eine Abweichung von 50 Prozent keine Überprüfung. Die Folge: Audi, Mercedes und BMW sind mit ihren Spitzenmodellen die derzeitigen Europameister beim Täuschen ihrer Kunden über die tatsächlichen Spritverbräuche und die damit verbundenen Klimagasemissionen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die Daten des ICCT zeigen, dass sich die Diskrepanz zwischen Herstellerangaben und Realverbrauch insbesondere seit der Einführung der CO2-Grenzwertgesetzgebung der EU 2007 und der CO2-bezogenen Kraftfahrzeugsteuer in Deutschland 2009 deutlich erhöht hat. Mit jeder neuen Modellgeneration oder größeren Anpassungen (so genannter Facelift) eines Fahrzeugs tricksen die Hersteller mehr. Während dies schon früh an den Mehrverbräuchen bei Fahrzeugen von BMW zu beobachten war, täuschen nun auch die übrigen Hersteller und melden immer unrealistischere Spritverbrauchswerte. Sie verschaffen sich damit einen Wettbewerbsvorteil und erreichen ihre Klimavorgaben, ohne dass die tatsächlichen Verbräuche entsprechend verringert werden.
Seit Einführung der CO2-Grenzwerte für Neuwagen sind deren Verbrauchswerte auf dem Papier jährlich um vier Prozent gesunken. Nur die Hälfte dieser Minderung kommt laut ICCT auf der Straße an. Um die Klimaschutzziele der EU und Deutschlands erreichen zu können, müssen die Verbrauchsangaben realistisch sein.
Die enormen Mehrverbräuche sind aber nicht nur ein Problem für den Klimaschutz und den Geldbeutel von Verbrauchern, auch die Kfz-Steuereinnahmen sinken entsprechend durch die getrickst niedrigen Verbrauchsangaben. "Die Steuermindereinnahmen durch den Kraftstoffmehrverbrauch von Pkw zwischen Einführung der CO2-bezogenen Kfz-Steuer 2009 und dem Ende des Jahres 2013 betragen 860 Millionen Euro", sagt Urs Maier, Projektmanager Verkehr und Luftreinhaltung. Dieser Rechnung zugrunde gelegt sind die vom ICCT ausgewerteten Daten von www.spritmonitor.de sowie die Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes.
Die DUH hat im Rahmen ihrer Kampagne gegen Mehrverbrauch die Verbrauchsangaben von 646 Autofahrern in Deutschland erhalten. Der ermittelte, durchschnittliche Mehrverbrauch beträgt 30 Prozent. Derzeit laufen Auswahlgespräche bezüglich der geplanten Musterklagen. Informationen zur Kampagne finden sich auf www.spritfrust.de.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Umwelthilfe e.V.
Pressestelle
Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell
Telefon: (07732) 99950, Fax: (07732) 999577
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