Auch steigende Absolventenzahlen können Fachkräftemangel im Gesundheitswesen nicht beheben
(Berlin) - Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte und der Krankenpflegekräfte wächst bis zum Jahr 2035. Das ist das Ergebnis des Gutachtens "Personalbestand im Krankenhaus bis 2035" des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Demnach steigt die Zahl der Ärztinnen und Ärzte um rund 15.400 (8 Prozent), die der examinierten Pflegekräfte um 32.100 (7 Prozent) und die der examinierten Kinderkrankenpflegekräfte sogar um 20 Prozent oder 9.100. Entwarnung für den Fachkräftemangel bedeuten diese Zahlen aber nicht.
Zum einen fiele dieser Zuwachs geringer aus als der der vergangenen Jahre. Zwischen 2025 und 2030 wird die Zahl der altersbedingten Ausstiege sogar die der Berufseinstiege trotz der genannten Zuwächse und einschließlich der Zuwanderung übertreffen. Für die Zeit nach 2030 sieht die Studie leichte Verbesserungen und erwartet steigende Absolventenzahlen. Des Weiteren bliebe der hohe Anteil an Teilzeitbeschäftigung im Gesundheitswesen ein Problem. Setzte sich der Trend zu reduzierten Arbeitszeiten fort, könnte schon dieser Effekt die kleinen Steigerungen bei der Personalzahl wieder zunichtemachen.
"Selbst in optimistischen Szenarien werden wir den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen nicht mit immer mehr Personal ausgleichen können, weil es dieses Personal schlicht nicht geben wird. Einwanderung ist ebenfalls keine alleinige Lösung, da auch hier die Zahl nie ausreichen wird und gleichzeitig die typischen Herkunftsländer durch demografischen Wandel einen höheren Eigenbedarf haben werden. Deutschland hat pro Einwohner so viele Pflegekräfte wie wenige andere Länder auf der Welt, pro Krankenhausfall aber nur relativ wenige. Wer den Fachkräftemangel lösen will, muss neben mehr Digitalisierung und Flexibilisierung beim Personaleinsatz auch mehr ambulante Behandlungen an Krankenhäusern zulassen. Denn dank der harten und heute völlig unverständlichen Grenzen zwischen ambulant und stationär müssen noch viel zu viele Patientinnen und Patienten stationär mit entsprechend hohem Personalaufwand behandelt werden, die ambulant am Krankenhaus genauso gut versorgt wären.
Und wer den Fachkräftemangel lösen will, kommt an konsequenter Entbürokratisierung nicht vorbei. Mehrere Stunden sind Ärztinnen und Ärzte wie Pflegekräfte täglich mit Schreibarbeiten beschäftigt, darunter doppelte Dokumentation oder Dokumentation, die weder medizinisch noch pflegerisch einen Nutzen hat. Könnten wir diese völlig aus den Fugen geratene Bürokratielast nur halbieren, hätten wir die Arbeitskraft mehrerer zehntausend Fachkräfte allein in der Pflege mehr zur Verfügung und den Fachkräftemangel mit einem Schlag gelöst. Entbürokratisierung sei ein kostenloses Konjunkturprogramm für die Wirtschaft, hieß es einst. Für das Krankenhaus und den Fachkräftemangel gilt das genauso", erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG Dr. Gerald Gaß.
"Unsere Studie zeigt, dass sich das Fachkräftepotenzial bis 2035 insgesamt nicht schmälern muss. Wegen des steigenden Fachkräftebedarfs infolge der Demografie gibt es aber keinen Grund zur Entwarnung. Deswegen müssen Politik und Krankenhäuser die Attraktivität der ärztlichen und pflegerischen Berufe weiter stärken, um im Wettbewerb um Auszubildende und Berufseinsteiger zu bestehen und vorzeitige Berufsausstiege zu vermeiden", sagt Dr. Karl Blum, Vorstand des DKI.
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