Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Asienkrise: Fünf Jahre danach - Reformen können Kapitalabfluss nicht stoppen

(Berlin) - Fünf Jahre nach der Asienkrise weisen Indonesien, Südkorea und Thailand wieder hohe Zuwachsraten für die gesamtwirtschaftliche Produktion aus. Sie haben ihre Wechselkurse flexibilisiert und die Reform des Bankensektors – wenngleich in unterschiedlichem Maße – vorangetrieben. Zugleich wurde das internationale Monitoring bei grenzüberschreitenden Finanztransaktionen ausgebaut. Alles in allem sind die Anlagerisiken seit der Asienkrise transparenter geworden – diese verbesserte Information hat allerdings den Abfluss von Kapital aus Schwellenländern nicht stoppen können. Vielmehr wird jetzt stärker auf das heimische Kapitalangebot zurückgegriffen.

Im ersten Quartal 2002 stieg das Bruttoinlandsprodukt in Indonesien um 2,5 Prozent. In Thailand stieg es um 3,9 Prozent. Noch dynamischer war die Entwicklung in Südkorea, dessen Wirtschaft im zweiten Quartal 2002 sogar um 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr wuchs. Im Zuge der Krise sind die vormals extrem hohen Investitionsquoten dramatisch zurückgegangen. Auch fünf Jahre nach der Krise liegen sie noch immer etwa zehn Prozentpunkte unter dem Wert von 1996; die Investitionsquoten erreichen somit eine ähnliche Größenordnung wie in entwickelten Industrieländern. Bei deutlich höheren Sparquoten zählen diese Länder inzwischen zu den Kapitalexporteuren. Damit hat sich das Muster der internationalen Integration dieser Volkswirtschaften stark gewandelt: Südkorea, Thailand und Indonesien weisen fünf Jahre nach der Finanzkrise teilweise deutliche Leistungsbilanzüberschüsse auf. Alle drei Volkswirtschaften sind in mindestens zwei entscheidenden Punkten von ihrer vor der Krise verfolgten Strategie abgerückt. Diese hatte vor allem darin bestanden, gesamtwirtschaftliche Entwicklung durch extrem hohe Investitionsquoten zu erzeugen und diese zu erheblichen Teilen durch internationale Kapitalzuflüsse zu finanzieren.

Gerade vor dem Hintergrund, dass Finanzkrisen - wie etwa aktuell in Lateinamerika - zunehmend Krisen des heimischen Bankensektors sind, überrascht es nicht, wenn internationale Kapitalgeber ihre Zahlungsbereitschaft von der Leistungsfähigkeit der Geschäftsbanken in den jeweiligen Volkswirtschaften abhängig machen. In diesem Bereich müssen noch deutliche Anstrengungen auf Seiten der Schwellenländer unternommen werden, um in einer Welt verringerter Informationskosten als attraktiver Ort für internationale Kapitalanlagen zu gelten. Gelingt dies nicht, lassen sich erhebliche Teile der potentiellen Effizienzgewinne, die grundsätzlich durch internationale Finanzströme und Finanzmarktintegration generiert werden können, nicht realisieren – ein erheblicher Nachteil für die weltwirtschaftliche Entwicklung.


Abgebrochener Aufschwung belastet Investitionstätigkeit

Der Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen, der Ende 2000 begonnen hatte, setzte sich bis zum zweiten Quartal dieses Jahres fort. Sie sind saisonbereinigt von 45,1 Mrd. Euro im vierten Quartal 2000 auf 38,3 Mrd. Euro im zweiten Quartal dieses Jahres gesunken. Dies ist ein Rückgang von rund 15 Prozent innerhalb von sieben Quartalen; in nicht saisonbereinigter Rechnung betrug die Abnahme sogar 23 Prozent. In seinem aktuellen Wochenbericht 38/2002 kommt das DIW Berlin zu dem Ergebnis, dass die jüngste Entwicklung primär eine Reaktion auf den enttäuschenden Verlauf des Aufschwungs in der zweiten Jahreshälfte 2000 gewesen ist.

Der maßgebliche Faktor für den Rückgang liegt in der Reaktion auf die enttäuschende Absatzentwicklung seit Mitte 2000 und die im Jahr 2000 gestiegenen Zinsen im Zuge der geldpolitischen Straffung. Die positive Konstellation von 1999/2000 hatte somit keinen Bestand, und die Ertragserwartungen der Unternehmen ließen sich nicht aufrecht erhalten. Vor dem Hintergrund der verschlechterten Absatzsituation gab es damit für die Unternehmen deutliche Anreize, ihre Investitionen zu reduzieren. Folglich ist seit Anfang 2001 eine erhebliche Korrektur nach unten vorgenommen worden.

Die Ursache für die derzeit schwache Investitionskonjunktur liegt demnach weniger in aktuellen Entwicklungen begründet als vielmehr in dem enttäuschenden Verlauf des Aufschwungs. Verstärkend wirkte die Börsenschwäche.

Es zeigt sich auch, dass es kaum kompensierende Einflüsse gab. So war die Lohnpolitik zwar moderat und hat von der Kostenseite die Investitionen etwas gestützt. Doch kann die Lohnpolitik gerade bei abnehmenden Produktivitätszuwächsen, die konjunkturell bedingt sind, aufgrund der implizierten weiteren Schwächung der Endnachfrage die Abwärtsbewegung von der Kostenseite her nicht nennenswert kompensieren. Dies wäre allein durch geldpolitische Maßnahmen in spürbarem Umfang möglich. Die Zinssenkungen im Jahre 2001 haben jedoch die Investitionsentwicklung nur in einem sehr geringfügigen Umfang gestützt, der bei weitem nicht ausreichte, um die Belastungen aufzufangen.

Quelle und Kontaktadresse:
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