Pressemitteilung | Kassenärztliche Bundesvereinigung KdÖR (KBV)

Arzneimittelbudgets werden abgeschafft

(Köln) - Jetzt ist es amtlich: Per Gesetz will Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Arzneimittelbudgets abschaffen. Der Patient soll profitieren, denn das Ausgabenvolumen hat sich künftig an den tatsächlichen Versorgungsnotwendigkeiten und nicht mehr an ökonomischen Wunschvorstellungen zu orientieren. Auch die Oppositionsparteien befürworten den Vorstoß.

„Das Medikament kann ich Ihnen leider nicht verschreiben. Das Arzneimittelbudget ist nämlich aufgebraucht.“ Solche Äußerungen von Ärzten, die laut Zeitungsberichten immer wieder am Ende eines Jahres zu hören waren, sollen nun endgültig der Vergangenheit angehören. So will es Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Diese stellte der Öffentlichkeit jüngst das Arzneimittelbudget-Abschaffungsgesetz, kurz ABAG, vor. Die Kernpunkte:

- Die Arzneimittel- und Heilmittelbudgets werden abgeschafft. Statt dessen handeln Kassen und Ärzte für jeden Bereich getrennt eine Ausgabenobergrenze aus. Diese kann im laufenden Jahr an aktuelle Entwicklungen angepasst werden.

- Grundlage der Ausgabenobergrenze sollen nicht mehr nur ökonomische Vorgaben sein. O-Ton Bundesgesundheitsministerium: „Die Ausgabenvolumina orientieren sich nun gleichermaßen an konkreten Erfordernissen für die medizinische Behandlung wie an finanziellen Auswirkungen.“

- Besonders zu berücksichtigen sind die Verschreibung innovativer Präparate, die Qualität der Arzneimittelversorgung und die Veränderung des Verordnungsumfangs auf Grund von Verlagerungen zwischen den Leistungsbereichen. Letzteres bedeutet: Wenn immer mehr Leistungen ambulant erbracht werden, müssen die niedergelassenen Ärzte auch entsprechend mehr Medikamente verschreiben dürfen.

- Der Kollektivregress fällt weg. Das heißt: Übersteigen in einer Region die tatsächlichen Ausgaben die Vorgaben, so können die Kassen künftig nicht mehr den Mehrbetrag von der Gemeinschaft der Kassenärzte einfordern.

- Für jeden Kassenarzt wird eine Richtgröße, also ein individueller Ausgabenrahmen festgelegt. Eine wichtige Rolle soll dabei das Alter und der Therapiebedarf der in der jeweiligen Praxis betreuten Patienten spielen. Kann er gute Gründe für sein Handeln anführen, darf der Arzt die Richtgröße auch überschreiten.

Positiv bewertet Leonhard Hansen, Zweiter Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und einer der beiden Arzneimittelexperten der Organisation, das Gesetzesprojekt: „Die Politik hat endlich erkannt, dass es völlig unsinnig ist, den Ärzten rein ökonomische Vorgaben zu machen. Wir Ärzte verschreiben Medikamente doch nicht, weil uns das irgendeinen persönlichen Vorteil bringt. Wir stellen Rezepte aus, weil Arzneimittel zur Heilung oder Linderung einer Krankheit wesentlich beitragen. Wenn also in den vergangenen Jahren in manchen Regionen die Ausgaben die Vorgaben überschritten haben, so heißt das, dass der Bedarf ganz offensichtlich größer war, als der Kostenrahmen erlaubte.“ Auch der andere KBV-Arzneimittelexperte, Dr. Werner Baumgärtner, ist erfreut: „Das ABAG ist ein Schritt in die richtige Richtung. Schon seit Jahren fordern wir Kassenärzte, dass sich die Ausgaben im Gesundheitswesen nach dem Versorgungsbedarf richten müssen, schließlich kann sich der Versorgungsbedarf ja nicht an ökonomischen Vorgaben orientieren. Konsequent wäre es, wenn Ulla Schmidt auch noch die nach wie vor bestehenden Honorarbudgets abschaffen würde und auch bei der Bezahlung medizinischer Leistungen den Bedarf der Bevölkerung zur Richtschnur erheben würde.“

Ein Frühwarnsystem soll nun dafür sorgen, dass am Jahresende keine Engpässe mehr auftreten und die Arzneimittelversorgung stets gleichmäßig gut ist. Die Krankenkassen, die von den Apothekenrechenzentren Zahlen über die Verordnungen der Ärzte erhalten, sollen diese nun schnellstmöglich an die Mediziner weitergeben, damit die immer genau wissen, wie weit sie ihren Kostenrahmen bereits ausgeschöpft haben. Einige Experten befürchten jedoch, dass weiterhin Verzögerungen auftreten, schließlich sind die Krankenkassen bereits nach bestehender Gesetzeslage verpflichtet, den Ärzten die Zahlen „zeitnah“ zur Verfügung zu stellen und liefern sie dennoch gewöhnlich erst drei Monate nach Quartalsende. Ein anderes Problem: Krankenkassen und Kassenärzte müssen eine Reihe von Dingen aushandeln, die zuvor gesetzlich streng geregelt waren, beispielsweise die Ausgabenhöhe für die Medikamente. Was es für die Versorgung bedeutet, wenn die Vertragspartner sich einmal nicht einigen können, ist noch nicht recht klar.

Einig sind sich Politiker von SPD, CDU, CSU und FDP sowie die Kassenärzte, dass die Patienten von der Neuregelung profitieren. Einzig die Krankenkassen sind skeptisch. Sie rechnen damit, dass sich die Ausgaben für Medikamente erhöhen werden und mittelfristig deswegen die Krankenkassenbeiträge steigen werden. Die Politiker sind weniger pessimistisch. Sie wollen das Gesetz – möglicherweise mit kleinen Änderungen – nach der parlamentarischen Sommerpause beraten und verabschieden. Am 31. Dezember 2001 soll es in Kraft treten.

Quelle und Kontaktadresse:
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Herbert-Lewin-Str. 3 50931 Köln Telefon: 0221/40050 Telefax: 0221/408039

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