Armut in Deutschland gestiegen, aber kein weitreichender Abbau des Sozialstaates
(Berlin) - Seit dem Jahr 2000 ist in Deutschland ein neuerlicher Anstieg der Ungleichheit der Einkommen und der relativen Einkommensarmut zu beobachten, so der aktuelle Wochenbericht 4/2005 des DIW Berlin. Der Anteil der in relativer Armut lebenden Menschen ist im langjährigen Vergleich von 13,2 Prozent 1985 auf 15,3 Prozent im Jahre 2003 gestiegen, der Bevölkerungsanteil mit höherem und gehobenem Einkommen ist im gleichen Zeitraum von 16 Prozent auf 20 Prozent gestiegen. Jedoch verläuft dieser Trend nicht gleichmäßig im Sinne einer kontinuierlichen Zunahme von Ungleichheit, sondern er folgt der konjunkturellen Entwicklung und insbesondere der Entwicklung der Arbeitslosigkeit.
Es zeigt sich auch, dass das sozialstaatliche Transfer- und Umverteilungssystem in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit nach wie vor funktioniert. Es kompensiert die Unterschiede zwischen den am Markt erzielten Einkommen weiterhin sehr stark. Insofern kann von einem tiefgreifenden Abbau des Sozialstaats nicht die Rede sein.
Insbesondere in den neuen Bundesländern ist der Einfluss des Sozialstaates auf die Einkommensumverteilung durch Transferzahlungen erheblich und international gesehen nahezu ohne Beispiel. Trotzdem können die Folgen steigender Arbeitslosigkeit auf Dauer nicht völlig kompensiert werden.
Die Konsequenz aus dieser Erkenntnis kann nicht der Ruf nach weiterer Umverteilung sein; vorrangig müssen sich wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen auf die Reduktion von Arbeitslosigkeit als Wurzel des Übels konzentrieren. Langfristig muss im internationalen Wettbewerb auf eine bessere Bildung und Ausbildung insbesondere der am wenigsten Qualifizierten und eine sich daraus ergebende Verbesserung der Beschäftigungschancen geachtet werden.
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