Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Arbeitsmarkt- und Wachstumspotentiale liegen brach

(Köln) - Am deutschen Arbeitsmarkt liegen Potentiale frei. Eine graduelle Erhöhung der Erwerbstätigenquote sowie der wöchentlichen Stundenzahl auf das Niveau der Schweiz könnte das preisbereinigte deutsche Bruttoinlandsprodukt nach zehn Jahren um bis zu acht Prozent steigern, während die Schuldenstandquote um fast ein Fünftel im Vergleich zum heutigen Niveau sinken könnte. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Nach einer "goldenen Dekade des deutschen Arbeitsmarktes stand der Staatshaushalt dank des gestiegenen Steuer- und Beitragsaufkommens vor der Corona-Pandemie glänzend da. 2020 sank das Bruttoinlandsprodukt jedoch um knapp fünf Prozent, das Arbeitsvolumen brach um 4,7 Prozent ein. Als mittelfristige Herausforderung kommt der demografische Wandel hinzu, weshalb die Hoffnung, ähnlich der Dekaden nach der Finanzkrise Ende der Nullerjahre aus den Corona-Schulden einfach herauswachsen zu können, naiv anmutet.

Ein Vergleich insbesondere mit der in ihrer Wirtschafts- und Sozialstruktur der Bundesrepublik ähnlichen Schweiz zeigt jedoch, dass hierzulande noch erhebliche Arbeitsmarktpotentiale brachliegen: Dort liegt die Jahresarbeitszeit je Erwerbstätigen mit elf Prozent deutlich höher als bei uns. Überträgt man die schweizerische Wochenarbeitszeit und die Jahresarbeitswochen auf das deutsche Arbeitsmarktmodell, ergibt sich ein Potential von 7,7 Milliarden Stunden oder 4,7 Millionen Vollzeitäquivalenten.

Schuldenabbau deutlich schneller möglich

Eine Simulation mehrerer Szenarien ergibt bei einer Angleichung der Jahresarbeitszeit auf eidgenössisches Niveau ein um fast sechs Prozent höheres preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach zehn Jahren. Würde sich zusätzlich noch die Erwerbstätigenquote um 2,5 Prozentpunkte erhöhen, betrüge die Steigerung schon fast acht Prozent. Damit könnte der staatliche Entschuldungsprozess erheblich beschleunigt werden; die Schuldenstandquote könnte je nach Umfang der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nach zehn Jahren um bis zu 16 Prozentpunkte unter dem Niveau liegen, das sich ohne diese Maßnahmen abzeichnet.

IW-Direktor Michael Hüther fordert daher von der nächsten Bundesregierung Reformen in Sachen Jahresarbeitszeit und Erwerbsintegration: "Um die Lasten der Corona-Pandemie zu bewältigen, muss das Wachstumspotential des Arbeitsmarktes genutzt werden. Im Gegensatz zu Steuererhöhungsplänen und anderen Abgabenphantastereien besteht hier die Chance, ökonomische Potentiale zu entfalten, anstatt Wachstum auszubremsen."

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Sarah Kraft Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln Telefon: 0221 4981-0, Fax: 0221 4981-533

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