Arbeitgeber warnen vor der "Euphorie-Falle" Forderung der IG BCE schießt über das Ziel hinaus
(Wiesbaden) - Am Donnerstag (17. Februar 2011) fand die regionale Tarifverhandlung für die etwa 93.000* Beschäftigten der hessischen Chemie in Wiesbaden statt. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Hessen-Thüringen (IG BCE) hat ihre Forderung auf 7 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten beziffert. Die monatlichen Ausbildungsvergütungen sollen einheitlich um jeweils 59 Euro steigen.
"Mit dieser Forderung schießt die IG BCE weit über das Ziel hinaus" erklärt Christoph Obladen, Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite. Auch während der Krise sind die Beschäftigten nicht leer ausgegangen. Sie haben in 2010 eine höhere Einmalzahlung erhalten. Außerdem war das Krisenmanagement ein gemeinsamer Kraftakt, der in erster Linie der Beschäftigungssicherung gedient hat. Die in diesem Rahmen genutzten Instrumente, vor allem der moderate Tarifabschluss, ein verantwortungsvoller Umgang mit den tariflichen Flexibilisierungsinstrumenten und die Kurzarbeit haben maßgeblich dazu beigetragen. "Dieses gemeinsame Krisenmanagement kann keine Begründung für überzogene Lohnforderungen sein", so Obladen.
Die Chemieindustrie erholt sich schneller als erwartet. Doch damit sei noch nichts gewonnen: "Das Vorkrisenniveau ist bei fast 40 Prozent unserer Mitgliedsunternehmen in Hessen noch nicht wieder erreicht", betont der Leiter der Tarifkommission. Auch sei die Erholung 2010 nicht mehr als ein Spiegel des Einbruchs von 2009. Vor allem kleine und mittlere Betriebe hätten noch Rückstand im Aufholprozess. Das Wachstum der Chemieindustrie werde 2011 nur durchschnittlich ausfallen. Die Experten rechnen für Hessen lediglich mit einem leichten Produktionszuwachs von 2 Prozent.
Die pharmazeutische Industrie war zwar von der Wirtschaftskrise weniger betroffen, sie gerät derzeit aber durch die neuerlichen staatlichen Eingriffe in den Arzneimittelmarkt stark unter Druck. Dies trifft den Pharmastandort Hessen in besonderer Weise.
Auch gesamtwirtschaftlich lässt die konjunkturelle Dynamik nach. "Die Erwartungshaltung muss sich an diese Realitäten anpassen. Wir dürfen nicht in eine Euphorie-Falle laufen", betont Obladen.
Ein erneuter Rückschlag für die Konjunktur sei keineswegs ausgeschlossen. Rohstoffkosten und Rohstoffverknappung sowie weiter steigende Energiepreise belasten die Chemieindustrie bereits heute in besonderem Maße. Diese Entwicklung werde immer mehr zum Bremsklotz. Zudem bergen die Unsicherheiten durch die Euro-Krise die Gefahr eines erneuten Einbruchs. "Für Euphorie besteht absolut kein Anlass", so Obladen abschließend.
Nach der regionalen Verhandlung im Tarifbezirk Hessen werden die Gespräche zunächst auf regionaler Ebene weiter fortgesetzt. Dabei geht es Schlag auf Schlag: Rheinland-Pfalz (18. Februar), Baden-Württemberg (21. Februar), Bayern (22. Februar), ChemieNord (23. Februar), Westfalen (25. Februar), Nordostchemie (1. März) und Saarland (2. März).
Nach Abschluss der regionalen Runden werden die Verhandlungen Mitte März 2011 auf Bundesebene fortgeführt. Dann wird erstmals zentral für die 550.000 Beschäftigten in den 1.900 Betrieben der chemischen Industrie verhandelt.
Quelle und Kontaktadresse:
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Jürgen Funk, Leitung, Verbandskommunikation
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