Appell des Deutschen Städtetages: Städten bei Problemen durch Zuwanderung aus Südosteuropa helfen - Gesamtstrategie von Bund, Ländern und EU entwickeln
(Berlin) - Bund, Länder und Europäische Union sollten sich der Probleme stärker annehmen, die zum Teil bei der Integration von zugewanderten Menschen aus Südosteuropa entstehen. Außerdem gelte es, einen rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmen zu schaffen, mit dem die betroffenen Städte die Folgen verstärkter Zuwanderung aus dieser Region bewältigen können. Das fordert der Deutsche Städtetag und appelliert an den Bund, sich auch maßgeblich und nachhaltig an den kontinuierlich steigenden Aufwendungen der betroffenen Städte zu beteiligen. Besonders von dem Thema betroffen sind etwa 10 bis 15 Städte.
Der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster, erklärt: "Viele Menschen, die seit dem EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien in deutsche Städte zugewandert sind, haben hierzulande schnell Arbeit und sozialen Anschluss gefunden, weil sie gut qualifiziert und ausgebildet sind. Schwierig und vielfach problematisch ist dagegen die Integration vor allem der Menschen, die ohne Berufsabschluss oder Ausbildung kamen und weiterhin kommen. Oft wurden sie schon in ihren Herkunftsländern ausgegrenzt und lebten über Jahre unter schwierigsten Bedingungen und in Armut. Diese Menschen werden sich bei uns nur integrieren können, wenn wir ihnen Sprache, Wissen, Qualifikation und Werte vermitteln, eine gesundheitliche Versorgung ermöglichen, sie vor ausbeuterischen und kriminellen Strukturen besser schützen und sie für den Arbeitsmarkt fit machen. Diese Aufgabenfülle ist jedoch zu groß, als dass die betroffenen Städte sie allein stemmen könnten. Bund, Länder und EU sollten daher gemeinsam mit den Städten eine Gesamtstrategie entwickeln - einschließlich eines konkreten Maßnahmenpakets."
Der Deutsche Städtetag weist darauf hin, dass die laufenden Förderprogramme der EU eine wichtige Unterstützung für die besonders betroffenen Städte sind. Dafür müssen auch nach der aktuellen Förderperiode ab 2021 Hilfen bereitgestellt werden.
Die betroffenen Städte haben selbst bereits viele Maßnahmen entwickelt und umgesetzt, um durch frühkindliche Bildung und schulische Integration, Beratungsangebote, medizinische Grundversorgung oder die Vermittlung von Wohnungen die soziale Integration der Neubürgerinnen und Neubürger zu ermöglichen. Diese kommunalen Maßnahmen reichen aber nicht aus, um die zugewanderten Familien zu befähigen, ihre Lebenssituation nachhaltig zu verbessern.
Gleichzeitig müssen die Städte den negativen Auswirkungen der Zuwanderung und teilweise deutlich wahrnehmbaren Problemen wirksamer entgegentreten können. So haben beispielsweise ganze Familien weder ein Erwerbseinkommen noch Anspruch auf Leistungen, was zu täglichen Schwierigkeiten führt und häufig zu ausbeuterischer Beschäftigung. Viele dieser Familien sind außerdem nicht krankenversichert, weil sie keine Vorversicherungen haben oder die Beiträge nicht aufgebracht werden können.
Städtetagspräsident Lewe: "Zu der erforderlichen Gesamtstrategie gegen die bestehenden Probleme gehört, dass die Integration in den Arbeitsmarkt gelingen muss. Dazu müssen auch Kompetenzen genutzt werden, die Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter für andere Arbeitssuchende einsetzen. So sollte eine bundeseinheitliche Struktur zur Unterstützung der Menschen entwickelt werden, aber auch zur Prüfung, ob sie als EU-Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Freizügigkeit arbeitssuchend sind. Für Arbeitssuchende sollte daraus in Zukunft zum Beispiel folgen, dass sie an Sprachförderung und Qualifizierung teilnehmen. Außerdem ist es nicht akzeptabel, dass im Falle eines unklaren oder nicht vorhandenen Krankenversicherungsschutzes die Kommunen dafür finanziell einstehen müssen. Die gesetzliche Krankenversicherung ist hier gefordert, die Betroffenen zu beraten und umfassend zu klären, welche Voraussetzungen für eine Krankenversicherung bestehen. Zu dieser sollte dann ein unbürokratischer Zugang geschaffen werden. Und die aus EU-Staaten zugewanderten Menschen sollten an Integrationskursen teilnehmen dürfen."
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