AOK begrüßt Warnhinweise für Hormonpräparate / Hoberg: Konsequenzen sind überfällig
(Bonn) - Der AOK-Bundesverband hat die geplante Verschärfung der Warnhinweise für Arzneimittel zur Hormonersatztherapie begrüßt. Angesichts des nur zögerlichen Rückgangs der Verschreibungszahlen für die umstrittenen Präparate in Deutschland seien jedoch weitere Schritte nötig, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Rolf Hoberg, am 20. August in Bonn.
Hoberg erneuerte die Forderung der AOK nach umfassender Information für Frauen ohne Rücksichtnahme auf die Interessen der Pharmaindustrie. Nach einer jetzt vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichten Entscheidung müssen erweiterte Angaben zum Risiko der entsprechenden Präparate ab 1. November 2003 in den Beipackzetteln der Medikamente und in den Fachinformationen für Ärzte genannt werden.
"Damit zieht die Aufsichtsbehörde die richtigen Konsequenzen aus den alarmierenden Ergebnissen internationaler Studien", sagte Hoberg. "Das ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Sicherheit für die Patientinnen."
WIdO-Warnung schon Ende 2000
Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hatte bereits im Dezember 2000 auf die Gefahr zusätzlicher Krebserkrankungen bei Hormoneinnahme über mehr als fünf Jahre hingeweisen. Die Warnung vor den Risiken bestimmter Präparate wurden im Juli 2002 durch die bislang größte Studie zur Hormontherapie bei Frauen in den Wechseljahren, die "Womens Health Initiative" in den USA, bestätigt.
Jetzt belegt eine weitere groß angelegte Untersuchung aus Großbritannien die Gefahr. Britische Wissenschaftler haben die Wirkung der Hormontherapie bei einer Million Engländerinnen untersucht. 20.000 neue Brustkrebsfälle in den vergangenen zehn Jahren führen sie allein auf langjährige Hormoneinnahme zurück.
Immer noch zu viele Verordnungen
Aus Sicht der AOK haben deutsche Ärzte die Konsequenzen auf die Studienergebnisse viel zu langsam reagiert. Das belegen Verordnungszahlen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK für die in den genannten Studien untersuchten problematischen Östrogen/Gestagen-Kombinationspräparate
Danach wurden allein AOK-Versicherten im vierten Quartal 2002 – bis zu fünf Monate nach Bekanntwerden der US-Ergebnisse – noch immer rund 33,6 Millionen Tagesdosen der umstrittenen Arzneimittel verordnet.
Offener Feldversuch
"Trotz der offensichtlichen Risiken für ihre Patientinnen haben deutsche Ärzte innerhalb eines Jahres nur 13 Prozent weniger Kombinationspräparate verschrieben", bemängelt Prof. Norbert Schmacke vom AOK-Bundesverband. "Damit sind noch immer weit mehr als drei Millionen Frauen in Deutschland einem offenen Feldversuch mit ungewissem Ausgang ausgesetzt."
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Kanada. Dort ist die Zahl der Verschreibungen im gleichen Zeitraum um mehr als 30 Prozent zurückgegangen.
Umdenken in den Fachgesellschaften
Inzwischen setzt auch innerhalb der medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland das Umdenken ein. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe rät Ärztinnen und Ärzten, Hormone nur noch bei schweren Wechseljahresbeschwerden einzusetzen und die Dauer der Verordnung so kurz wie möglich zu halten. Das entspricht auch den Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
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