Pressemitteilung | foodwatch e.V.

Anzeigenkampagne für eine Viertelmillion Euro: Agrarminister Schmidt plakatierte Erfolge, die es nicht gibt - Effekt des Tierwohl-Siegels schon vor seiner Einführung gepriesen

(Berlin) - foodwatch kritisiert falsche Werbeaussagen auf Kosten der Steuerzahler
- Eigenwerbung des Ministeriums für 271.000 Euro - das Motto: "Geschafft"
- Reklamiert wurden politische Erfolge, die es noch gar nicht gibt

"Geschafft: Mehr Tierwohl", prangt in großen Lettern auf grünem Hintergrund, dahinter ein Bild von glücklichen Ferkeln. Ein überdimensionierter, grüner Haken unterstreicht den angeblichen Erfolg des Bundeslandwirtschaftsministeriums: Mit dem freiwilligen, staatlichen Tierwohllabel habe man mehr Tierwohl "geschafft", heißt es in großen Werbeanzeigen unter anderem in Tageszeitungen und Online-Medien. Allein: Das Label gibt es noch gar nicht. Es kann schon allein deshalb noch keinem einzigen Tier zu mehr Wohlergehen verholfen haben, weil es frühestens 2018 eingeführt werden soll. Zum Zeitpunkt der Anzeigenkampagne existierten noch nicht einmal Kriterien für die Vergabe des Siegels.

Mehr als eine Viertelmillion Euro hat das Ministerium für Reklame ausgegeben, mit der es sich vermeintlicher Erfolge rühmte - "aus Anlass der Grünen Woche" im Januar dieses Jahres. Unter dem Leitmotto "Geschafft" schaltete das Ressort von Minister Christian Schmidt dabei Werbung in der überregionalen wie regionalen Presse, in Online-Medien sowie bei Twitter und ließ bedruckte Doppeldeckerbusse durch die Straßen fahren. Gesamtkosten: ca. 271.000 Euro, wie das Ministerium jetzt auf Anfrage der Verbraucherorganisation foodwatch angab. Der größte Anteil floss in Schaltungen des Tierwohl-Motivs. Doch auch andere angebliche Erfolge sind mindestens zweifelhaft: "Geschafft: bessere Verbraucherinformationen", heißt es auf einem zweiten, ebenfalls weit verbreiteten Bild. Das damit gerühmte, neu geschaffene Bundeszentrum für Ernährung nahm jedoch erst im Februar seine Arbeit auf. Ein zentrales Vorhaben der Bundesregierung aus dem Koalitionsvertrag, eine "bessere Verbraucherinformation" durch eine Reform des Lebensmittelgesetzes (§ 40 LFGB) zu erreichen, ist zudem gescheitert.

"Eigenlob stinkt bekanntlich, und im Bundeslandwirtschaftsministerium riecht es ganz besonders streng. Hier wurden Steuergelder missbraucht und die Realität zurechtgebogen, um sich selbst in ein besonders strahlendes Licht zu rücken", kritisierte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker die Kampagne. "Seitdem sich das Ministerium mit der irreführenden Werbelyrik der Lebensmittelindustrie befasst, hat es sich offensichtlich zwar vieles abgeschaut, aber nichts gelernt. Christian Schmidt agiert wie der Kreativdirektor einer Bundeswerbeagentur. Der Bundesernährungsminister startet eine Aufklärungskampagne nach der anderen und schaltet nun auch noch haltlose Reklame in eigener Sache, anstatt Politik zu machen und echte Verbesserungen durchzusetzen."

Weitere Motive der Serie, wie sie das Ministerium bis heute als Erfolgsbilanz auf seiner Internetseite präsentiert, befassen sich mit den Themen ländliche Entwicklung sowie Landwirtschaft und Umwelt.

Abgesehen von der irreführenden Anzeigenkampagne kritisiert foodwatch das geplante Tierwohlsiegel grundsätzlich als verfehlt: Die Kriterien sind zu lasch und bieten keine Garantie, dass Produkte ausschließlich von gesund gehaltenen Tieren stammen. Hinzu kommt: Selbst der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeslandwirtschaftsministerium erwartet für das rein freiwillige Label einen Marktanteil von maximal 20 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Bundesregierung für 80 Prozent der Nutztiere weiterhin vermeidbare Krankheiten, Schmerzen und Leiden duldet. Ein freiwilliges Label ist daher aus Sicht von foodwatch der grundfalsche Ansatz, weil es eine Abkehr von dem Ziel bedeutet, wirklich für alle Nutztiere Verbesserungen zu erreichen.

Quelle und Kontaktadresse:
foodwatch e.V. Pressestelle Brunnenstr. 181, 10119 Berlin Telefon: (030) 240476-0, Fax: (030) 240476-26

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