Am Schutz von Pflegebedürftigen wird weiter gespart / Versorgung mit Pflegehilfsmitteln wie Desinfektion und Handschuhen sichern
(Berlin) - Am Schutz von Pflegebedürftigen darf nicht gespart werden - gerade in der Corona-Pandemie, aber auch darüber hinaus. Deshalb sieht das Bündnis "Wir versorgen Deutschland" (WvD), ein Zusammenschluss federführender Leistungserbringerverbände, mit großer Sorge, dass die seit 1. Januar 2022 wieder auf 40,00 Euro zurückgefallene maximale monatliche Kostenerstattung für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel wie Desinfektion und Einmalhandschuhe auch in naher Zukunft nicht angehoben werden soll. Dies geht zumindest aus der Antwort der Bundesregierung vom 3. März 2022 (Drucksache 20/909) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU hervor.
"Dies gefährdet nicht zuletzt den Schutz vulnerabler Gruppen, für die eine besondere Verantwortung besteht - vor allem im Hinblick auf Covid-19-Infektionen und die nach wie vor grassierende und extrem ansteckende Omikron-Variante des Corona-Virus", kritisiert Alf Reuter, WvD-Vorstandsmitglied und Präsident des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT), der ebenso wie die EGROH-Service GmbH, Reha-Service-Ring GmbH, rehaVital Gesundheitsservice GmbH und Sanitätshaus Aktuell AG dem Bündnis angehört.
Der Höchstbetrag, der für die Abgabe von Pflegehilfsmitteln gem. § 40 Absatz 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) abgerechnet werden kann, war 2020 von 40,00 auf 60,00 Euro erhöht worden - sowohl aufgrund des gestiegenen Bedarfs der Versicherten in der Pandemie als auch wegen der damit einhergehenden Preisentwicklung der Produkte. Diese Erhöhung wird nicht fortgeführt, sodass der abrechenbare Betrag seit dem 1. Januar 2022 wieder auf 40,00 Euro zurückgefallen ist.
Preise steigen seit Jahren
"Demgegenüber steigen die Preise für Pflegehilfsmittel seit Jahren an. Diese Tendenz war bereits vor der Covid-19-Pandemie zu beobachten", unterstreicht Reuter. Die Pandemie habe dies nur noch beschleunigt, insbesondere durch sprunghaft gestiegene Frachtkosten sowie die allgemeinen Kostensteigerungen für Rohstoffe und Energie, die durch die aktuelle Ukraine-Krise nun noch befeuert werden. Insofern sei es mitnichten so wie in der Antwort der Bundesregierung behauptet, "dass sich die Preisentwicklung bei den relevanten Produkten (FFP2-Schutzmasken, Handschuhe und Desinfektionsmittel) zumindest bis zum Spätsommer 2021 zunehmend normalisiert und vielfach das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht hatte." Im Gegenteil, es liege eine Leistungskürzung durch die Bundesregierung vor.
Außerdem verweist die Bundesregierung darauf, dass ihr "bislang von Versicherten keine Beschwerden in nennenswertem Umfang im Hinblick auf die Herabsetzung des Höchstleistungsbetrages auf 40 Euro monatlich seit dem 1. Januar 2022 sowie eine damit im Zusammenhang stehende nicht ausreichende Versorgung mit zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln vorgetragen worden" seien. Dazu erklärt Reuter: "Diese Bemerkung ist, höflich gesagt, ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Es handelt sich um pflegebedürftige Menschen, die zumeist kaum die Kraft aufbringen, sich - neben der Bewältigung ihrer Erkrankung - auch noch hinzusetzen und Beschwerdebriefe zu verfassen. Gleiches gilt für deren Angehörige und Pflegepersonen, die außerdem in der Corona-Pandemie hohe zusätzliche Belastungen erfahren haben und nach wie vor erfahren."
Ungleichbehandlung kritisiert
Außerdem wird in der Antwort der Bundesregierung ausgeführt, "dass die Pflegeversicherung ein Teilleistungssystem ist, das die pflegebedingten Kosten im Rahmen von Höchstleistungsbeträgen abdeckt und Eigenleistungen der Versicherten nicht entbehrlich macht. Dies gilt auch für die Versorgung mit zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln." Diese Bemerkung sei doch erstaunlich, stellt Reuter fest: "Gerade im Zusammenhang mit den Ausführungen der Bundesregierung, sich besonders dem Schutz vulnerabler Gruppen widmen zu wollen und alles tun zu wollen, damit diese vor Erkrankung und Tod geschützt sind. Zudem liegt hier eine nicht unwesentliche Ungleichbehandlung vor - denn Personen, die zum Beispiel in Krankenhäusern gepflegt werden, werden selbstverständlich mit entsprechenden Hilfsmitteln versorgt. Nur für die ambulante Pflege soll das nicht gelten?" Immerhin werden nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) vier von fünf Pflegebedürftigen in Deutschland zu Hause versorgt.
Dauerhafte Erhöhung angemahnt
Bereits im vergangenen Jahr haben unter anderem Sozialverbände wie der Sozialverband VdK Deutschland e.V. und der Sozialverband Deutschland (SoVD) sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) und ebenfalls das Bündnis WvD die Bundesregierung aufgefordert, die Pflegehilfsmittel-Höchstgrenze dauerhaft zu erhöhen, wie es zunächst auch geplant war. Oder sie zumindest aufgrund des fortdauernd erhöhten Bedarfs bis auf Weiteres im Jahr 2022 beizubehalten. Der VdK zum Beispiel mahnte im November 2021 "dringend die Verlängerung der erhöhten Pflegehilfsmittelpauschale" an und wies "eindringlich darauf hin, dass in der häuslichen Pflege weiterhin ein erhöhter Bedarf an zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln besteht, damit der Schutz der pflegebedürftigen Personen der Hochrisikogruppe gewährleistet werden kann." Nachweislich seien die Kosten von zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln "nicht auf das Niveau der Vor-Pandemie gesunken", so der Sozialverband. Er verwies zugleich darauf, dass der Betrag von 40 Euro seit Inkrafttreten des ersten Pflegestärkungsgesetzes im Jahr 2015 nicht erhöht worden sei.
"Nach einer Verlängerung der Regelung zunächst bis zum 30. September 2021 wurde zwischenzeitlich richtigerweise diskutiert, die Regelung generell zu entfristen. Zu unserem großen Bedauern wurde von diesem Vorhaben wieder abgerückt - zu Ungunsten der betroffenen Patientinnen und Patienten", kommentiert Reuter. Eine entsprechende Regelung sei damals kommentarlos aus der Formulierungshilfe zum "Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen" gestrichen worden. Im Ergebnis blieb die Verlängerung in befristeter Form nur bis zum 31. Dezember 2021 erhalten. In einem Schreiben vom 21. Dezember 2021 hatte sich auch der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) für eine Verlängerung der Frist im Interesse seiner Versicherten ausgesprochen und bedauert die Ankündigung der Kürzung.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV)
Kirsten Abel, Leiterin Verbandskommunikation
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