Altruismus und Freiwilligkeit / Fundament der Lebendorganspende
(Berlin) - Lebendorganspenden müssen die Prinzipien der Freiwilligkeit, Unentgeltlichkeit und Subsidiarität erfüllen. Jedwede Form finanzieller Anreize unterhöhlt altruistische Motive und öffnet das Tor zum Organhandel, erklärte der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Christoph Fuchs, anlässlich eines Presseseminars der Bundesärztekammer in Berlin. Altruismus und Freiwilligkeit seien das Fundament der Transplantationsmedizin in Deutschland seit ihrem Beginn. Daraus resultiere die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Form der Hochleistungsmedizin, betonte Fuchs. An den Grundprinzipien der Lebendorganspende will auch die Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer unverändert festhalten. In einem Positionspapier plädiert sie dafür, weiterhin nur dann ein Organ eines lebenden Spenders zu entnehmen, wenn kein geeignetes Organ von Verstorbenen zum Zeitpunkt der Explantation zur Verfügung steht (Subsidiaritätsgebot). Gesetzlich klargestellt werden sollte aber, dass Empfänger von Lebendorganspenden auf der bundeseinheitlichen Warteliste für die postmortale Organspende erfasst werden müssen.
Überdies hält die Kommission eine Präzisierung hinsichtlich des Spender- und Empfängerkreises von Lebendorganen für notwendig. Die Kommission spricht sich dafür aus, die Entnahme nicht regenerierungsfähiger Organe über die Zulässigkeit der Lebendorganspende unter nahen Verwandten und Wahlverwandten hinaus auch zum Zwecke der unentgeltlichen anonymen Lebendorganspende in einem Pool zuzulassen, sagte der Vorsitzende der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Hans-Ludwig Schreiber. Mit der Unentgeltlichkeit und Anonymität des so genannten Poolings solle sichergestellt werden, dass Organhandel ausgeschlossen bleibt. Dies bedürfe jedoch einer entsprechenden Bestimmung im Transplantationsgesetz (TPG), unterstrich Schreiber. Nach dem Transplantationsgesetz (§ 8 Abs. 1 Satz 2) dürfen nur Verwandte ersten und zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte und andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahe stehen ein Organ zur Übertragung zur Verfügung stellen. Ob die Beschränkung auf familiäre und persönliche Verbundenheit erforderlich ist, um die Freiwilligkeit und das Freisein von Organhandel zu bewahren, muss weiter diskutiert werden, sagte Schreiber. Da unterschiedliche Menschen ein ähnliches Schicksal haben könnten, erlaubten diese Bestimmungen im TPG aber auch die Annahme, dass eine Schicksalsverbundenheit eine Verbundenheit im Sinne des Gesetzes sein könne.
Für eine unbefangenere Diskussion über das Thema Lebendorganspende plädierte der Transplantationschirurg Prof. Dr. Peter Neuhaus, Mitglied der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer. Zwar hätten Lebendorganspenden in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen: Jede sechste Nierentransplantation im Jahr 2003 sei auf eine Lebendspende zurückgegangen; bei Lebertransplantationen betrage der Anteil der Lebendspenden knapp 9 Prozent. Doch angesichts von 12.000 Patienten, die dringend auf eine Transplantation warteten, und der unverändert geringen Anzahl von verfügbaren postmortalen Spenderorganen, müsse auch über eine Erweiterung der Lebendorganspende diskutiert werden, forderte Neuhaus. Die Erfolge in der Transplantationschirurgie erhöhen den Bedarf an Organen ständig und führen zu explodierenden Wartelisten.
Als wichtiger Teilaspekt der Lebendorganspende sei die so genannte Cross-Over-Spende zu betrachten, erläuterte der Transplantationschirurg Prof. Dr. Günter Kirste, Mitglied der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer und designierter Vorsitzender der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Die Zulässigkeit solcher Überkreuzspenden, beispielweise bei Ehepaaren, stehe derzeit noch in der Diskussion. Cross-Over-Spenden werden das Problem der Organknappheit nicht lösen, sie könnten aber dazu beitragen, Blutgruppengrenzen, die Organspenden unter Verwandten oder Freunden unmöglich machen, zu überschreiten, sagte Kirste.
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