Pressemitteilung | Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM)

Agrarpolitik muss mehr können und wollen als Auflagenschaffen und Geldverteilen! / Voraussetzung für den "Green Deal" ist ein Markt-Deal!

(Freising) - Die Diskussionen und der Widerstand der Bäuerinnen und Bauern, die sich aktuell am Agrarpaket, immer mehr Auflagen und dem Gefühl mangelnder Wertschätzung für die Landwirte entzünden, sind Systemprobleme, die sich weder allein mit Geld aus öffentlichen Töpfen, noch mit Auflagen und einem "Weiter so wie bisher" lösen lassen.

Das allem zugrundeliegende Problem ist die wirtschaftliche Lage, die auf vielen landwirtschaftlichen Betrieben äußerst angespannt ist. Die monatlichen Einnahmen reichen kaum zur Deckung der laufenden Kosten, von Vollkostendeckung ist man weit entfernt und an die Bildung notwendiger Rücklagen ist überhaupt nicht zu denken. "Wir Milchviehhalter leben seit langem von der Substanz. Unsere Warnungen, dass das nicht ewig so weitergehen kann, wurden nicht ernst genug genommen", kritisiert BDM-Vorsitzender Stefan Mann. "Doch statt die Probleme endlich einmal grundlegender anzugehen und über die Gestaltung der Agrarmärkte zu sprechen, über die ein Einkommen zu erwirtschaften sein muss, mit dem eine wirtschaftlich nachhaltige, gesellschaftlich akzeptierte und sozial verträgliche Landwirtschaft möglich ist, sprechen wir aktuell immer noch ausschließlich über Auflagen und steuerfinanzierte Hilfsgelder."

"Die Politik kann mehr und muss auch mehr wollen. Politik muss die Marktrahmenbedingungen gestalten, wenn sie der Landwirtschaft eine echte Perspektive geben will", erklärt Stefan Mann.

"Wenn weitere Belastungen für die Landwirte unumgänglich sind, dann können wir versuchen, diese mit aller Gewalt zu verhindern. Die Gefahr ist groß, dass wir uns dabei aufreiben und gesellschaftliche Gräben aufreißen. Oder aber wir kämpfen darum, dass die anstehenden Herausforderungen machbar und vor allem finanziell leistbar sind. Warum trifft es die Bauern jetzt so hart? Weil man sehenden Auges notwendige Maßnahmen immer wieder verschoben hat oder nicht in Angriff genommen hat", kritisiert Mann. "Auch sieben Jahre nach den Feststellungen der Sektoruntersuchung Milch des Bundeskartellamtes, als ein signifikantes Marktmachtgefälle zu Ungunsten der Milcherzeuger festgestellt wurde, hat sich die Marktstellung der Milchviehhalter keinen Deut verbessert. Das Ergebnis sehen wir ja. Die Anforderungen an die Betriebe steigen, während die Betriebe geschwächt durch Marktkrisen und dauerhaft zu niedrige Produktpreise in die Zukunft gehen sollen. Man stelle sich das mal in anderen Branchen vor: Da herrscht Katastrophenstimmung schon, wenn Gewinnerwartungen zurückgehen oder sich die Verluste im niedrigen einstelligen Prozentbereich bewegen. In der Milchviehhaltung sprechen wir über Einbußen von 30%! Wenn man sich gleichzeitig vor Augen führt, dass die Direktzahlungen für die Betriebe auch in wirtschaftlich guten Jahren durchschnittlich über 50 Prozent des Einkommens ausmachen, dürfte sich die Frage, ob die Probleme mit zusätzlichen öffentlichen Geldern lösbar sind, eigentlich von selbst beantworten. Deutlich wird auch, warum eine Umverteilung der Gelder von der 1. in die 2. Säule von den Landwirten so unentspannt aufgenommen wird. Für das umverteilte Geld muss mehr Leistung erbracht werden, was höhere Kosten für die Landwirte zur Folge hat", so Stefan Mann weiter.
Nach Ansicht des BDM lässt sich die Einkommenslücke auf den landwirtschaftlichen Betrieben auch nicht mit der Auflage immer neuer Labels schließen. Je höher der Exportanteil ist, je höher der Grad der industriellen Verarbeitung ist und je geringer der Anteil des landwirtschaftlichen Urprodukts am fertigen Endprodukt ist, umso weniger funktionieren Labels für die Landwirte.

"Man kann nicht im selben Umfeld genesen, in dem man krank geworden ist", zitiert Stefan Mann einen Spruch, der seiner Ansicht nach gut die aktuelle Handlungsnotwendigkeit in der Landwirtschaft beschreibt. "Die Agrarmärkte sind reformbedürftig. Solange die EU-Agrarpolitik von der Zielvorgabe, die Preise für die Agrarprodukte niedrig zu halten, geprägt ist, können wir uns dagegen auch nicht erfolgreich mit einem Mix aus nationalen und regionalen Branchenstrategien, Labels und Auflagen stemmen."
Die Bundesregierung und die neue EU-Kommission sind gefordert, neben der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP vor allem ein Umsteuern in der EU-Agrarmarktpolitik voranzutreiben. Agrarpolitik ist mehr als Geldverteilen, sie ist vor allem dafür zuständig, durch entsprechende Marktrahmenbedingungen eine deutliche Verbesserung der Marktstellung der Landwirte zu ermöglichen.
"Nicht nur die Politik, auch alle Verbände und Initiativen des Berufsstands sind gefordert, unser Hauptproblem, die viel zu niedrigen Markterlöse für unsere Produkte, anzugehen. Wir müssen selbstbewusst die Forderung nach hohen Erzeugerpreisen stellen, wir müssen Vorschläge machen und Strategien entwickeln, wie das im Markt umgesetzt werden kann, andere werden das nicht für uns übernehmen", davon ist Stefan Mann überzeugt. Der BDM hat seine Hausaufgaben gemacht, mit der BDM-Sektorstrategie 2030 wurde ein Konzept entwickelt und vorgelegt, wie der Milchmarkt der Zukunft gestaltet werden muss. Haben die Landwirte ausreichende Markterlöse, können die öffentlichen Gelder zielgerichteter und erfolgreicher dafür verwendet werden, zusätzliche Leistungen für den Umwelt-, Klima, und Naturschutz zu honorieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) Hans Foldenhauer, Pressesprecher Gutenbergstr. 7-9, 85354 Freising Telefon: (08161) 5384730, Fax: (08161) 53847350

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