Pressemitteilung | AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.

AGA-Wirtschaftstest / Lage und Perspektiven im norddeutschen Groß- und Außenhandel / Binnenkonjunktur gewinnt an Stabilität / Importhandel profitiert von Globalisierung / Harter Preiswettbewerb schwächt Exporthandel

(Hamburg) - Im norddeutschen Groß- und Außenhandel hat sich der Aufschwung im Frühjahr fortgesetzt. Die Inlandsnachfrage hat auf breiter Front weiter angezogen; damit gewinnt die Binnenkonjunktur an Stabilität. Der Außenhandel profitiert von der anhaltend kräftigen weltwirtschaftlichen Dynamik. Vor allem der nationale und internationale Handel mit Investitionsgütern und Industriebedarf legt derzeit kräftig zu. Die Aussichten bis zum Herbst sind optimistisch. Eine zunehmende Bereitschaft, neue Mitarbeiter einzustellen, ist aber noch nicht zu erkennen. „Auftragsspitzen werden überwiegend durch Überstunden und Zeitarbeit abgedeckt. Die eher verhaltenen Wachstumsprognosen für 2007 und große Unsicherheiten bezüglich der geplanten Neuregelungen beim Kündigungsschutz wirken wie Einstellungsbremsen.“ Dies erklärte Helly Bruhn-Braas, Präsidentin des AGA Unternehmensverbandes auf Basis der jüngsten Konjunkturumfrage ihrer Organisation am 03. Mai 2006 in Hamburg. Dem AGA gehören 3.000 überwiegend mittelständische Unternehmen in den fünf Küstenländern an.

Die realen Umsätze des norddeutschen Groß- und Außenhandels lagen im abgelaufenen Quartal um 2,2 Prozent über dem Vorjahresniveau. Die Gewinnsituation hat sich gegenüber dem Vorquartal leicht verschlechtert. 22 Prozent der befragten Unternehmen bewerten ihre Gewinnsituation als gut, ebenfalls 22 Prozent berichten über eine Verschlechterung. Zu Jahresbeginn waren es 19 Prozent. Der AGA-Indikator, der die Einschätzung der gegenwärtigen und erwarteten Ertragslage zusammenfasst, ist um 5 Punkte gestiegen. Er weist jetzt einen Stand von 125 Punkten auf. Dies ist der höchste Wert seit 15 Jahren. Werte über 100 sind Ausdruck einer relativ guten, Werte unter 100 Ausdruck einer relativ schlechten Geschäftslage.

Der Binnengroßhandel erzielte im abgelaufenen Quartal ein reales Umsatzplus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vor allem der Handel mit Investitionsgütern und Industriebedarf zeigt eine dynamische Geschäftsentwicklung. Die Umsatzerwartungen bis zum Herbst sind optimistisch. „Nach einigen Fehlzündungen ist der Investitionsmotor jetzt endlich angesprungen. Es wird wieder verstärkt in die Modernisierung und Ausweitung von Ausrüstung investiert“, erklärt Bruhn-Braas. Auch der Handel mit Ge- und Verbrauchsgütern meldete eine spürbare Verbesserung der Geschäftslage. Die Aussichten bis zum Herbst sind optimistisch. „Lange aufgeschobene Anschaffungen und Konsumwünsche werden jetzt von den Verbrauchern realisiert. Die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft führt zu einem Kaufboom bei der Unterhaltungselektronik. Darüber hinaus wirken sich die Vorzieheffekte aufgrund der für 2007 avisierten Mehrwertsteuererhöhung jetzt schon aus“, erklärte Bruhn-Braas.

In den baunahen Handelsbereichen, die im Herbst ihre Talsohle durchschritten hatten, stabilisiert sich die Geschäftslage weiter auf niedrigem Niveau. Die Aussichten bis Herbst sind optimistisch. 60 Prozent der Befragten gehen von höheren Umsätzen aus, 26 Prozent erwarten eine Verbesserung der Gewinnsituation. „Dabei spielt die Abschaffung der Eigenheimzulage eine Rolle, die Ende 2005 noch einmal zu einem Schub an Bauanträgen geführt hat, der in diesem Jahr abgearbeitet wird“, so Bruhn-Braas. Der Teilindikator für den Binnengroßhandel ist um 8 Punkte gestiegen, er weist jetzt einen Wert von 125 Punkten auf.

Eine überdurchschnittliche Geschäftsentwicklung meldet derzeit der norddeutsche Importhandel. Der entsprechende Teilindikator ist um 11 Punkte gestiegen und weist jetzt einen Stand von 134 Punkten auf. Das ist der höchste Wert seit Januar 1991. Angesichts des steigenden Anteils an importierten Vorleistungen im verarbeitenden Gewerbe profitiert vor allem der Importhandel mit Investitionsgütern und Industriebedarf von der Exportdynamik der deutsche Industrie. Die steigende Kapazitätsauslastung des verarbeitenden Gewerbes führt zu vollen Auftragsbüchern bei Importhändlern von Rohstoffen. Die Geschäftsaussichten bis zum Herbst sind in nahezu allen Importbranchen positiv.

Der Exporthandel weist eine uneinheitliche Geschäftsentwicklung auf. Nach wie vor steigende Umsätze meldet der Ausfuhrhandel mit Investitionsgütern und Industriebedarf, allerdings bei spürbarer Verschlechterung der Gewinnsituation. Viele industrielle Hersteller haben damit begonnen, durch Ausbau des After-Sales-Service das lukrative Ersatzteil- und Reparaturgeschäft wieder selbst durchzuführen. Dadurch gehen Exporthändlern, die sich auf das Ersatzteilgeschäft spezialisiert haben, Aufträge verloren. Hinzu kommt, dass die Kunden der mittelständischen Exporthändler meist selbst kleine und mittelgroße Unternehmen sind, die einem harten Preiswettbewerb unterliegen. Der zunehmende Preiswettbewerb auf Drittmärkten drückt die Margen des Exporthandels.

Besonders preissensibel reagiert der internationale Handel mit chemischen und pharmazeutischen Vorprodukten, der typischerweise sehr starke zyklische Schwankungen aufweist. Nach den umsatzschwächeren Monaten Januar und Februar in einigen Sparten haben sich die Geschäfte im März wieder positiv entwickelt. Angesichts der Erwartung eines wieder steigenden Euro-Dollar-Kurses aufgrund des amerikanischen Leistungsbilanz-Defizites sind die Geschäftserwartungen bis zum Herbst verhalten optimistisch. Aufgrund der genannten Faktoren ist der Teilindikator für den Exporthandel um 5 Punkte gesunken. Er weist jetzt einen Stand von 116 Punkten auf. Bruhn-Braas: „Unsere Exporthändler sind auf anderen Märkten tätig als die exportierende Industrie. Das hat zur Folge, dass sie vom allgemeinen Exportboom der deutschen Industrie derzeit weniger stark profitieren und häufig eine antizyklische Entwicklung aufweisen.“


Strukturdaten für den norddeutschen Groß- und Außenhandel:

Im norddeutschen Groß- und Außenhandel, der die Länder Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und das nördliche Niedersachsen umfasst, gibt es rund 11.000 Unternehmen, die mit ihren 119.000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 120 Mrd. Euro erwirtschaften. Damit haben 12 Prozent der Mitarbeiter im deutschen Groß- und Außenhandel ihren Arbeitsplatz in Norddeutschland. Der Anteil Norddeutschlands am Gesamtumsatz beträgt fast 18 Prozent.

Beschäftigtenzahlen in den Regionen:
Hamburg: 50.200, Schleswig-Holstein: 39.900, Bremen:11.600, Nord-Niedersachsen: 4. 500, Mecklenburg-Vorpommern: 12.800

Quelle und Kontaktadresse:
AGA Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V. Dr. Holger Eisold, Leiter, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Kurze Mühren 2, 20095 Hamburg Telefon: (040) 308010, Telefax: (040) 30801107

(bl)

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