Afghanistan: Regionale "Sicherheits"-Teams statt regionale "Wiederaufbau"-Teams
(Bonn/New York/Brüssel) - Die Hilfsorganisation CARE begrüßt die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates zur Ausweitung des ISAF-Mandats in Afghanistan, fordert die Vereinten Nationen und die NATO-Mitgliedsstaaten bei Gesprächen in New York jedoch gleichzeitig dazu auf, schnellstmöglich ausreichend Truppen zur Wiederherstellung der Sicherheit auch in den kritischen Regionen Afghanistans zur Verfügung zu stellen. "Die Umsetzung des Mandats durch wenige zusätzliche regionale Wiederaufbauteams (PRT) in den weitgehend sicheren Regionen Afghanistans ist kein angemessener Lösungsansatz für das drängendste Problem im Land: Sicherheit und Frieden für die Zivilbevölkerung. Beides ist derzeit nur in 8 von 32 Provinzen weitgehend gegeben", sagt Dénis Caillaux, Generalsekretär von CARE International.
Im vergangenen Monat wurden in Afghanistan mehr Zivilisten und humanitäre Helfer in gewaltsamen Auseinandersetzungen getötet als in vorherigen Monaten seit dem Fall der Taliban 2001. Die Stadt Ghasni wurde zum Beispiel in den vergangen Wochen wiederholt Schauplatz blutiger Guerillaangriffe gegen alle, die den Stablisierungsprozess in Afghanistan vorantreiben wollen: Allein 300 Zivilisten starben bei den Auseinandersetzungen. In 22 Anschlägen auf internationale Hilfsorganisationen im Monat September kamen sieben Helfer ums Leben. Hilfsprojekte für über 600.000 Afghanen mussten im Südosten des Landes aufgrund von Sicherheitsproblemen bisher eingestellt werden.
"Nur eine Verbesserung der allgemeinen Sicherheitslage kann Zivilisten und humanitäre Helfer schützen. Sie ist essentielle Grundvoraussetzung für erfolgreichen Wiederaufbau und Stabilisierung", sagt Caillaux. "Laut des Petersberger Abkommens (2001) ist die Wahrung der Sicherheit durch Demobilisierung und Entwaffnung regionaler militärischer Kräfte die vornehmliche Aufgabe der ISAF-Truppen. Bei den derzeit bestehenden Konzepten zu regionalen Wiederaufbauteams (PRT) zeigt sich eine Aufgabenverlagerung für das Militär: statt auf die Herstellung der allgemeinen Sicherheit konzentriert man sich hier zunehmend auf zivile Wiederaufbaumaßnahmen.
Wenn sich die internationale Gemeinschaft mit seinem Militär jedoch mehr und mehr zivilen Aufgaben widmet, wer löst dann das wachsende Sicherheitsproblem der Bevölkerung?" Die Durchführung ziviler Wiederaufbauprogramme könne erfahrungsgemäß von zivilen UN-, internationalen und nationalen Hilfsorganisationen effektiv umgesetzt werden. Mehr Sicherheit zu schaffen läge ausschließlich im Vermögen von ISAF und der amerikanischen Opertion Enduring Freedom, bis der Aufbau ausreichender lokaler Armee- und Polizeistrukturen erfolgt sei.
Deshalb fordert CARE International im Zuge der ISAF-Ausweitung die Einrichtung regionaler "Sicherheits"-Teams (PST) statt "Wiederaufbau"-Teams (PRT) mit dem klaren Fokus, in den kritischsten Regionen Afghanistans dem wachsenden Einfluss lokaler Militärkräfte entgegenzuwirken, diese effektiv zu entwaffnen und nachhaltige Strukturen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu etablieren. Nur so könnten alle Bemühungen zum Wiederaufbau nachhaltig Früchte tragen.
Quelle und Kontaktadresse:
CARE Deutschland e.V.
Dreizehnmorgenweg 6, 53175 Bonn
Telefon: 0228/975630, Telefax: 0228/9756351