Pressemitteilung | BÄK Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) e.V.

Ärztepräsident Hoppe zum Sachverständigengutachten: Versorgungsmängel durch knapper werdende Ressourcen

(Berlin/Köln) - „Die Sachverständigen mahnen zu Recht eine Verbesserung der medizinischen Versorgungsketten an. Die Mangelsituation ist jedoch primär ein Einnahmeproblem der gesetzlichen Krankenversicherung, dass weder durch einen ruinösen Wettbewerb der Kassen noch durch bloße ‚Effizienzsteigerungen‘ oder Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven zu kompensieren ist.

Knapper werdende Ressourcen an Finanzmitteln, Zeit und Möglichkeiten der Zuwendung im Gesundheitswesen sowie ein drohender, im Osten sogar jetzt schon zu verzeichnender Ärztemangel werden diese Versorgungssituation wohl noch verschärfen“, so Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe in einer ersten Stellungnahme zu dem dritten Band des Gutachtens 2000/2001 des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen.

Im Gutachten wird dazu auch festgestellt, dass die in ‚Überversorgung‘ gebundenen Aktivitäten und Mittel zur Beseitigung der derzeitigen zahlreichen Formen von Unterversorgung nicht ausreichen würden. Auch sei eine sinnvolle monetäre Bewertung der Reserven nicht möglich. Damit widerspricht der Rat ausdrücklich denjenigen, die Einssparreserven in zweistelliger Milliardenhöhe vermuten, wie zuletzt der SPD-Gesundheitspolitiker Kirschner.

Auch die so genannten Disease-Management-Programme ordnet der Rat richtig ein, wenn er sich davon „allenfalls einen partiellen kurzfristigen Abbau der Überversorgung“ erwartet. Zugleich ergeht an die Kassen die Warnung, bei der Entwicklung der Programme nicht nach rein monetären Verteilungsgesichtspunkten vorzugehen.Sehr aufschlussreich – auch für die Politik - sind die Ausführungen des Rates zur Budgetierung. Erstmals stellt der Rat klar, dass Budgets nicht nur eine Begrenzung der Überversorgung bedeuten können, sondern auch eine potenzielle Ursache von verdeckter oder offener Rationierung sind.

„Patientennachfrage“ und „individuelle Bedarfsfeststellung des Arztes“ sollen nunmehr nach „verbindlichen Entscheidungsvorgaben“ eines gesetzlich etablierten Gremiums „nach ihrem Kosten-Nutzen-Verhältnis“ in eine „Rangaufstellung“ gebracht werden. Ob mit einem solchen staatlich verordneten Vorenthalten von Notwendigem das Versorgungssystem wirklich optimiert werden kann, muss man nachhaltig in Frage stellen – zumindest aus der Sicht der Patienten.Die krankheitsbezogenen Darstellungen im Gutachten bleiben zunächst kursorisch, harte Zahlen fehlen. Der Rat selbst räumt ein, dass die dieser Darstellung zu Grunde liegenden Antworten der verschiedenen Betroffenen-Gruppen durch interessengeleitete Sichtweisen bedingt sind. Die meisten medizinischen Fachgesellschaften weisen gar auf eine zu ungenügende Datenlage hin, um die Versorgungsrealität wirklich bewerten zu können. Der Sachverständigenrat selbst fordert deshalb angesichts des „eklatanten Mangels an belastbaren Versorgungsdaten“ einen deutlichen Ausbau der Programme zur Gesundheitsforschung, was sicherlich notwendig und wichtig ist.

Dennoch stellen die Sachverständigen eine erhebliche Unter- und Fehlversorgung bei der Primär- und Sekundärprävention fest und verlangen nationale integrative Gesamtkonzepte. Diese Rezepte allerdings würden einen grundlegenden gesellschaftlichen Bewusstseinswandel im Anspruchsverhalten erfordern von einer Reparatur-Medizin hin zu mehr Eigenverantwortung und Eigenvorsorge der Versicherten. Doch wie eine solche Massen-Motivation aussehen könnte, gibt der Rat nicht zu erkennen.Präventions- und Früherkennungsprogramme, die bisher nur allzu oft an der Unterfinanzierung scheitern mussten, sind wichtig und dringend aufzubauen. Prioritär aber ist angesichts des drohenden Einbruchs der Akutversorgung zunächst die kurative Medizin zu stabilisieren, denn sie ist das entscheidende Bindeglied zwischen Prävention und Rehabilitation.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern) e.V. Herbert-Lewin-Str. 1 50931 Köln Telefon: 0221/40040 Telefax: 0221/4004388

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