Ärger über verspätete Postzustellung ebbt nicht ab / Regulierungsbehörde will unabhängige Qualitätsmessung der Brieflaufzeiten einstellen
(Offenbach) - Während in vielen Gebieten der Bundesrepublik die Beschwerden über verzögerte Postzustellung anhalten, schmückt sich die Deutsche Post World Net seit Wochen mit Bestleistungen bei den Zustellzeiten in den grenzüberschreitenden Sendungen von 96 Prozent innerhalb von 3 Tagen (E+3) in Europa. Für Briefe innerhalb Deutschlands wurden nach letzten posteigenen Veröffentlichungen im Jahr 2002 sogar Spitzenwerte von "weit über 95 Prozent der Sendungen" vermeldet, die bereits nach einem Tag (E+1) den Empfänger erreichten.
Demgegenüber kommt die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) als Aufsichtsbehörde des Monopolunternehmens für das 3. Quartal 2003 mit ihrem unabhängigen Qualitätsmessverfahren Briefdienst für das Inland lediglich auf 87,3 Prozent, die ihren Empfänger am ersten Tag (E+1) nach dem Briefeinwurf erreichen.
Der Unterschied ist vor allem daraus zu erklären, dass die RegTP ihre Messzeiten aus Sicht des Verbrauchers ermittelt, also die Einlieferung zu üblichen Geschäfts- oder Tageszeiten zugrunde legt, während für die Post die Leerungszeiten in ihren Annahmestellen oder Briefkästen relevant sind. Diese können aber durch Änderung der Schlusszeiten durch das Unternehmen jederzeit im Ergebnis beeinflusst werden. Tatsächlich sind ja vielerorts an den Briefkästen die Leerungszeiten erheblich nach vorn verändert worden. Abgesehen davon ist in den letzten Monaten zum Ärgernis der Bürger auch die Zahl der Briefkästen von 140.000 auf 108.000 reduziert worden.
Seit einigen Wochen ist die Post nun dabei, im Zusammenhang mit der 38,5-Stunden-Arbeitszeit und der Einführung der Fünf-Tage-Woche den Ausgleich für den sechsten Zustelltag durch Vergrößerung der Zustellbezirke wieder in ein rechnerisches Lot zu bringen mit dem Ergebnis, dass viele Briefträger überlastet sind und nach spätestens 10 Stunden die Arbeit einstellen. Postkunden klagen darüber, dass sie anstelle wie gewohnt am Vormittag oftmals erst am späten Nachmittag ihre Post erhalten. Dies trifft insbesondere kleinere Firmen, die auf rasche Auftragsbearbeitung angewiesen sind oder auch Empfänger von Tageszeitungen, die über die Post zugestellt werden.
Schon lange hat die Post Anstoß daran genommen, dass die RegTP ein eigenes unabhängiges Messverfahren durchführt und mit jährlich rund 300.000 Testbriefen ab dem Zeitpunkt misst, ab dem der Verbraucher den Brief aus der Hand gibt und dieser beim Empfänger ankommt. Bereits im Februar hat sich Wirtschaftsminister Wolfgang Clement auf die Seite der Kritiker eines konkurrierenden Messverfahrens gestellt.
Nun hat anlässlich der Jahrestagung des Deutschen Verbandes für Post und Telekommunikation e.V. (DVPT) der Präsident der Regulierungsbehörde, Matthias Kurth, vor wenigen Tagen erklärt , dass die Regulierungsbehörde die seit 1993 durchgeführten regelmäßigen Qualitätsmessungen einstellt. Zugleich erwarte die Regulierungsbehörde aber von der Post, dass sie bei künftigen Messungen der Brieflaufzeiten die Kriterien der RegTP anlege und nicht Kriterien aus betrieblicher Sicht der Post zugrunde legt. Eine solche Vereinbarung habe man getroffen.
Der DVPT wird die Veröffentlichung der einzig von der Post in Auftrag gegebenen Messungen für das Jahr 2003 kritisch hinterfragen, wenn sie voraussichtlich im Februar 2004 auf dem Tisch liegen.
Der DVPT kritisiert auf das heftigste die Einstellung der Qualitätsmessung durch die RegTP. Dieser Vorgang stelle einen weiteren Schritt der Verhinderung kritischer Verbraucherbegleitung durch die Bundesregierung dar. Bezeichnend sei vor allem die stillschweigende Zustimmung durch das Verbraucherministerium, von dem in den vergangenen Monaten zum Thema Serviceverschlechterung durch die Post nicht eine einzige Stellungnahme zu finden war.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Verband für Post und Telekommunikation e.V.
Berliner Str. 170-172, 63067 Offenbach
Telefon: 069/8297220, Telefax: 069/82972226
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