ACE: Ohne Mobilität keine gesellschaftliche Teilhabe im Alter
(Fellbach / Stuttgart) - Der ACE Auto Club Europa hat Bund, Länder und Gemeinden aufgerufen, sich im Verkehrssektor gründlicher als bisher auf die Erfordernisse einer älter werdenden Gesellschaft einzustellen. Bislang seien weder Verkehrswege noch Mobilitätsangebote ausreichend bedarfs- und altersgerecht entwickelt worden, monierte der Club am Mittwoch auf einem Fachkongress des baden-württembergischen Sozialministeriums in Fellbach bei Stuttgart.
Bürgerbeteiligung für generationengerechte Mobilität gefordert
Der Vorsitzende des ACE, Wolfgang Rose, ermunterte auf der gleichen Veranstaltung Seniorenverbände, sich verstärkt in die Verkehrsplanung einzuschalten. Kommunen und Kreise ihrerseits sollten sich den Möglichkeiten einer entsprechenden Bürgerbeteiligung öffnen. "Wir wünschen uns eine Verkehrswelt, die im Konsens der Generationen gestaltet wird", so Rose. Der ACE-Chef zeigte sich zugleich überzeugt, dass die Bedeutung der Automobilität Älterer noch wachsen wird. "Von den Menschen im Alter von über 65 Jahren bevorzugen derzeit etwa 85 Prozent die Fortbewegung im eigenen Fahrzeug. Lediglich 24 Prozent fahren demnach auch mit Bus und Bahn, 10 Prozent lassen sich von anderen in deren Wagen mitnehmen."
Leistungseinbußen nicht ignorieren
Von einem generell vorgeschriebenen "Senioren-TÜV", also einer altersbezogenen Pflichtuntersuchung für Kraftfahrer, hält Rose nichts. "Aber wir dürfen auch nicht ignorieren, dass mit dem längeren Leben gewisse Leistungseinbußen verbunden sind." Je mehr alle Appelle verpuffen, sich freiwillig Gewissheit über die eigene Fahrtauglichkeit zu verschaffen, desto wahrscheinlicher sei es, dass bei diesem Thema früher oder später der Gesetzgeber auf den Plan trete, warnte Rose.
Bislang hätten nur 10 Prozent der über 65-Jährigen mit ihrem Hausarzt schon einmal über den Zusammenhang von Gesundheitszustand und Fahrtauglichkeit gesprochen, berichtete der ACE-Chef unter Berufung auf eine Erhebung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR).
Rose forderte einen entsprechenden Gesundheitscheck, der in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden müsse. "Es gibt eben nicht nur eine Kategorie älterer Verkehrsteilnehmer, so wie es auch nicht nur die Männer, die Frauen und die Jugendlichen gibt. Die Befähigung zur Automobilität ist daher keine Frage des Alters, sondern eher eine Frage der persönlichen und gesundheitlichen Verfassung", hob Rose hervor. Auf diesem Gebiet wolle sein Club mit dem mehrstufigen Programm "Ü60 I Bleib mobil" einen eigenen Beitrag dazu leisten, die Beweglichkeit älterer Verkehrsteilnehmer aufrechtzuerhalten und sicher zu gestalten. "Wir sehen darin auch Chancen für die Festigung des sozialen Zusammenhalts und zur Erlangung persönlicher Zufriedenheit", so Rose, der hinzufügte: "Wer den Lenker unvermittelt aus der Hand gibt, verliert seine Kontakte und kann darüber depressiv werden."
Erfahrung gleicht Schwächen aus
Ältere Verkehrsteilnehmer gleichen nach Beobachtungen von ACE-Verkehrspraktikern Beeinträchtigungen und Risiken zum größten Teil durch mehr Erfahrung und besondere Vorsicht aus. Die Unfallbeteiligung der Gruppe der über 65-Jährigen liegt laut ACE auch dank ihrer geringeren Fahrleistung bei nur 11 Prozent, obgleich deren Bevölkerungsanteil heute schon 21 Prozent ausmacht.
Eingehend darauf, dass in weniger als 30 Jahren ein Drittel der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein wird, sagte ACE-Chef Rose: "Wenn wir in den demografischen Wandel nicht unvorbereitet hineinstolpern wollen, sollten wir die Wege in eine neue Verkehrswelt jetzt begehbar machen." Während Verkehrs- und Städteplaner konzeptionell insgesamt gut vorankämen, hinke die praktische Umsetzung von Projekten vielerorts noch weit hinterher. "Wie vormals bei der Rentenfinanzierung, verdrängen Politiker im Bereich Auto und Verkehr gerne die Folgen gesellschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Entwicklungen." Es sei aber erfreulich, dass sich diese politische Selbstblockade langsam zu lösen beginne.
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