Absurde Forschung an Hamstern in Marburg / Ärzteverein begrüßt behördliche Ablehnung von Tierversuchen
(Köln/Gießen) - Das Gießener Verwaltungsgericht hat die Durchführung von Tierversuchen an 36 Zwerghamstern an der Uni Marburg untersagt. Der bundesweite Verein zeigt sich hocherfreut. Die Ablehnungsquote bei Tierversuchen liegt bundesweit bei unter einem Prozent. Dem Verein zufolge werden an der Universität Marburg seit Jahren "absurde und grausame Tierversuche an Hamstern im Rahmen der Neugierforschung" betrieben.
Um herauszufinden, warum Hamster im Winterschlaf abnehmen, werden Zwerghamster unterschiedlichen Licht- und Dunkelperioden ausgesetzt, ihnen werden Substanzen ins Gehirn injiziert und schließlich werden die Tiere getötet. In einer anderen Versuchsreihe soll die Regulation der Kältestarre von Hamstern beleuchtet werden. Dazu wird den Tieren ein Thermometer mit Sender in die Bauchhöhle eingepflanzt.
"Solche absurde Forschung, bei der es rein um die Stillung der wissenschaftlichen Neugier geht, wird seit Jahren an der Uni Marburg betrieben", weiß Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende der Ärzte gegen Tierversuche. "Um Artikel in hochrangigen Fachzeitschriften zu veröffentlichen und damit der Strom der Forschungsgelder weiter fließt, lassen sich die Experimentatoren immer wieder was Neues einfallen". Nun sollten also 36 Hamster in einem schlafähnlichen Zustand, einen sogenannten Topor, versetzt werden, um zu ergründen, wie die Tiere dabei Nahrungs- und Wassermangel überstehen. Die Erkenntnisse sollten im Rahmen der Raumfahrt genutzt werden.
Das Regierungspräsidium Gießen hatte den Antrag der Marburger Forscher abgelehnt, weil nicht ausreichend belegt worden sei, dass die Tierversuche unerlässlich und ethisch vertretbar seien. Die Universität hatte daraufhin Eilantrag gestellt, der nun vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden ist mit der Begründung, dass die aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der Unerlässlichkeit und ethischen Vertretbarkeit nur in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten. Für die Tiere stünde der "größtmögliche und irreversible Schaden durch die geplante Tötung" auf dem Spiel, für die Uni nur der Verlust von Drittmitteln und die Beteiligung an der Projektreihe der ESA. Diese Abwägung falle zu Ungunsten der Uni aus, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, die Beteiligten können binnen zwei Wochen Beschwerde einlegen.
Ärzte gegen Tierversuche begrüßt die Ablehnung des Versuchsantrags durch das Regierungspräsidium und die Entscheidung des Gerichts außerordentlich. Nach Recherchen des Vereins liegt die Ablehnungsquote bundesweit bei unter einem Prozent. Dies liegt vor allem an den Rechtsvorschriften zu Tierversuchen, die den Genehmigungsbörden keinen Spielraum lassen, eine Abwägung zwischen dem Leid der Tiere und dem vorgeblichen Nutzen des Tierversuchs zu finden. Begründet der Experimentator seinen Antrag ausreichend, muss die Behörde ihn genehmigen. Diese Vorgaben in deutschem Recht widersprechen EU-Recht und sind Teil eines aktuellen Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland. EU-Recht zufolge muss das Versuchsvorhaben nämlich wissenschaftlich gerechtfertigt werden und nicht bloß begründet.
"Es ist dem Regierungspräsidium hoch anzurechnen, dass dieses Versuchsvorhaben abgelehnt wurde. Behörden müssten viel öfter klare Kante zeigen und wenigstens die absurdesten Auswüchse der tierexperimentellen Forschung verhindern", schließt Tierärztin Gericke.
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