Abkehr von Erkundungspflicht des Bauherrn wälzt Gebäude-Gefahrstoffproblematik einseitig auf Unternehmen ab
(Bonn) - Die im 4. Referentenentwurf zur Änderung der Gefahrstoffverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgesehene Umwandlung von einer verpflichtenden Veranlasser-Pflicht zur Vorerkundung bzw. Untersuchung seiner baulichen Anlage auf Gefahrstoffe hin zur reinen Mitwirkungspflicht bei der Informationsbeschaffung zum Errichtungsdatum seines Gebäudes, stößt in der Recycling- und Entsorgungsbranche auf großes Unverständnis und Besorgnis, erklärt der Geschäftsführer des bvse-Fachverband Mineralik - Recycling und Verwertung, Stefan Schmidmeyer:
"Ohne zuverlässige und konsequente Erkundung und Begutachtung von Gebäuden und das schon möglichst früh in der Kette beim Veranlasser bzw. beim Bauherrn, ist das gesundheitliche, ökologische und ökonomische Risiko für unsere Unternehmen und Anlagenbetreiber zu groß. Und dies insbesondere auch im Hinblick auf die Asbestproblematik, die beim Abriss oder der Sanierung von Gebäuden besteht, die vor dem im Jahr 1993 erlassenen nationalen Asbestverbots errichtet wurden", macht Schmidmeyer deutlich.
Die im neuen Regelungsentwurf lediglich geforderte Mitwirkungspflicht des Veranlassers bzw. Bauherrn "im zumutbaren Umfang" lässt diesem Entscheidungsfreiheit darüber, welche Daten und Informationen er weitergibt. Darüber hinaus liegt es in seinem Ermessensbereich, welchen Aufwand er für die Daten- und Informationssammlung akzeptiert bzw. als zumutbar hält.
Bärendienst für die Branche
"Mit der Abkehr von der Veranlasser Pflicht verpasst der Referentenentwurf die Chance, Probleme zu lösen und strukturelle Verbesserungen vorzunehmen. Ganz im Gegenteil - diese Regelung wird ausgerechnet den regelkonform und verantwortungsbewusst arbeitenden Unternehmen einen Bärendienst erweisen", betont Schmidmeyer.
"Denn neben den erheblichen Mehrbelastungen durch zeitintensive Informationsbeschaffung für die Abgabe eines gesetzeskonformen, kostendeckenden und umweltgerechten Angebots sowie umfangreicher Aufklärungsgesprächen und Diskussionen mit den Bauherren, um diese über mögliche Schadstoffbelastungen und damit verbundenen höheren Aufwendungen bspw. für eine notwendige Vorerkundung zu informieren, haben diese Unternehmen dann oft noch das Nachsehen im unfairen Wettbewerb. Denn wie in jeder Branche gibt es leider auch hier Schwarze Schafe, die, begünstigt durch einen fehlenden behördlichen Vollzug, es mit den gesetzlichen Vorgaben nicht so ernst nehmen und entsprechend kostengünstigere Abbruch- und Rückbauangebote abgeben", betont Schmidmeyer.
Verschärft wird die Situation der Entsorgungs- und auch Recyclingbranche durch die in den Bundesländern zur Anwendung eingeführten aktuellen "Technischen Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit" (LAGA, 02.2024). Diese geben klar vor, dass Abfälle, deren Herkunft (geographische Lage und Entstehung inkl. Vornutzung) nicht bzw. nicht ausreichend klar ist, grundsätzlich als gefährliche Abfälle einzustufen sind.
Fehlende Erkundungspflicht - Gefahr für das Recycling von Bau- und Abbruchabfällen
"Gefährliche Abfälle sind im Recycling nicht zulässig. Für Recycler und Entsorger ist es somit unabdingbar, dass in der Novellierung der Verordnung wieder zu einer Erkundungspflicht für den Veranlasser zurückgekehrt und entsprechend festgelegt wird. Sonst werden sich unsere Branchenunternehmen in Zukunft die Frage stellen müssen, wie viel Bau- und Abbruchabfälle sie überhaupt noch zum Recycling annehmen können", unterstreicht bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer die Dringlichkeit zur Änderung dieser Regelung im vorgelegten BMAS-Verordnungsentwurf.
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