Abgehörtes Pressetelefon: Landgericht weist Beschwerden zweier Journalisten zurück
(Berlin) - Das Landgericht München I hat die von zwei Journalisten eingereichten Beschwerden gegen das heimliche Abhören des Pressetelefons der Letzten Generation zurückgewiesen. Die Beschwerdeführer werden von Reporter ohne Grenzen (RSF) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt.
Anders als das Amtsgericht München sieht das Landgericht München I in der Abhörmaßnahme zwar einen tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit. Gleichzeitig stuft es die Überwachungsanordnung jedoch als verhältnismäßig ein und verwirft damit die im November 2023 eingereichten Beschwerden. Gegen diese Entscheidungen prüfen GFF und RSF nun weitere rechtliche Schritte.
Die Beschwerden richteten sich gegen Beschlüsse des Amtsgerichts München, in denen das Gericht die Abhörmaßnahme der Generalstaatsanwaltschaft München für ausreichend begründet und damit rechtmäßig erklärte. Das Grundrecht der Journalist*innen auf Pressefreiheit erwähnte das Amtsgericht in den anordnenden Beschlüssen nicht.
"Journalistische Arbeit braucht vertrauliche Kommunikation. Die Pressefreiheit und in diesem Fall das Fernmeldegeheimnis hätten daher bei den strafrechtlichen Ermittlungen schon vom Amtsgericht unbedingt besonders berücksichtigt werden müssen. Eine angemessene Abwägung ergibt: Die Überwachung des Pressetelefons war nicht verhältnismäßig", betont Nicola Bier, Rechtsanwältin der Beschwerdeführer.
"Gezielte staatliche Überwachung von Journalist*innen gefährdet die Pressefreiheit und damit unsere Demokratie. Das darf von Gerichten in einem Rechtsstaat nicht einfach so durchgewunken werden", sagt Benjamin Lück, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF. "Journalist*innen müssen gerade auch bei Recherchen zu kontroversen Protestformen vertrauliche Gespräche führen können, ohne damit rechnen zu müssen, dass die Sicherheitsbehörden mithören."
Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Dazu hat sie zwischen November 2022 und April 2023 den Telefonanschluss abgehört, der von der Letzten Generation auf deren Webseite als "Pressetelefon" genannt und entsprechend für Medienanfragen genutzt wurde. Auch die beiden Beschwerdeführer, die Journalisten Jörg Poppendieck und Jan Heidtmann, hatten das Pressetelefon angerufen und im Juli 2023 das Verfahren angestoßen, in dem nun das Landgericht die Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen hat.
Dennoch war die Ermittlungsmaßnahme aus Sicht von RSF und GFF verfassungswidrig: Das Interesse an der Verfolgung der Tatvorwürfe gegen die Mitglieder der Letzten Generation muss bei der Überwachung des Pressetelefons hinter einem so schwerwiegenden Eingriff in die zentralen Grundrechte der Pressefreiheit und des Fernmeldegeheimnisses zurückstehen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Deutschland auf Rang 10 von 180.
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Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF)
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