Pressemitteilung | Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) - Hauptstadtbüro Berlin

„60-Minuten-Takt plus On-Demand-Lösungen müssen auf dem Land zur Selbstverständlichkeit werden“

(Berlin) - „Es ist die zentrale Aufgabe der nächsten Bundesregierung, die Frage der öffentlichen Mobilität im ländlichen Raum mit Zielen und Mitteln zu beantworten – und damit sowohl die regionale Wirtschaft zu stärken als auch dem grundgesetzlichen Anspruch der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land näher zu kommen“, hob VDV-Präsident Ingo Wortmann anlässlich der Veröffentlichung des VDV-Positionspapiers „Zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum. Sechs Schritte zu einem attraktiven öffentlichen Personenverkehr“ hervor. Während Städte vor allem mit dem Problem überlasteter Verkehrswege kämpften, können laut VDV die Mobilitätsbedürfnisse im ländlichen Raum oftmals nicht angemessen abgedeckt werden. „Jeder und jede Zweite in Deutschland ist davon betroffen; diese unzureichende Daseinsvorsorge wirkt sich auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die soziale Teilhabe aus. Wer es sich leisten kann, greift auf das Auto zurück. Das Zweit- und Drittauto ist bei vielen Familien inzwischen selbstverständlich. Wer wirtschaftlich schwächer ist, hat es daher schwerer auf dem Arbeitsmarkt, kann weniger am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dies führt zur Flucht aus dem ländlichen Raum in die verkehrlich überlasteten Ballungsräume und insbesondere dazu, bei demokratischen Wahlen Parolen zu folgen, die sich gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung richten“, so Wortmann.

„90 Prozent der ländlichen Bevölkerung wünschen sich ein besseres und verlässlicheres ÖPNV-Angebot, um auf das Auto verzichten zu können. Dafür braucht es ein flächendeckendes und verlässliches Angebot: Ein 60-Minuten-Takt kombiniert mit On-Demand-Lösungen muss zur Selbstverständlichkeit werden. Gleichzeitig darf die Reisezeit mit Bus und Bahn nicht mehr als das anderthalbfache der Dauer einer Autofahrt betragen. Hinzu kommt der dringende Handlungsbedarf bei der Barrierefreiheit – derzeit erfüllen 40 Prozent der Haltestellen die Standards nicht – und bei der digitalen Anbindung: 100 Prozent Netzverfügbarkeit sind für moderne und kundenfreundliche Mobilität im ländlichen Raum unverzichtbar. Nur so schaffen wir echte Alternativen zum Auto“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann. Laut Branchenverband ist der Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen für den ÖPNV im ländlichen Raum. Darum müsse die ausstehende Busführerscheinreform dringend die Bedürfnisse der Verkehrsunternehmen berücksichtigen. „Gleichzeitig müssen wir die Integration ausländischer Fachkräfte erleichtern, indem wir die Anerkennung von Abschlüssen beschleunigen und eine in jeder Hinsicht spürbare Willkommenskultur schaffen. Die Syrerinnen und Syrer, die bei uns weiterhin arbeiten wollen, wollen wir unbedingt halten.“ Laut Positionspapier spielt auch die Digitalisierung der Berufsausbildung eine Schlüsselrolle: „Sie verringert Pendelzeiten für Auszubildende und stärkt die Ausbildungskapazitäten, insbesondere in kleineren Unternehmen. Nur so können wir die Personalbasis schaffen, die wir für das Fahrplanangebot der Zukunft brauchen“, so Wortmann.

Das Positionspapier arbeitet in sechs Themenfeldern Herausforderungen und Maßnahmen für den ÖPNV im ländlichen Raum heraus. Auszugsweise:

– Stärkung der ÖPNV-Kultur: Die Hälfte der Bevölkerung lebt im ländlichen Raum, deshalb müssen Raumplanung und ÖPNV von Anfang an zusammen gedacht werden, während aktive Kooperationen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren die Nutzung des ÖPNV fördern. Gleichzeitig muss die Einbindung von Entscheidungsträgern wie Landrätinnen oder Abgeordneten durch gezielte Aktionen das Bewusstsein für die Bedeutung des ÖPNV stärken.

– Leistungsangebot: Ein flächendeckender 60-Minuten-Takt kombiniert mit On-Demand-Angeboten ist notwendig. Die Fahrzeit im ÖPNV darf nicht länger als das 1,5-fache einer Autofahrt betragen. Ergänzend dazu sorgt ein integrierter Fahrplan mit Takt- und Anschlusszeiten für bedarfsorientierte Mobilität.

– Digitalisierung: Der lückenlose Ausbau von schnellem Internet und WLAN muss gewährleistet werden, um digitale Echtzeit-Informationen zu ermöglichen und den ländlichen ÖPNV attraktiver zu gestalten. Darüber hinaus müssen Verwaltungsprozesse digitalisiert werden, um Förderanträge und Planungsabläufe effizienter zu gestalten.

– Infrastruktur und Flottenmodernisierung: Die Antriebswende erfordert langfristige Fördermittel zur Umstellung der Flotten, während gleichzeitig Bürokratieabbau bei Förderprozessen die Modernisierung beschleunigen muss. Die Anpassung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur sind essenziell, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen.

– Finanzierung und Tarife: Eine langfristige und verlässliche Finanzierung des Deutschland-Tickets sowie zusätzliche Mittel für den Ausbau des ländlichen ÖPNV-Angebots sind unabdingbar. Gleichzeitig braucht es eine faire Einnahmeverteilung, die den besonderen Herausforderungen ländlicher Regionen Rechnung tragen.

– Personal und Bildung: Die Busführerscheinreform muss die Anforderungen des ÖPNV berücksichtigen. Die Digitalisierung der Berufsausbildung soll Auszubildende entlasten und die Personalgewinnung stärken. Zugleich muss die Integration von ausländischen Fachkräften durch schnellere Anerkennungsverfahren und Unterstützungsmaßnahmen erleichtert werden.

„Die Zukunftsfähigkeit des ÖPNV im ländlichen Raum steht und fällt mit einer konsequenten Modernisierung: Wir brauchen langfristige Fördermittel für saubere und klimafreundliche Flotten, insbesondere für die Antriebsumstellung sowie die Anpassung der notwendigen Infrastruktur. Die Ausweitung des Förderkataloges des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes um eine zusätzliche Milliarde Euro ist einer der Hebel, um den Markthochlauf emissionsfreier Busse voranzutreiben. Gleichzeitig muss die Finanzierung des Deutschland-Tickets dauerhaft gesichert werden, um den Menschen Planungssicherheit zu geben – immerhin wohnen rund 20 Prozent der Nutzenden im ländlichen Raum. Für die Verkehrsunternehmen ist der Abbau der Bürokratie bei Förderanträgen und Beschaffungsprozessen entscheidend, damit wir den Ausbau beschleunigen. Wir brauchen effiziente Strukturen und verlässliche Rahmenbedingungen, um den ÖPNV im ländlichen Raum nachhaltig zu ermöglichen“, so Wortmann abschließend.

Das VDV-Positionspapier „Zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum. Sechs Schritte zu einem attraktiven öffentlichen Personenverkehr“ findet sich auf vdv.de/positionen.
Die VDV-Veranstaltung „ÖPNV im ländlichen Raum – Potenziale, Erkenntnisse und neue Wege“ findet vom 15. bis 16. Mai 2025 in Hannover statt.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV) - Hauptstadtbüro Berlin, Lars Wagner, Pressesprecher(in), Leipziger Platz 8, 10117 Berlin, Telefon: 030 399932-0

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