Pressemitteilung | Apothekerkammer Nordrhein KdÖR

500 Apotheker informierten sich über die Eckpunkte der geplanten Gesundheitsreform / „Wir befinden uns in schwerer See“

(Düsseldorf) - „Wir befinden uns in schwerer See, aber noch ist nichts verloren. Jetzt müssen wir zusammenstehen und unsere Unabhängigkeit verteidigen.“ Mit beschwörenden Worten appellierte Friedemann Schmidt an die Solidarität der nordrheinischen Apotheker. Rund 500 von ihnen waren in das Congress Center Süd in Düsseldorf gekommen, um vom Vize- Präsidenten der ABDA erläutert zu bekommen, wie die bundespolitischen Vertreter des Berufsstandes auf die Eckpunkte der geplanten Gesundheitsreform reagieren wollen. Nach einer zum Teil kontroversen Diskussion einigte man sich am Schluss auf eine gemeinsame Resolution mit konkreten Forderungen an die Bundesregierung. Die Resolution wurde ohne Gegenstimmen angenommen.

Friedemann Schmidt kritisierte die geplante Gesundheitsreform und verurteilte vor allem, dass die Freiheit der Apotheker massiv beschnitten werden soll. „Freiheit und Unabhängigkeit sind aber essenziell, um unsere Fachkompetenz wirklich einsetzen zu können. Ansonsten werden wir zu bloßen Erfüllungsgehilfen.“ Die Gesundheitsreform sei als Tiger gestartet und als Bettvorleger geendet. „Sie ist zu einer Notverordnung geschrumpft.“ Auf diese Weise befinde sich das Gesundheitssystem auf dem Weg zu einem staatlichen Gesundheitswesen. Dies führe zur Entmachtung des Berufsstandes. Als zentralen Punkt, an dem gespart werden soll, machte er die Arzneimittelversorgung aus. Die Eckpunkte sehen vor, dass Apotheker direkt mit den Herstellern über Arzneimittelpreise verhandeln und der GKV dabei jährlich 500 Millionen Euro einsparen sollen. Gelingt das im Jahr 2007 nicht, sollen die Apotheker die Differenz als Rabatt begleichen. Sie sollen zugunsten der Kassen 500 Millionen Euro sparen – zur Not aus der eigenen Tasche. „Das ist völlig inakzeptabel“, so Schmidt. Darin waren sich wohl alle Anwesenden einig. Die geplanten Einsparungen wurden als „enteignungsgleicher Eingriff“ in das Privatvermögen der Apothekerinnen und Apotheker und ein nicht hinzunehmendes „Sonderopfer“ gewertet.

Die Frage der Arzneimittelsicherheit sei bisher völlig ignoriert worden, so Schmidt weiter. Außerdem beklagte der Vize-Präsident der ABDA die asymmetrischen Informationsvorgaben: So sollen die Apotheker die Krankenkassen über Preisvorteile informieren, eine umgekehrte Informationsweitergabe sei aber nicht erforderlich. Die Eckpunkte seien interpretationsbedürftig und verrieten eine vage, unkonkrete Regelungsvorstellung.

Die ABDA unterstütze die Bundesregierung zwar in ihrem Vorhaben, die Stabilität des Gesundheitssystems zu erhalten, das Verfahren sei allerdings äußerst kritikwürdig. „Die bisherigen Eckpunkte stellen einen katastrophalen Rückschritt dar. Wir werden reduziert auf eine Krämerrolle.“ Stattdessen fordert die ABDA von der Bundesregierung den Erhalt der einheitlichen Apothekenvergütung. Eine Freigabe ginge zu Lasten des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit. Friedemann Schmidt betonte, dass die Eckpunkte noch nicht als Gesetzesentwurf vorlägen. Somit sei noch die Chance gegeben, die aus Sicht der Apothekerschaft entscheidenden Kritikpunkte zum Eckpunktepapier zu entschärfen.

Zuvor hatte bereits Kammerpräsident Lutz Engelen auf die großen Leistungen der Apothekerschaft verwiesen. „Wir deutschen Apothekerinnen und Apotheker haben viel zu bieten. Trotz der sinkenden Roherträge im GKV-Markt haben wir es geschafft, die OTCPreise auf einem niedrigen und für jedermann und zu jederzeit erschwinglichem Niveau zu halten.“ Engelen sprach unter anderem auch die Vorschläge und Modelle innovativer Versorgungsformen wie die Integrierte Versorgung und das Hausapothekenmodell an. „Wir wollen auch weiterhin Verantwortung übernehmen“, kündigte er an. Dies gelinge aber nur, wenn man mit einheitlicher Stimme spreche. „Bei allem Förderalismus benötigt man in diesen Zeiten mehr denn je eine schlagkräftige, effiziente Berufsvertretung.“

Gerade diese Schlagkraft wurde von einigen Apothekern allerdings angezweifelt. „Die ABDA ist hilflos. Die ABDA muss endlich auf den Tisch hauen“, hieß es. Streikaufforderungen wurden laut. Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverband Nordrhein e.V., versuchte daraufhin deutlich zu machen, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt für den Abbruch des Dialogs mit der Regierung sei. „Wir müssen jetzt im Gespräch bleiben und versuchen, jeden Politiker in Einzelgesprächen umzudrehen.“ Dazu erbat er auch die Hilfe jeden einzelnen Apothekers. „Nutzen Sie die Zeit, um mit den Politikern ihres Wahlkreises zu diskutieren.“ Friedemann Schmidt versprach, in den nächsten Tagen und Wochen alles dafür zu tun, die Botschaften der Apotheker auch in die Köpfe der Politiker hinein zu bekommen. „Die Apothekerschaft ist eine heilberufliche Institution und durch nichts zu ersetzen.“

Gemeinsame Resolution der nordrheinischen Apotheker (Zentrale Aspekte) Die Apotheker fordern die Bundesregierung auf, - den freien Heilberuf „Apotheker“ auch zukünftig weiter zu stärken - sich der fachlichen und wirt schaftlichen Kompetenz der Apotheker weiter zu bedienen - am Prinzip des an die Approbation gebundenen Besitzes von einer Apotheke festzuhalten. Es ist völlig unverständlich, dass die Apotheken jetzt vor die Alternative gestellt werden sollen, entweder über mit der Industrie auszuhandelnde Rabatte für Einsparungen von 500 Millionen Euro zu sorgen, oder diese Summe durch eine Erhöhung des Zwangsrabattes zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen zu leisten. Wir lehnen einen solchen enteignungsgleichen Eingriff in das Privatvermögen der Apothekerinnen und Apotheker entschieden ab, weil wir nicht Verursacher der Kosten sind.

Wir fordern den Gesetzgeber weiter auf, die Arzneimittelpreisverordnung (für verschreibungspflichtige Arzneimittel) nicht auf Höchstpreise umzustellen. Wir plädieren vielmehr dafür, aus Gründen des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit, den einheitlichen Abgabepreis auch für apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wieder in die Arzneimittelpreisverordnung mit aufzunehmen. Die Apotheker fordern den Gesetzgeber auf, sowohl am Prinzip des an die Approbation gebundenen Besitzes von einer Apotheke festzuhalten als auch die erkennbaren, System zerstörenden Elemente des organisierten Versandhandels mit Arzneimitteln im Sinne einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung zu unterbinden.

Nur ein freier persönlich verantwortlicher und persönlich voll haftender Heilberuf kann die am Gemeinwohl orientierte Arzneimittelversorgung garantieren. Die komplette Resolution ist im Internet nachzulesen: www.apotheker-nordrhein.de (Startseite rechts oben).

Quelle und Kontaktadresse:
Apothekerkammer Nordrhein, Körperschaft des öffentlichen Rechts Dr. Franz-Josef Schulte-Löbbert, Geschäftsführer Poststr. 4, 40213 Düsseldorf Telefon: (0211) 83880, Telefax: (0211) 8388222

NEWS TEILEN: