Pressemitteilung | IG BCE - Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie - Bundesgeschäftsstelle

3,3 Prozent mehr Entgelt

(Lahnstein) - Das Tarifpaket 2002 für die chemische Industrie ist geschnürt. Nach einem zweitägigen Verhandlungsmarathon einigten sich IG BCE und Chemie-Arbeitgeber am 19. April auf eine Erhöhung der Entgelte um 3,3 Prozent. Der 1987 vereinbarte Bundesentgelttarifvertrag wurde modernisiert und strukturell verbessert. Diesen Bereich berechnet die IG BCE mit 0,3 Prozent, das Gesamtvolumen des Abschlusses beträgt also 3,6 Prozent. Außerdem ist die Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmenserfolg neu geregelt. Das gefundene Modell ist das erste seiner Art in einem großen Flächenvertrag. Schließlich haben IG BCE und Chemie-Arbeitgeber vereinbart, ihre Ausbildungsplatzinitiative fortzusetzen. Die Vertragsparteien erwarten, dass die Auszubildenden nach der Abschlussprüfung übernommen werden.

IG-BCE-Verhandlungsführer Werner Bischoff: "Das ist ein gutes, chemiespezifisches Ergebnis. Die Prozentzahl kann sich sehen lassen, die Tarifreform ist substantiell voran gebracht und wird fortgesetzt, die Ausbildungsplatzinitiative trägt Früchte und schließlich haben wir auch die Beteiligungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer am Unternehmenserfolg verbessert. Natürlich mussten wir auch Federn lassen, insgesamt jedoch ist der Kompromiss tragfähig. Der Abschluss 2002 steht in der guten Tradition der innovativen Chemie-Tarifpolitik."

Das Ergebnis im Einzelnen:

Entgelte und Ausbildungsvergütungen

Die Entgelte werden für den ersten Monat pauschal um 85 Euro erhöht. Ab dem zweiten Monat beträgt die Erhöhung 3,3 Prozent für weitere zwölf Monate. Die Ausbildungsvergütungen werden um 23 Euro angehoben. Der Laufzeitbeginn ist traditionell regional unterschiedlich. In Rheinland-Pfalz, Hessen, und im Tarifbezirk Nordrhein gilt der neue Vertrag rückwirkend vom 1. März 2002; in Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen/Bremen, Schleswig-Holstein/Hamburg und Berlin (West) rückwirkend vom 1. April 2002; im Saarland gilt der neue Vertrag vom 1. Mai 2002 an.

Modernisierung Bundesentgelttarifvertrag
Der Bundesentgelttarifvertrag (BETV) wurde 1987 vereinbart und 1988 in Kraft gesetzt. Die technische Entwicklung und die Veränderung der Arbeitsorganisation sind seither nicht stehen geblieben. Berufsbilder haben sich geändert oder sind ganz weggefallen, andere sind neu entstanden. Diesem Wandel haben IG BCE und Arbeitgeber Rechnung getragen und Richtbeispiele und Oberbegriffe im BETV auf die Höhe der Zeit gebracht. Die Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags ist noch nicht abgeschlossen. Die Tarifvertragsparteien haben vereinbart, die gemeinsamen Anstrengungen in den nächsten zwölf Monaten fortzusetzen. Dabei geht es insbesondere um den Ausbau der Durchlässigkeit zwischen den Entgeltgruppen und um den Fragenkomplex leistungsbezogener Entgeltsysteme.

Umwandlung Entgeltgarantie
Der BETV fasst die früheren Lohn- und Gehaltsgruppen in 13 Entgeltgruppen zusammen. In den Gruppen E5 bis E8 gibt es zusätzlich zum Tarifentgelt eine Entgeltgarantie. Die Entgeltgarantie beträgt in der Spitze 20 Prozent des Tarifentgelts; sie ist dynamisch, d.h. sie wächst automatisch mit jeder prozentualen Erhöhung des Tarifentgelts mit. Die Entgeltgarantie diente bei der Einführung des BETV 1988 dazu, das zum Teil sehr hohe Lohn-Gehalt-Gefälle bei vergleichbaren Tätigkeiten im gewerblichen und Angestelltenbereich zu überbrücken und dann einzuebnen. Die Entgeltgarantie wurde von beiden Tarifpartnern stets als ein Zwischenschritt zu einer runden, systemgerechten Lösung gesehen. IG BCE und Arbeitgeber haben jetzt vereinbart, die Entgeltgarantie in das normale Tarifentgelt zu überführen. Die Vereinbarung ist nicht einfach eine technische Umformulierung des bestehenden Zustands, sie hat auch materielle Auswirkungen. Die Berechnung von Zulagen ist an das Tarifentgelt gekoppelt, die Entgeltgarantie blieb bislang außen vor. Künftig wird die Entgeltgarantie mit berechnet, Folge: Die Zulagen steigen, davon profitieren insbesondere die Arbeitnehmer in vollkontinuierlicher Schichtarbeit. Die Umwandlung der Entgeltgarantie in normales Tarifentgelt geht nach Berechnung der IG BCE mit 0,3 Prozent in das Gesamtvolumen des Tarifabschlusses ein.

Beteiligung am Unternehmenserfolg / Tarifliches Optionsmodell
Die tarifliche Jahresleistung – das sogenannte 13. Monatseinkommen oder Weihnachtsgeld – beträgt in der chemischen Industrie 95 Prozent eines Monatsentgelts. Von diesem Grundmodell können Betriebsräte und Unternehmen auf freiwilliger Basis abweichen und eine Jahresleistung vereinbaren, die den Unternehmenserfolg berücksichtigt. Betriebsräte und Unternehmensleitungen können einen Prozentsatz festlegen, um den sich die Jahresleistung erhöht oder verringert. Die Abweichung nach oben darf maximal 30 Prozent, nach unten maximal 15 Prozent betragen. Die wirtschaftliche Situation ist unternehmensspezifisch nach betriebswirtschaftlichen Kennziffern zu bewerten. Die Tarifparteien haben dafür einen Kriterienkatalog entwickelt. Eine Betriebsvereinbarung zum Optionsmodell muss beim erstmaligen Abschluss eine Mindestlaufzeit von vier Jahren haben. Mit dieser Vereinbarung haben IG BCE und Chemie-Arbeitgeber tarifpolitisches Neuland erschlossen. Eine Voraussetzung für eine bessere Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmenserfolg ist jetzt installiert.

Ausbildungsplatzinitiative
Im Chemie-Tarifabschluss 2000 ist vereinbart, das Ausbildungsplatzangebot um 10 Prozent bis Ende 2002 zu steigern. IG BCE und Chemie-Arbeitgeber stellen fest, dass dieses Ziel bereits Ende 2001 deutlich übertroffen wurde. Angesichts der demografischen Entwicklung und des zunehmenden Fachkräftebedarfs geht es jetzt darum, den erreichten hohen Stand des Ausbildungsplatzangebots nachhaltig zu sichern. Dazu gehört auch, dass insbesondere diejenigen Betriebe, die bisher nicht ausbilden, im Interesse der Zukunftssicherung Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Die Tarifvertragsparteien erwarten, dass Auszubildende nach bestandener Abschlussprüfung für mindestens zwölf Monate übernommen werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Königsworther Platz 6 30167 Hannover Telefon: 0511/7631-0 Telefax: 0511/76 31-713

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