23. Ordentlicher Gewerkschaftstag der IG Metall in Frankfurt am Main / Hofmann kündigt Arbeitszeitkampagne und Einsatz für höhere Tarifbindung an
(Frankfurt am Main) - "Sicher, gerecht und selbstbestimmt - das ist unsere Orientierung für die Arbeit der Zukunft", sagte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, am Mittwoch vor den Delegierten des Gewerkschaftstages in Frankfurt. Eine radikale Modernisierung des Bildes von Arbeit sei erforderlich, um den Folgen der Digitalisierung, der Vielfalt der Lebenssituationen oder der zunehmenden Flexibilisierungsanforderungen Rechnung zu tragen.
Vor allem mit einer neuen Arbeitszeitkampagne zielt die Gewerkschaft dabei auf die Rückgewinnung der gewerkschaftlichen und der persönlichen Souveränität im Umgang mit der Zeit. "Jeder Beschäftigte soll einen durchsetzbaren Anspruch erhalten, um seine Arbeitszeit für Kinderbetreuung, Pflege oder Qualifizierung zeitweise zu verändern", sagte Hofmann. Die Beschäftigten würden mehr Rechte erwarten, um im Alltag ihre Arbeitszeit selbstbestimmt zu gestalten. Das reiche vom Recht auf mobiles Arbeiten bis hin zur Schichtgestaltung im Team. Zudem sei es skandalös, dass in vielen Betrieben Arbeitszeit verfalle - oder nicht einmal erfasst werde. "Wir holen uns die Zeit zurück - das wird das Ziel unserer Kampagne sein."
Dabei sei es eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Chancen auf eine sichere Arbeit mit verlässlichen Einkommen und beruflichen Entwicklungschancen allen Menschen offen stehen müssen. Dies beginne mit "einer Eindämmung des Niedriglohnsektors" und der Bekämpfung von Arbeitsverhältnissen zweiter Klasse.
Das zweite zentrale Anliegen der IG Metall ist, die Tarifbindung zu stärken, damit mehr Beschäftigte von tariflichen Regelungen profitieren. "Ohne stärkere Tarifbindung können wir weder der Ausbreitung prekärer Beschäftigung Grenzen setzen noch die Digitalisierung der Arbeitswelt gestalten", sagte Hofmann. Er forderte dazu auf, sich stärker für dieses Ziel zu engagieren. "Wir formulieren selbstbewusst: Die Zeit der schwindenden Tarifbindung ist vorbei!".
Das liege auch im Interesse der Arbeitgeber. "Arbeitgeber erkennen die Tarifbindung als attraktives Angebot in einem enger werdenden Fachkräftemarkt", sagte der IG Metall-Vorsitzende. Es gebe deshalb gute Chancen, den negativen Trend früherer Jahre umzukehren. Auch die Politik forderte er auf, die Bedingungen für die Tarifbindung zu stärken.
Hofmann plädierte für erweiterte Mitbestimmungsrechte und starke Arbeitnehmerrechte. "Nicht weniger, sondern mehr und an die Herausforderungen der Zukunft angepasste Mitbestimmung ist notwendig." Eine veränderte Arbeitsgesellschaft brauche erweiterte Mitbestimmungsrechte, vom Beschäftigtendatenschutz bis zu Werkverträgen.
Hofmann warb nachdrücklich für ein neues Leitbild für Wirtschaft und Gesellschaft, für einen "Sozialstaat 4.0". Auf den zentralen Feldern für den Zusammenhalt der Gesellschaft dürfe es keinen Unterbietungswettbewerb der Unternehmen, keine irrsinnigen Dumpingstrategien geben. "Wettbewerb um Innovation und Qualität ist notwendig - Umwelt, Klima und Arbeitsbedingungen müssen dem Wettbewerb entzogen werden."
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