Pressemitteilung | Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)

2001 ein herausforderndes Automobiljahr

(Frankfurt) - "Das Automobiljahr 2001 wird ein herausforderndes, aber gewiss kein schlechtes Jahr werden." Dies ist die anlässlich der Jahrespressekonferenz des Verbandes der Automobilindustrie am 31. Januar 2001 in Frankfurt am Main geäußerte zusammenfassende Kennzeichnung des Automobilgeschehens. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass auf einzelnen Märkten Beruhigungstendenzen herrschten. Es werde deutlich, dass die Zentren der Dynamik wechselten und sich die Absatzgewichte der einzelnen Regionen verschieben würden. So dürfte der amerikanische Markt für Pkw und light trucks von 17,4 Mio. auf knapp 16 Mio. Einheiten deutlich zurückgehen. Dagegen böten Märkte wie Asien, insbesondere die Türkei, Brasilien aber auch Osteuropa Ausgleichspotenzial. In Deutschland rechnet der VDA mit 3,5 Mio. Pkw-Neuzulassungen, nachdem im Jahr 2000 3,38 Mio. Pkw abgesetzt werden konnten. Der Export werde bei 3,3 bis 3,4 Mio. Pkw liegen und ein kräftiger Absatzmotor bleiben. Insgesamt werde der Wettbewerbsdruck aber härter. Der Wettlauf um Marktanteile, aber auch um neueste Technologien nehme an Intensität zu. VDA-Präsident Bernd Gottschalk: "Wer über Patente und Talente verfügt, hat die Nase vorn." Auch wenn ein derzeit gespaltener Markt Premiumhersteller eher begünstige als Volumenhersteller, werde die Notwendigkeit kostensenkender Restrukturierungsmaßnahmen für alle zum ständigen Begleiter im Automobilgeschäft. "Heute stehen Prozessoptimierung, Produktivitätsverbesserung und Kostensenkung bereits bei hohem Absatzniveau und nicht - wie früher - erst in einer Krise auf der Tagesordnung", so Gottschalk weiter.

Die Zulieferunternehmen der deutschen Automobilhersteller würden immer stärker zur Rückversicherung für den Erfolg dieser Branche. Die deutschen Zulieferer stellten sich dem Wettbewerb, und sie verschlössen sich auch nicht der Suche nach neuen Kostensenkungspotenzialen. "Das sollte", so Gottschalk, "gemeinsam und im Konsens geschehen und den Zulieferern vor allem nicht die Luft zum Atmen nehmen".

Sorge bereite der amerikanische Markt. Dabei werde der derzeitige Lagerabbau zunächst zu weitaus höheren Rücknahmen bei der Produktion als bei der Marktnachfrage führen. Produktionsabsenkungen um 20 Prozent, wie in den letzten Monaten, brächten Anpassungen bei Kapazitäten und Personal mit sich, die die marktbedingten zyklischen Ausschläge noch verschärften. Wenn weitere Zinssenkungen folgen und die angekündigten Steuersenkungen greifen würden, kämen auch wieder andere Zeiten. Im Augenblick habe allerdings Pessimismus in den USA Hochkonjunktur, den Gottschalk aber insofern für überzogen hält, als auch 16 Millionen Pkw und light trucks einen noch stattlichen Absatz darstellen. Die deutschen Hersteller seien derzeit nicht nur nicht vom US-Virus befallen, im NAFTA-Markt legten sie zur Zeit sogar noch zu. Im Jahr 2000 seien insgesamt 854.000 Fahrzeuge deutscher Marken in den USA abgesetzt worden (+ 14 Prozent). Der Marktanteil deutscher Pkw sei auf 8,7 Prozent gestiegen. "Es gibt keinen plausiblen Grund dafür", so der VDA-Präsident, "dass sich der Detroit-Infekt des US-Marktes zu einem globalen Virus ausbreitet".

Insbesondere beim immer noch hohen Dollar gegenüber dem Euro und dem Modell-Mix mit Schwerpunkt auf den Premiumprodukten bleibe der US-Markt - auch ertragsseitig - ein wichtiger Stabilisator, der manche Ertragsdelle an anderer Stelle abzufedern helfe. In Westeuropa erwarte der VDA einen nur leichten Marktrückgang. Gottschalk: "Damit spielt die Musik auch weiterhin im Export." Die deutschen Konzernmarken hätten inzwischen einen Anteil am gesamten westeuropäischen Automobilmarkt von 45 Prozent erobert. Nahezu jeder zweite Pkw in Westeuropa trage ein deutsches Markenzeichen. Der Export insgesamt habe 3,5 Mio. Einheiten betragen.

Der deutsche Pkw-Markt werde vermutlich auch in diesem Jahr das eine oder andere Rätsel aufgeben. Dennoch sprächen viele rational nachvollziehbare Gründe für einen wenn auch moderaten Wiederanstieg. Der Auftragsbestand betrage rund 450.000 Pkw. Der saisonbereinigte Pkw-Auftragseingang aus dem Inland sei in den letzten beiden Monaten mit je +3 Prozent wieder steigend. Die Steuerreform werde die privaten Haushalte und die Unternehmen kräftig entlasten. Dem stünden steuerliche und ölpreisbedingte Mehrbelastungen gegenüber. Allerdings verbleibe eine beträchtliche Nettoentlastung. Auch sei die Lieferbereitschaft bei Dieselfahrzeugen gestiegen. Schon im Jahr 2000 hätten die Diesel-Zulassungen um 20 Prozent zugenommen. Der Produktionsanteil liege inzwischen bei 35 Prozent.

Die neuen Dieselmotoren erwiesen sich für die deutschen Hersteller und ihre Zulieferer als Wettbewerbsvorsprung. "84 Prozent aller in Deutschland neu zugelassenen Diesel-Pkw kommen von deutschen Marken!" Auch das Gebrauchtwagengeschäft habe sich ein gutes Stück normalisiert, und schließlich sollten neue, volumenträchtige Modelle wieder stärkere Kaufimpulse ermöglichen. "Die rückläufigen Pkw-Zulassungen im Inland im letzten Jahr haben den Blick dafür verstellt", so Gottschalk, "dass Qualitätszuwächse die Quantitätsrückgänge mehr als ausgeglichen haben". Der Inlandsumsatz sei noch um 2 Prozent gestiegen. Insgesamt sei der Umsatz um 9 Prozent auf 368 Mrd. DM geklettert.

Angesichts dieser Perspektiven zeigte sich Gottschalk zuversichtlich, dass die Pkw-Produktion auch in diesem Jahr auf einem hohen Niveau verbleiben werde. "Windrichtung und Windstärke werden sich für unsere Fahrt im Automobilgeschäft zwar verändern, bei leicht rückläufigen Exporten und leicht steigendem Inlandsmarkt stehen aber die Chancen gut, wieder eine Fertigung von rund 5 Mio. Pkw im Inland zu erreichen." Davon würden jedoch nicht alle Unternehmen in gleichem Maße profitieren. Einige Unternehmen würden auch gravierende Anpassungs- und Erneuerungsmaßnahmen durchführen müssen. Insofern werde das Automobiljahr 2001 ein Jahr harter Arbeit. Gewinner werde der Kunde sein; für ihn werde sich das Preis-/Leistungsverhältnis weiter verbessern, wenngleich ihn natürlich die höheren Kosten der Nutzung des Automobils treffen würden.

Das Automobiljahr 2000, das schon einige Überraschungen parat hatte, sei, so Gottschalk, besser als sein Ruf gewesen. "Am erfreulichsten für mich ist, dass es der deutschen Automobilindustrie möglich war, im vergangenen Jahr 27.000 neue Stellen zu schaffen." Zum Jahresende seien 754.000 Menschen in dieser Branche beschäftigt gewesen. Die Pkw-Produktion sei mit über 5,1 Mio. Einheiten zwar um 3 Prozent niedriger als 1999, bereinigt um den VW-Effekt aber zum dritten Mal nacheinander auf einer Höhe, von der man vor Jahren nur hätte träumen können. Die Nutzfahrzeugfertigung in Deutschland sei sogar um 4 Prozent auf 395.000 Einheiten gestiegen, in den ausländischen Werken um 2 Prozent. Die Pkw-Produktion deutscher Marken im Ausland sei um 21 Prozent gestiegen. "Der Pkw-Export hat mit 3,5 Mio. Einheiten selbst optimistische Prognosen noch übertroffen." Der Anteil der Importeure läge bei knapp 34 Prozent. Ziehe man allerdings die deutschen Konzernmarken ab, betrage ihr Anteil lediglich 29 Prozent. Damit entfielen 71 Prozent des deutschen Marktes auf deutsche Konzernmarken. Zwar sei die Entwicklung der Stückzahlen rückläufig gewesen, doch habe sich der durchschnittliche Wert der in Deutschland abgesetzten Pkw um 10 Prozent erhöht.

Der VDA, der am 19. Januar 2001 seinen 100. Geburtstag in Eisenach feierte, stellte mit Befriedigung fest, dass man sich bei Regierung und Opposition mit seinen Anliegen gut aufgehoben fühle. Dennoch gebe es einige Punkte, die Sorge bereiteten. So könne man z. B. froh sein, dass bei der jetzt in Kraft getretenen dritten Stufe der Ökosteuer nicht erneut durch ein Zusammentreffen mit hohen bzw. steigenden Barrelpreisen eine Schockwirkung ausgelöst worden sei.

Der VDA versicherte abermals, dass der Prozess der Kraftstoffverbrauchsminderung in Deutschland längst seine Eigendynamik entwickelt habe. "Einer Nachhilfe mittels Strafsteuern bedarf es nicht." Mit einer erneuten Absenkung des Kraftstoffverbrauchs der Neufahrzeuge um 3 Prozent im vergangenen Jahr habe die deutsche Automobilindustrie bereits 70 Prozent ihres freiwilligen Einsparziels von 25 Prozent bis 2005 realisiert. So gewännen auch Kleinwagen an Boden; ihr Anteil an den Neuzulassungen sei gegenüber dem Vorjahr um einen Prozentpunkt auf 17 Prozent gestiegen. Gottschalk: "Die Verfügbarkeit schwefelfreien Benzins und Diesels würde dem Prozess der Kraftstoffeinsparung und Emissionsabsenkung neue Schubkraft verleihen können, wenn die Bundesregierung auf die steuerliche Entlastung schwefelfreier Ware setzen würde." Auch der Abschluss des Notifizierungsverfahrens für die Förderung schwefelfreien Kraftstoffs in Brüssel sei überfällig.

Die Altautorichtlinie beschäftige die Automobilindustrie nach wie vor intensiv. Dabei sei ihre ökologische Umsetzung nicht das Thema. "Die stand für uns nie in Zweifel", so Gottschalk. Ein Gesetz mit rückwirkender Verpflichtung zur kostenlosen Rücknahme von längst in den Verkehr gebrachten Fahrzeugen ohne gleichzeitige Rückstellungsmöglichkeiten bleibe ein Stein des Anstoßes, rechtlich umstritten und zweifelhaft. Ob sie einer rechtlichen Überprüfung, die Gottschalk nach wie vor nicht für ausgeschlossen hält, standhalten werde, bleibe eine offene Frage. Neue Unsicherheiten seien dadurch aufgetreten, dass Wirtschaftsprüfer Rückstellungen für erforderlich hielten, während die Bundesregierung diese erst nach Konkretisierung in einem nationalen Umsetzungsgesetz 2001 oder 2002 steuerlich zulassen wolle. Es sei nicht auszuschließen, dass Unternehmen umgehend Rückstellungen bilden würden und sie steuerlich geltend machten. "Ich schließe auch nicht aus, dass sich dann die Finanzgerichte damit beschäftigen müssen. Vorschriften des Handelsrechts und die der steuerlichen Bilanzierung dürfen nicht auseinanderdriften." Auch sei noch festzulegen, ob und in welchem Umfang Dritte an diesen Entsorgungskosten zu beteiligen seien.

Als wichtigen Schritt für die Attraktivität des Standortes Deutschland wertet der VDA die von der Bundesregierung vorgenommene und die Investitionsbedingungen verbessernde Reform der Unternehmensbesteuerung. Allein in Deutschland habe die Automobilindustrie in den letzten fünf Jahren 90 Mrd. DM investiert. Um so mehr müsse darauf geachtet werden, dass ausländische Investoren mit Argusaugen verfolgten, ob sich der Entwurf des Betriebsverfassungsreformgesetzes tatsächlich darauf beschränke, die bewährten Grundsätze des unternehmensinternen Interessenausgleichs an die zunehmende Veränderung der Arbeitswelt anzupassen. "Wir sollten den Deregulierungskurs fortsetzen und keine bürokratischen Hemmnisse aufbauen", so Gottschalk.
Mit Blick auf die mittelständische Industrie hob Gottschalk die vom Finanzminister vorgenommene erhebliche Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen hervor und bezeichnete diese als mittelstands- und wachstumsfeindlich. "Wir setzen auf die Zusage des Bundeskanzlers, die Gegenfinanzierung der Steuerreform durch verlängerte Abschreibungsfristen auf max. 3,5 Mrd. DM zu begrenzen. Eine rasche Korrektur der zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Abschreibungstabellen würde als Signal für den Mittelstand gewertet."

Gegenüber den von der Kommission in Brüssel geäußerten Überlegungen zur Zukunft der Gruppenfreistellungsverordnung hob der VDA die Bedeutung des Prinzips der Exklusivität und Selektivität auf Basis der herstellergebundenen Vertriebsnetze mit ihren positiven Wirkungen für die Verbraucher hervor. "Wir werden große Anstrengungen unternehmen, die Politik von der Zukunftsträchtigkeit dieses Vertriebssystems zu überzeugen."

Bei richtiger Weichenstellung könnten all diese Themen nach Ansicht des VDA dazu beitragen, dass sich diese Schlüsselindustrie am Standort Deutschland positiv weiterentwickeln kann. Die IAA Pkw, für die Frankfurt den Zuschlag bis 2005 erhalten habe, werde vom 13. bis 23. September 2001 ein weiteres Mal unter Beweis stellen, dass die deutschen Automobilhersteller und ihre leistungsfähige Zulieferindustrie auch künftig Motor des automobilen Fortschritts blieben. Gottschalk: "In dieser Industrie ist keine Spur von Pessimismus."

Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) Westendstr. 61 60325 Frankfurt Telefon: 069/975070 Telefax: 069/97507261

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