Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

166 Milliarden Euro für Familienpolitik / 25 Prozent der Alleinerziehenden beziehen Sozialhilfe

(Köln) - Auf dem Feld der Familienpolitik ist im Wahlkampf gut Stimmen sammeln. Alle Parteien sind sich einig, dass die Familie gefördert gehört und in dieser Hinsicht im Moment zu wenig geschieht. Bevor die Politiker die öffentlichen Schatullen aber weiter öffnen, sollten sie sich erst einmal klar machen, mit welchen Summen der Staat Müttern, Vätern und Kindern schon heute unter die Arme greift – denn das sind Milliardenbeträge.

Pünktlich zum Wahltermin haben die Politiker die Familien wieder entdeckt: Die CDU will Familien je Kind monatlich 600 Euro so genanntes Familiengeld zahlen. Die Grünen fordern eine Grundsicherung für die Kinder von Eltern mit niedrigem Einkommen, die SPD verspricht, Kindergärten und Ganztagsschulen auszubauen.

Erklärlich ist dieser familienpolitische Aktivismus durchaus. Die Institution Ehe gerät aus den Fugen, immer weniger junge Leute sagen „ja“ zum Ehebund und zum Kind. Gleichzeitig sind Mütter immer besser ausgebildet und wollen sich immer seltener ganz auf Heim und Herd beschränken. Alleinerziehenden bleibt dabei oft nur die Wahl zwischen Scylla und Charybdis – entweder sie gehen arbeiten und müssen die Kinderbetreuung für viel Geld anderweitig organisieren, oder sie bleiben zu Hause. Viele sind in diesem Fall auf Sozialhilfe angewiesen:

Inzwischen beziehen fast 25 Prozent der Alleinerziehenden Sozialhilfe, im Jahr 1991 waren es erst 19,5 Prozent.

All das rechtfertigt in den Augen der Politiker, Familien mit Kindern das Leben leichter zu machen – zumal diese für die künftigen Beitragszahler in den Sozialversicherungen sorgen, was angesichts des demographischen Wandels nötiger ist denn je. Häufig wird argumentiert, dass dabei die Balance nicht stimme. So würden die Familien insgesamt wesentlich mehr materiellen Nutzen stiften, als ihnen umgekehrt Geld vom Staat zufließe. Das ist allerdings gar nicht so wenig. Eine neuere Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft kommt auf ein erkleckliches Sümmchen für die „Keimzelle der Gesellschaft“:

Die familienpolitischen Leistungen des Staates beliefen sich demnach im Jahr 2001 auf fast 166 Milliarden Euro oder 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Bundesbank greift nicht ganz so hoch. Ihren Angaben zufolge waren es vor zwei Jahren etwas mehr als 150 Milliarden Euro. Ob Kiel oder Bundesbank – die Hilfen für die Familien beschränken sich nicht nur auf das Kindergeld:

Realtransfers: Hierunter fallen alle Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden für Kindergärten, Schulen oder Jugendzentren – in 2001 waren das rund 63 Milliarden Euro.

Steuererleichterungen: Dazu zählen neben dem Kindergeld die Kinderfreibeträge in der Einkommensteuer oder etwa eine spezielle Kinderkomponente bei der Eigenheimförderung. Die Kieler Forscher rechnen zu diesem Posten auch das Ehegattensplitting. Insgesamt profitierten die Familien zuletzt von Steuererleichterungen in Höhe von fast 61 Milliarden Euro. Noch fast 38 Milliarden Euro sind es ohne das Ehegattensplitting – das zwar auch den Familien zugute kommt, dessen eigentlicher Zweck jedoch darin liegt, die Aufteilung von Erwerbs- und Hausarbeit zwischen Ehegatten frei von steuerlichen Erwägungen zu machen (vgl. iwd Nr. 30/2002).

Monetäre Transfers: Das sind unter anderem das Erziehungsgeld, die Familienzuschläge im Öffentlichen Dienst und kinderbezogene Elemente in der Sozialhilfe – unterm Strich waren das im Jahr 2001 knapp 31 Milliarden Euro. Sozialversicherungsleistungen: Den dicksten Posten macht hier die beitragsfreie Mitversicherung nicht erwerbstätiger Familienmitglieder in den gesetzlichen Krankenkassen aus. Darüber hinaus zahlt die Krankenversicherung noch Mutterschaftsgeld, und in der Rentenversicherung sind Zahlungen für Waisenrenten fällig. Summa summarum addieren sich diese Leistungen auf rund 11 Milliarden Euro.

Der Staat zahlt aber nicht nur selbst viel für die Familien, gleichzeitig schreibt er auch anderen ein familienpolitisches Engagement vor – so den Arbeitgebern. Diese müssen während der Mutterschutzfristen von beschäftigten Frauen das Entgelt weiter zahlen – im vergangenen Jahr immerhin 1,3 Milliarden Euro. Außerdem bieten sie noch freiwillige Kinderzulagen.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88 50968 Köln Telefon: 0221/49811 Telefax: 0221/4981592

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