Pressemitteilung | Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZDK)

ZdK-Präsident zu Hartz IV

(Berlin) - Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, hat die Zielsetzung des Hartz IV genannten Reformgesetzes begrüßt, gleichzeitig aber auch an zentralen Punkten Kritik geübt.

Vor dem Hauptausschuss des ZdK am Freitag, dem 10. September 2004 betonte er, dass das zentrale gesetzgeberische Motiv, die Eingliederungschancen der Leistungsempfänger in ungeförderte Beschäftigungen zu verbessern, unterstützt werden müsse. In der Tat sei eine Umstellung von der Versicherung gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit hin zu einer Vorsorge gegen Arbeitslosigkeit notwendig. Diese bedürfe aber eines strukturellen und mentalen Wandels bei allen Beteiligten, bei Arbeitnehmern wie Arbeitgebern, in der Politik und im Bildungswesen. Immer weniger plausibel sei auch die Parallelität zweier steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen, nämlich von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe.

Kritisch sieht der ZdK-Präsident, dass nach dem Inkrafttreten von Hartz IV Arbeitslose generell nur noch ein, höchstens anderthalb Jahre Anspruch auf eine Unterstützungsleistung haben, die sich am früheren Erwerbseinkommen orientiert. Durch die anschließend einsetzende, ausschließlich bedarfsorientierte Sicherung des Existenzminimums solle eine höhere Bereitschaft erreicht werden, vorhandene Arbeitsplätze auch anzunehmen. Meyer räumte ein, dass dies in einer Reihe von Fällen durchaus angebracht wäre. Dennoch sei ein solcher Zweck generell nur dann berechtigt, wenn eine hinreichende Anzahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung stünde. Davon könne bekanntlich aber keine Rede sein. In diesem Zusammenhang äußerte Meyer Verständnis für massive Proteste der Betroffenen, die einen ganz wesentlichen Grund in der Wirklichkeit hätten. Er forderte hierauf eine kombinierte sozial- und wirtschaftspolitische Antwort mit zusätzlichen und wirksamen Betreuungs- und Integrationsmaßnahmen. Als Missverständnis bezeichnete er es, zu glauben, Hartz IV könne auch einen Spareffekt haben.

Kritisch sieht der ZdK-Präsident auch die Erwartung, dass ein Bezieher des Arbeitslosengeldes II jeden Arbeitsplatz annehmen muss. Gewiss sei die Haltung nicht mehr gerechtfertigt, nur Arbeitsangebote zu akzeptieren, die im Charakter und im Einkommensniveau der früheren Beschäftigung entsprächen. Wenn jedoch Arbeitssuchende, ungeachtet ihrer Qualifikation, jeden Arbeitsplatz akzeptieren müssten, so sei dies nicht nur demütigend, sondern auch wirtschaftspolitisch unsinnig.

Weiter warnte Meyer vor den familienpolitischen Folgen von Hartz IV. Die Berücksichtigung des Ehepartners bei der Bedarfsermittlung werde entweder deren Motivation zur Erwerbstätigkeit beeinträchtigen oder dem Willen zur Bindung in einer Ehe entgegenwirken.

Ein weiterer Kritikpunkt des Präsidenten des ZdK bezieht sich darauf, dass junge Eltern keine Möglichkeit haben, für eine längere Arbeitslosigkeit vorzusorgen, weil die Arbeitslosenversicherung dies nur für einen Zeitraum von zwölf Monaten vorsieht. Das entspreche aber nicht der realen Gefährdung durch Arbeitslosigkeit, die leider sehr viel länger sein könne. Der Gesetzgeber werfe alle Arbeitssuchenden gleichermaßen nach zwölf Monaten auf die Grundsicherung zurück und belohne subsidiäre Eigenvorsorge mit Zuverdienstgrenzen und geschütztem Vermögen nur begrenzt.

Politisch verheerend ist nach Meyers Auffassung die Zweiteilung Deutschlands durch eine geringere Grundsicherung in den ostdeutschen Bundesländern. Dies könne nur systematisch, aber nicht durch die Realität gerechtfertigt werden. In diesem Zusammenhang stellte er die Frage, ob es nicht grundsätzlich richtiger gewesen wäre, wie auch bei anderen Regelleistungen im Sozialrecht, die Leistungssätze regional in ganz Deutschland zu differenzieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralkomitee der deutschen Katholiken Hochkreuzallee 246, 53175 Bonn Telefon: 0228/382970, Telefax: 0228/3829744

NEWS TEILEN: