Pressemitteilung | Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI)

Produktion legt deutlich zu / Stabile Beschäftigung im Jahresverlauf

(Frankfurt) - Die Produktionsentwicklung in der deutschen chemischen Industrie war im zweiten Quartal 2000 weiter aufwärts gerichtet, und zwar mit einer im Vergleich zum ersten Quartal höheren Dynamik. Ohne Berücksichtigung der Pharmasparte, für die derzeit keine plausiblen amtlichen Produktionsindizes verfügbar sind, lag die Chemieproduktion im zweiten Quartal um gut 2 Prozent höher als im ersten Quartal. Gegenüber dem zweiten Quartal des Jahres 1999 betrug das Plus 4,5 Prozent. Der Konjunkturaufschwung in der chemischen Industrie hat sich also im ersten Halbjahr 2000 mit hoher Dynamik fortgesetzt.

Entscheidend hierfür waren neben der weiterhin guten weltwirtschaftlichen Lage und der daraus resultierenden sehr guten Auftragslage aus dem Ausland der kräftige Aufschwung der deutschen Wirtschaft. Im ersten Halbjahr 2000 lag die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe Deutschlands um 6,8 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Aufschwung hat alle Bereiche des Verarbeitenden Gewerbes erfasst, neben den Vorleistungsgütern auch die Investitionsgüter, die Gebrauchs- und die Verbrauchsgüter.

Von der hohen Nachfrage in der deutschen Industrie profitiert auch die chemische Industrie, soweit sie Güter für die industrielle Weiterverarbeitung herstellt: Die Produktion chemischer Erzeugnisse zur Weiterverarbeitung legte im ersten Halbjahr um 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Dämpfende Einflüsse kommen derzeit lediglich aus dem Bauhauptgewerbe, wo die Produktion im ersten Halbjahr erneut um mehr als 4 Prozent unter dem bereits geringen Vorjahresniveau lag.

Verhalten ist bislang noch die Entwicklung des privaten Verbrauchs. Das Münchner ifo-Institut prognostiziert für 2000 eine Steigerung der privaten Konsumausgaben um real 2,3 Prozent und liegt damit am oberen Rand der von den Wirtschaftsforschungsinstituten zuletzt veröffentlichten Prognosen. Dass die Einzelhandelsumsätze nach der gleichen Prognose real nur um 0,5 Prozent zunehmen werden, zeigt, dass ein großer Teil dieses Zuwachses von Wirtschaftsbereichen wie dem Tourismus absorbiert wird und daher der chemischen Industrie nicht zugute kommt.

Die Produktion von Seifen, Wasch-, Reinigungs- und Körperpflegemitteln lag daher im ersten Halbjahr 2000 leicht unter dem Vorjahresniveau bei allerdings deutlich steigender Produktion im zweiten Quartal, in dem das Produktionsniveau des Vorjahres um rund 0,5 Prozent übertroffen wurde.
Überdurchschnittlich wuchs auch im zweiten Quartal die Produktion chemischer Grundstoffe, die gegenüber dem ersten Quartal noch einmal um knapp 2 Prozent zulegte und das Produktionsniveau der Monate April bis Juni 1999 um gut 5 Prozent übertraf. Innerhalb dieser Gruppe wiesen besonders die Farbstoffe und Pigmente, die Kunststoffe in Primärformen und die Produktion von synthetischem Kautschuk hohe Wachstumsraten auf.

Etwas abgeschwächt hat sich die Dynamik der Produktion von Anstrichmitteln, Druckfarben und Kitten, die im zweiten Quartal leicht unter dem Vorjahresniveau lag. Stark rückläufig ist die Produktion von Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmitteln, die im zweiten Quartal fast 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag.


Stabile Beschäftigung im Jahresverlauf

Im Mai waren in der deutschen chemischen Industrie rund 469.200 Menschen beschäftigt. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Rückgang um etwa 6.800 Mitarbeiter oder 1,4 Prozent. Seit Jahresbeginn ist die Beschäftigungssituation in der Branche jedoch weitgehend stabil geblieben. Etwa zwei Drittel des Rückgangs entfällt auf Arbeiter, ein Drittel auf den Angestelltenbereich.

In der Spartenbetrachtung verzeichneten die chemischen Grundstoffe mit einem Rückgang der Beschäftigungszahlen um gut 5.000 Mitarbeiter im Durchschnitt der ersten fünf Monate des Jahres den größten Anteil. Die Hersteller von Grundstoffen haben in den letzten Jahren große Anstrengungen unternehmen müssen, um sich im härter werdenden internationalen Wettbewerb behaupten zu können. Kostensenkungspotentiale müssen im Interesse einer Sicherung der Produktion am Standort Deutschland konsequent ausgeschöpft werden, was zum Teil auch zu sinkenden Beschäftigungszahlen führt.

Der Beschäftigungsrückgang in diesem Bereich ist zum weit überwiegenden Teil auf Maßnahmen zur Auslagerung von Unternehmensteilen zurückzuführen, geht also nicht auf das Konto „Arbeitslosigkeit“, sondern ist Folge notwendiger Umstrukturierungen. Die Alternative wäre der Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit in einer weitgehend globalisierten Branche und damit ein weitaus höherer Verlust an Arbeitsplätzen in Deutschland, als dies jetzt der Fall ist. Die Anstrengungen der Unternehmen zur Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland dienen deshalb auch der Sicherung von derzeit rund 175.000 Arbeitsplätzen allein in dieser Chemiesparte.

Neben den Grundstoffen sind die Chemiefaserhersteller in ähnlicher Weise von einem harten weltweiten Wettbewerb betroffen. Sie müssen sich gegen die Konkurrenz der Anbieter aus Fernost behaupten, die mittlerweile zwei Drittel des Weltmarktes beherrschen und mit erheblich geringeren Kosten produzieren können als die Wettbewerber in den Industrieländern.

Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund deshalb nicht so sehr die Tatsache, dass die Sparte heute 1.700 Mitarbeiter weniger beschäftigt als vor 12 Monaten, sondern vielmehr, dass sie noch immer mehr als 17.000 Arbeitsplätze in Deutschland bereitstellt.

Eine Bewertung der Entwicklung der Arbeitskosten am Standort Deutschland sollte diese Zusammenhänge nicht vernachlässigen. Nach jetzt vorliegenden Zahlen des BAVC betrugen die Jahresarbeitskosten je Beschäftigten in der deutschen chemischen Industrie 1999 knapp 119.000 DM. Die Kosten sind damit moderat um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, wobei die Personalzusatzkosten unterdurchschnittlich um 2,1 Prozent zunahmen. Allerdings beträgt der Anteil dieser Zusatzkosten an den Gesamtkosten noch immer fast 49 Prozent. Deutschland gehört mit Arbeitskosten von knapp 74 Mark je Beschäftigtenstunde zu den weltweit teuersten Chemiestandorten. Die hohen Personalkosten müssen durch eine entsprechend hohe Produktivität kompensiert werden, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Den Unternehmen ist dies mit ihren Mitarbeitern in der Vergangenheit gelungen, und es wird alles getan, damit dies auch in Zukunft so bleibt.


Ausblick: Auch zweites Halbjahr überwiegend positiv

Die deutsche chemische Industrie geht davon aus, dass sich der Aufschwung im zweiten Halbjahr fortsetzen, zum Teil aber etwas an Dynamik verlieren wird. Zwar sind die vom Münchner ifo-Institut ermittelten Werte für das Geschäftsklima in der westdeutschen chemischen Industrie seit April leicht rückläufig, liegen aber im Juni mit einem Wert von +19 noch immer deutlich im positiven Bereich. Zudem müssen die Ergebnisse des Konjunkturtests vor dem Hintergrund des inzwischen erreichten hohen Niveaus der Konjunkturindikatoren gesehen.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI) Karlstr. 21, 60329 Frankfurt Telefon: 069/25560 Telefax: 069/255614 71

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