Pressemitteilung | Lebensmittelverband Deutschland e.V.

Plattform "Topf Secret" (#topfsecret): Lebensmittelwirtschaft kritisiert scheinbare Transparenz

(Berlin) - Mit Blick auf die Plattform "Topf Secret" von Foodwatch und FragDenStaat, bei der Verbraucher Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants abfragen können, betont der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL), dass diese Auskunftsrechte nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) schon seit Jahren bestehen und auf einfache Weise genutzt werden können.

Sowohl bei solchen individuellen Auskunftsrechten als auch bei den geforderten weitergehenden Veröffentlichungen staatlicher Kontrollergebnisse sind zwingend die rechtstaatlichen Anforderungen zu beachten, wie bereits mehrfach von den Gerichten festgestellt wurde.

Der BLL bekräftigt außerdem seine Kritik an dem Modell eines bewertenden Smiley-Systems für Lebensmittelkontrollen. So sei zu bezweifeln, dass das dänische Modell aufgrund der höheren Zahl von Betrieben und fehlender personeller und finanzieller Ressourcen auf Seiten der amtlichen Lebensmittelüberwachung in Deutschland in rechtsstaatlich einwandfreier Weise zu betreiben ist. Dr. Marcus Girnau, stellvertretender BLL-Hauptgeschäftsführer, erläutert: "Die verpflichtende Veröffentlichung von behördlichen Kontrollergebnissen mit einer Smiley-Bewertung stellt einen gravierenden staatlichen Eingriff in den Wettbewerb dar, der die Entscheidung des Verbrauchers gezielt beeinflusst und erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen im Markt hat. Aufgrund der Wettbewerbsin-tensität eines solchen Informationsinstruments sind daher sehr hohe Anforderungen an dessen Ausgestaltung zu stellen".

Um aktuelle, vergleichbare und aussagekräftige Überwachungsergebnisse über den (Hygiene-)Status von Betrieben zu gewährleisten, sind schon aus Wettbewerbsgründen kontinuierliche, zeitlich eng getaktete Kontrollen aller Mitbewerber erforderlich. Ohne eine Änderung der derzeitigen Überwachungspraxis geht es nicht. Der Aussagewert eines mehrere Monate oder gar Jahre alten Kontrollbarometers ist für den Verbraucher mehr als fraglich. Ein solches System verspricht also nur scheinbare Transparenz.

"Über allem steht die Frage nach der Notwendigkeit eines solch öffentlichen Prangers. Das geltende, deutschlandweite Recht bietet den Überwachungsbehörden die notwendigen Instrumente, um auf (Hygiene-)Verstöße in angemessener Form zu reagieren. Dies reicht von der Möglichkeit effektiver persönlicher Sanktionen durch Geldbußen oder Strafen bis hin zu einer Betriebsschließung. Es sollten daher besser im Regelvollzug die personellen Ressourcen der Lebensmittelüberwachung gebündelt werden, statt zusätzliche Kontrollaufgaben zu verteilen", betont Dr. Girnau.

Auch das Bundesverfassungsgericht hatte letztes Jahr in seiner Entscheidung zu Namensveröffentlichungen im Internet betont, dass diese das Konsumverhalten der Verbraucher beeinflussen und mittelbar-faktisch die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der Unternehmen verändern und die Berufsfreit tangieren. Das Gericht wies daher darauf hin, dass der Veröffentlichung gerade von nicht endgültig fest-gestellten oder bereits behobenen Rechtsverstößen über das Internet eine potentiell hohe Grundrechtsbeeinträchtigung der betroffenen Unternehmen in Form eines erheblichen Verlusts des Ansehens und von Umsatzeinbußen bis hin zur Existenzvernichtung gegenübersteht.

Quelle und Kontaktadresse:
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL) Manon Struck-Pacyna, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit Claire-Waldoff-Str. 7, 10117 Berlin Telefon: (030) 206143-0, Fax: (030) 206143-190

(sf)

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