Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Kronzeugenregelung unnütz und riskant

(Berlin) - Der Deutsche Anwaltverein (DAV) spricht sich weiterhin gegen die Einführung einer allgemeinen Kronzeugenregelung im Strafgesetzbuch aus. Der zu erwartende Nutzen einer solchen Regelung für die Aufklärung oder Verhinderung schwerer Straftaten sei gering. Die Risiken für die Richtigkeit und Gerechtigkeit der Entscheidungen der Justiz, insbesondere die Gefahr von Falschbelastungen wäre dagegen erheblich. Schon heute gebe es Strafzumessungsbestimmungen des allgemeinen Strafrechts, die auf das Verhalten des Straftäters nach der Tat abstellen und somit eine Strafmilderung herbeiführen können. Auch die Aufnahme einer Kornzeugenregelung als besonderer, vom Gesetz hervorgehobener Milderungsgrund wird abgelehnt. Das Strafrecht müssen im Interesse von Wahrheit und Gerechtigkeit von möglichen Falschbelastungen freigehalten werden.

"Die jetzt diskutierten Vorschläge sind nichts anderes als alter Wein in alten Schläuchen," so Rechtsanwalt Dr. Stefan König vom Strafrechtsausschuss des DAV. Gerade auf dem Ge biet der Aufklärung terroristischer Straftaten habe sich die Kronzeugenregelung nicht bewährt. Die Anzahl ihrer Anwendungsfälle war bis zu ihrer Abschaffung am 31. Dezember 1999 verschwindend gering. Es sei auch kaum zu erwarten, dass Menschen, die bereit sind, ihr Leben in spektakulären terroristischen Anschlägen zu opfern, durch die Aussicht auf milde Bestrafung zum Ausstieg aus dem fanatisch - kriminellen Umfeld zu motivieren wären. "Im Übrigen entspricht es einer allgemeinen Erfahrung, dass Straftäter immer wieder ihre eigene Verantwortung entweder ganz leugnen oder auf andere abwälzen, um selbst einer Strafe ganz zu entgehen oder diese zu mildern," so König.

Der Fall eines "Kronzeugen" in einem gerade vor dem Kammergericht in Berlin verhandelten Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder "revolutionärer Zellen" zeige, dass zur "Belohnung" der Belastungsbereitschaft eine besondere Kronzeugenregelung gar nicht erforderlich ist. Jener "Kronzeuge" wurde für seine höchst umstrittenen Aussagen, mit denen er die jetzt Angeklagten schwer belastete, mit einer Bewährungsstrafe für seine eigene Beteiligung honoriert. Das Urteil gegen ihn stützte sich nicht auf die Kronzeugenregelung sondern auf die Strafzumessungsbestimmungen des allgemeinen Strafrechts. Sie ermöglicht schon jetzt eine Berücksichtigung des Verhaltens eines Straftäters nach der Tat. Dazu gehören auch Aussagen, die eine Aufklärung über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus ermöglichen.

Den neuen Dimensionen, krimineller, terroristischer Bedrohungen, die seit den Katastrophen des 11. September die Öffentlichkeit beunruhigen, ist nicht mit Methoden zu begegnen, die sich bereits in der Vergangenheit als ineffektiv und riskant erwiesen haben. Zu ihnen gehört die Kronzeugenregelung.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Littenstr. 11 10179 Berlin Telefon: 030/7261520 Telefax: 030/726152190

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