Pressemitteilung | Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH)

Konjunkturstärkung auch bei deutlich sinkenden Steuereinnahmen möglich!

(Berlin) - Zu der am Donnerstag vorgelegten Steuerschätzung mit der Prognose eines milliardenschweren Steuereinbruchs und zur aktuellen Diskussion um ein staatliches Konjunkturpaket erklärt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH):

"Damit Deutschlands Wirtschaft und das Handwerk nach dem beispiellosen Shutdown nicht dauerhaft angeschlagen bleiben, braucht es jetzt eine Konjunktur-Rehabilitation, damit die deutsche Wirtschaft wieder auf die Beine und ans Laufen kommt. Die Bundesregierung muss jetzt die richtigen Akzente setzen und entsprechend eines Dreiklangs aus nötigen Infrastrukturinvestitionen, Innovationsstärkung und Entlastung handeln, um der deutschen Wirtschaft den Neustart zu ermöglichen. Unter Einhaltung aller gesundheitlichen Erfordernisse wird es jetzt höchste Zeit, die Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland wieder zu stärken. Nur mit tatkräftigen Ansätzen lassen sich weitere Steuerausfälle verhindern und die Steuerbasis zügig wieder stabilisieren.

In der jetzigen Krisenphase müssen wir Betriebe und Unternehmen vor allem darin unterstützen, ihre Auftragslage schnellstmöglich zu stabilisieren. Aufträge sind das A und O des Neustarts! Unsere Betriebe wollen arbeiten. Privatleute wie die öffentliche Hand sind daher aufgerufen, an erteilten Aufträgen auf jeden Fall festzuhalten und wo immer möglich neue Aufträge zu erteilen. Der öffentlichen Hand kommt hier eine Vorbildfunktion zu, Aufträge keinesfalls zu verschieben oder zu stornieren, sondern im Gegenteil durch Auftragserteilung substanzielle Nachfrageimpulse zu geben. Besonders angesichts erster kommunaler Haushaltssperren ist es unabdingbar, dass Bund und Länder - wie in den Konjunkturpaketen 2008/2009 geschehen - nun Städte und Gemeinden in dieser Rolle stärken. Der krisenbedingte Digitalisierungsschub hat die Digitalisierungslücken gerade in Verwaltung und im Bildungsbereich umso deutlicher werden lassen. Deshalb braucht es einen Digitalisierungs-Investitionsschub, um die Digitalisierung von Verwaltung, Bildung und Wirtschaft maßgeblich voranzutreiben.

Darüber hinaus brauchen wir ergänzende staatliche Nachfrageimpulse. Die müssen branchenunabhängig die gesamte Breite der Volkswirtschaft erreichen und nicht auf einzelne Wirtschaftsbereiche zugeschnitten sein. Um den Neustart von Anfang an nachhaltig auszugestalten, sehen wir Ansatzpunkte für solche Nachfrageimpulse vor allem auch bei Maßnahmen zum Klimaschutz und zu einer schnelleren Umsetzung der Energiewende. Leitlinie hierfür muss jedoch der Grundsatz der Technologieoffenheit sein, damit kleine und mittelständische Unternehmen nicht von den Nachfrageimpulsen ausgeschlossen werden. Die Vielzahl energiespezifischer Förderansätze muss deutlich systematisiert und in der Umsetzung für die Betriebe vereinfacht werden.

Um ihre gesamte Kraft für einen gelingenden Neustart einsetzen zu können, benötigen die Betriebe jetzt dringender als schon zuvor eine "Belastungs- und Regulierungspause". Deutschland nimmt unter den Industrieländern bereits den Spitzenplatz bei der Steuer- und Abgabenlast ein. Doch diese Spitzenposition ist wahrlich kein Ruhmesblatt für Deutschland. Es ist daher das Gebot der Stunde, in Deutschland tätige Unternehmen und Betriebe zielgerichtet steuerlich zu entlasten und die Steuerbelastung wieder auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zurückzuführen. Dazu gibt es konkrete und verantwortungsbewusste Vorschläge des Handwerks. Ein wichtiger Schritt wäre etwa, einbehaltene Gewinne von Personengesellschaften praxisgerecht zu besteuern und die Anrechnung der Gewerbesteuer zu verbessern. Für alle Steuerpflichtigen muss es ein konkretes Ausstiegszenario aus dem Solidaritätszuschlag geben. Kurzfristig ist der eingeschlagene Weg der Verlustverrechnung auszubauen und fortzusetzen.

Darüber hinaus müssen Kostenbelastungen aus der Energiewende zügig gesenkt werden, beispielsweise indem die Stromsteuer auf ihr europarechtliches Minimum reduziert wird. Unhaltbar ist, dass der ohnehin belastete Mittelstand und die Privathaushalte die Rabatte bei der EEG-Umlage für Großverbraucher finanzieren. Dies muss stattdessen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Um die ab 2021 anstehende CO2-Bepreisung zu kompensieren, muss die EEG-Umlage endlich wie angekündigt reduziert werden.

Ungeachtet aller Neustart-Maßnahmen müssen die bereits auf den Weg gebrachten Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen fortgeführt und zielgerichtet nachgebessert werden.

Die erleichterte Stundungsmöglichkeit der Sozialversicherungsbeiträge für März und April war richtig und notwendig und hat den Betrieben etwas Luft zum Atmen verschafft. Die Einnahmesituation der Betriebe ist jedoch noch nicht deutlich besser, weshalb die Stundungserleichterungen auch für die Monate Mai und Juni gelten müssen. Wichtig wäre dabei, den Betrieben zu ermöglichen, die Beiträge flexibel und in Raten über einen längeren Zeitraum nachzuzahlen - etwa bis zu 12 Monaten und entsprechend der betrieblichen Möglichkeiten.

Die pauschalen Anhebungen des Kurzarbeitergeldes ab 50 Prozent Arbeitsausfall auf bis zu 87 Prozent des letzten Nettoverdienstes werden die Unternehmen und die Bundesagentur erheblich finanziell und administrativ belasten. Jede Ausweitung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung droht sich zudem langfristig beitragssatzsteigernd auszuwirken. Das würde gerade die personalintensiven Unternehmen des Handwerks zusätzlich belasten und muss verhindert werden. Für diejenigen Bereiche, die weiter unmittelbar oder mittelbar von Corona-bedingten Vorgaben zu Kontaktbegrenzungen betroffen sind, bleiben zudem weitere Liquiditätshilfen unabdingbar."

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH) Pressestelle Mohrenstr. 20/21, 10117 Berlin Telefon: (030) 20619-0, Fax: (030) 20619-460

(tr)

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