Pressemitteilung | VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. - Hauptgeschäftsstelle

Kernkraftwerke vor Terrorangriffen weitgehend sicher

(Düsseldorf) - Terror-Angriffe auf deutsche Kernkraftwerke mit der möglichen Folge eines Kernschmelzunfalls hält der VDI Verein Deutscher Ingenieure für sehr unwahrscheinlich. Im Vergleich mit anderen Industrieanlagen weisen Kernkraftwerke ein sehr hohes Sicherheitsniveau auf. Seit Einführung der Leitlinie 19.1 der Reaktorsicherheitskommission von 1974 wird für deutsche Kernkraftwerke auch der Schutz gegen Flugzeugabstürze angestrebt. Bei der Auslegung von kerntechnischen Anlagen wird dabei der Aufprall eines militärischen Düsenflugzeuges (zunächst Starfighter, später Phantom F-4) mit Auswirkungen von Trümmern, Wrackteilen und Treibstoffbränden berücksichtigt. Beim Zusammenstoss trifft eine dünnwandige und weiche Konstruktion aus Leichtmetall auf eine harte, dickwandige, fest verankerte und unnachgiebige Struktur der Kraftwerkshülle aufgrund der gedrungenen Massivbauweise aus Stahlbeton. Entscheidend für die Auslegung der Kraftwerkshülle sind deshalb Ausrichtung, Masse und Geschwindigkeit der Triebwerke mit ihren schweren Turbinenwellen aus Stahl, wobei der denkbar ungünstigste Fall unterstellt wird.

Verglichen mit einem Militärflugzeug ist bei der Kollision eines Linienflugzeuges trotz der deutlich größeren Masse ein hohes Sicherheitspotenzial vorhanden. So bieten die Verteilung der Masse in einem Verkehrsflugzeug, etwa die Anordnung der Turbinen, und das große Verformungspotenzial des Rumpfes Unterschiede zum Militärjet, die einen Aufprall erheblich abmildern. Weiter erreicht eine Passagiermaschine nicht die Geschwindigkeit eines Militärjets und weist nicht dessen Manövrierfähigkeit auf. Im Vergleich zu einem 400 Meter hohen Wolkenkratzer sind Kernkraftwerke deutlich schwieriger zu treffen, insbesondere an ihren sensiblen Stellen.

Von den Kernkraftwerken in Deutschland sind lediglich fünf nicht explizit gegen Flugzeugabsturz ausgelegt. Gleichwohl besitzen auch sie einen weitreichenden Schutz gegen Flugzeugabsturz, wie angesichts der massiven Bauweise und der Auslegung gegen Erdbeben zu erwarten ist. Vier Kernkraftwerke sind gegen Abstürze von Starfightern ausgelegt, die übrigen zehn gegen den Absturz einer Phantom F-4.

Das sehr hohe Sicherheitsniveau aller Kernreaktoren wird durch mehrere, räumlich getrennte Kühlsysteme und das ”Mehrbarrieren-Konzept” gewährleistet. Letzteres umfasst die Urandioxid-Matrix, das gasdichte Brennstoffhüllrohr, den Reaktordruckbehälter umgeben von einem Stahlbetonzylinder (biologisches Schild) sowie weitere Betonstrukturen, den Sicherheitsbehälter aus Stahl und das Reaktorgebäude. Vorgelagerte Gebäude und die geografische Lage der Anlagen bieten weiteren Schutz gegen gezielte Flugzeugabstürze. Kernkraftwerke bieten somit infolge der geringen Erfolgschancen kein bevorzugtes Ziel für auf maximalen Schadenseffekt ausgerichtete Selbstmordattentäter.

Kernkraftwerke abzuschalten, um Terrorangriffe zu verhindern, bringt keinen Gewinn an Sicherheit, da das radioaktive Inventar zur Abkühlung mindestens ein Jahr in der Anlage verbleiben muss.

Die Sicherheit von Zwischenlagern für verbrauchte Brennelemente gegen Einwirkungen von außen wird hauptsächlich durch die Sicherheitseigenschaften der Transport- und Lagerbehälter bestimmt. Die Untersuchungen an CASTOR-Transport- und Lagerbehältern haben eindeutig gezeigt, dass die Sicherheitsfunktionen auch im Fall von Explosionen, Flugzeugabstürzen und mehrstündigen Brandeinwirkungen erhalten bleiben.

Hervorzuheben ist ebenso, dass Sicherheit gegen Terror-Anschläge nur durch eine ganzheitliche Berücksichtigung aller beteiligten Systeme wie Flughafen, Flugzeug, Flugüberwachung, Gebäude und Anlage sowie Brand- und Katastrophenschutz erzielt werden kann. Dabei muss es das vorrangige Ziel sein, den Missbrauch von Verkehrsflugzeugen als Waffen durch Terroristen zu verhindern. Mit fachlichen Stellungnahmen steht der VDI mit seinen zahlreichen Experten aus den verschiedensten Fachgebieten für Politik und Behörden jederzeit zur Verfügung.

Quelle und Kontaktadresse:
Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) Graf-Recke-Str. 84 40239 Düsseldorf Telefon: 0211/62140 Telefax: 0211/6214575

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