Pressemitteilung | ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

Kein Recht auf Faulheit beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit

(Hannover) - Forderungen zum Abbau der Arbeitslosigkeit stellte der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, in den Mittelpunkt seiner Rede zum 1. Mai in Hannover. Scharf wandte er sich gegen Versuche, den Arbeitslosen die Schuld an ihrer Lage zuzuschieben.

Seine Rede zum 1. Mai hat der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske unter das Motto gestellt: "Kein Recht auf Faulheit - beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit". Bsirske kritisierte in Hannover scharf die Drückeberger-Debatte der letzten Wochen: "So funktioniert es nicht, dass der Bundeskanzler für den Aufschwung verantwortlich sei und die Arbeitslosen für die Arbeitslosigkeit."

Wenn wie in Ostdeutschland auf einen Arbeitslosen 0,04 offene Stellen kommen, sei es grotesk, die Erwerbslosen für ihre Situation selbst verantwortlich zu machen. Deshalb fordere seine Gewerkschaft ein Investitionsprogramm Ost zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Bei einer Arbeitslosenquote bis zu 30 Prozent und angesichts 100.000 fehlender Ausbildungsplätze sei hier eine Verbesserung der Infrastruktur dringend erforderlich. Hierbei sei nicht nur an Verkehrswege zu denken, sondern vor allem an Aus- und Weiterbildung, Forschung und Entwicklung. Ein weiteres Instrument zum Abbau der Arbeitslosigkeit sei die Job-Rotation, wie sie sich in Dänemark bewährt habe. Bsirske erinnerte den Bundesarbeitsminister an sein Versprechen, noch vor der Sommerpause hierzu einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Auch müsse es gelingen, die Überstunden abzubauen und in neue Stellen umzuwandeln. "Zwei Milliarden bezahlte und noch einmal mindestens zwei Milliarden unbezahlte Überstunden: Da kann doch keiner mehr von Abfedern von Spitzen reden." Überstunden gehörten zum Verhinderungsprogramm für neue Stellen.

In diesem Zusammenhang verwies der ver.di-Vorsitzende auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zähle. Damit sei klar, dass die gängige Praxis in den Krankenhäusern, Ärzte und Pflegepersonal bis zu 24 Stunden Dienst schieben zu lassen, illegal ist. Dies sei für Patienten und Beschäftigte gefährlich.

Um diese rechtswidrigen Zustände zu beseitigen, seien allein in den Krankenhäusern 25.000 zusätzliche Stellen erforderlich. Die damit verbundene Personalkostenbelastung bezifferte der ver.di-Vorsitzende auf rund 1,5 Prozent. "Billiger kommt diese Bundesregierung nicht an zigtausende neuer Arbeitsplätze heran", unterstrich Bsirske.

Bsirske begrüßte in seiner Rede, dass die Parteien nicht länger die Augen vor der Wirklichkeit verschließen, Deutschland als Einwanderungsland begreifen und deshalb die Bedingungen für die Einwanderung regeln wollten. Er betonte, dass bei der Erweiterung der Europäischen Union bestimmte Regeln notwendig seien, damit es nicht zu sozialen Verwerfungen komme.

Übergangsfristen für Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreiheit seien genauso wichtig wie ein Vergabegesetz, das soziale und tarifliche Standards sichert. "Unser polnischer Kollege Busfahrer oder der tschechische Kollege auf dem Bau sollen den gleichen Lohn bekommen wie ihre deutschen Kollegen. Davon profitieren doch letztlich alle."

Schon in den 50er und 60er Jahren hätten die Gewerkschaften durchgesetzt, dass die angeworbenen Arbeitnehmer bei Tarifen und in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen gleichgestellt wurden, zum Wohle aller.

Den in Deutschland lebenden Ausländern müssten darüber hinaus umfassende Integrationsangebote gemacht werden. Sie sollten die vollen Bürgerrechte und das kommunale Wahlrecht erhalten. "Was ist denn daran noch demokratisch, wenn bei einem Ausländeranteil von 30 Prozent ein Drittel der Menschen einer Stadt nicht wählen dürfen", so der Gewerkschafter.

Der ver.di-Vorsitzende warnte auch vor einem Rückfall der Familienpolitik in die Einstellungen der 50er Jahre. Es gehe nicht um die Wiederbelebung eines Auslaufmodells des Zusammenlebens von Mann und Frau, wo automatisch der eine arbeiten geht und die andere sich um Haus und Familie kümmere. Vielmehr müsse ein Modell entwickelt werden, das für beide Berufstätigkeit und Familie vereinbar mache. Dazu bedürfe es guter und verlässlicher etreuungseinrichtungen für Kinder und ausreichend Ganztagsschulen. "Wir dürfen nicht die bestausgebildete Frauengeneration aller Zeiten auf Heim und Herd beschränken", mahnte Bsirske.

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