Pressemitteilung | Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. (DStGB)

Jahresbilanz 2000: Weiter steigende Sozialausgaben

(Köln) - In den Kassen der deutschen Städte und Gemeinden werden im Jahr 2001 u.a. durch die Steuerreform, die Erhöhung des Kindergeldes und die neue Entfernungspauschale insgesamt mehr als 11 Milliarden Mark fehlen. Gleichzeitig werden die Ausgaben für soziale Leistungen weiter steigen. Die anstehenden Reformprojekte wie z.B. die Rentenreform werden die Kommunen 2,3 Milliarden Mark kosten. Im Jahr 2001 geben die Städte und Gemeinden damit gut 50 % ihrer Steuereinnahmen (55 Milliarden Mark) für soziale Leistungen aus. Im vergangenen Jahr waren es noch 47 % und rund 2 Milliarden Mark weniger. „Wir brauchen dringend eine Trendwende hin zu einer nachhaltigen Sozialpolitik. So kann es nicht mehr weitergehen“, sagte Bürgermeister Roland Schäfer, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, heute in Berlin.

Ohne eine dauerhafte Reform der sozialen Sicherungssysteme wird das deutsche Sozialsystem dem Einzelnen nicht besser helfen können, den folgenden Generationen große Probleme hinterlassen und zu einer Belastung des Wirtschaftsstandortes Deutschland werden. Es muss Schluss damit gemacht werden, dass die Politik den Bürgern die Illusion vermittelt, der Staat könne mit immer weniger Steuern immer bessere Leistungen erbringen.

„Das deutsche Sozialsystem hat seine Vorreiterrolle bei zukunftsträchtigen Lösungen leider verloren. So wird bei der aktuellen Diskussion um die Rentenreform nicht wahrgenommen, dass wir uns durch einen dramatischen Geburtenrückgang bereits aus dem Generationenvertrag verabschiedet haben. Fast zwei Drittel aller Haushalte in Deutschland bestehen nur noch aus maximal zwei Personen, mehr als ein Drittel aus Singles“, sagte Schäfer. Hinzukommen folgende weiteren Probleme:

- die Finanz- und Sachverantwortung liegen auf verschiedenen Ebenen, das Steuer- und Finanzsystem ist undurchschaubar geworden,

- die Bevölkerung wird in den nächsten 50 Jahren auf 65 Millionen Einwohnern sinken, dieser Einwohnerverlust entspricht dem 17fachen der Einwohnerzahl der Stadt Köln,

- die Entwicklung zur Informationsgesellschaft verändert unwiderruflich die Struktur und die Dauerhaftigkeit der Beschäftigungsverhältnisse,

- das Gesundheitswesen steht vor dem Kollaps.

Nachhaltige Sozialpolitik muss sich diesen Problemen stellen. Wir müssen hier und heute die Wende einleiten und den Sozialstaat dauerhaft zukunftssicher machen. Dabei müssen folgende Wendemarken gelten:

- Staatliche Sozialleistungen und private Eigenvorsorge müssen in ein neues Verhältnis gebracht werden. In den Bereichen Absicherung bei Arbeitslosigkeit, notwendiger Gesundheitsschutz, Bewahrung vor Altersarmut, Hilfe bei Behinderung oder Berufsunfähigkeit muss der Staat den Bürger langfristig und dauerhaft schützen. Dort wo private Vorsorgemöglichkeiten bestehen bzw. geschaffen werden können, muss dringend eine Entlastung des Sozialstaates erfolgen. Dazu gehört z.B. die Einführung einer privaten Komponente zum Leistungskatalog der Krankenversicherung. Das bedeutet, der Einzelne sollte selbst entscheiden, welche Leistungen er in welcher Qualität in Anspruch nehmen möchte und daraufhin seine Versicherungsleistungen ausrichten. Die betriebliche Zusatzversorgung muss bei der Alterssicherung ausgebaut werden.

- Im sozialen Sicherungssystem muss die Eigenvorsorge durch Versicherungsansprüche verstärkt werden. Dazu gehört eine obligatorische private Altersvorsorge. Für die Sozialhilfe muss der Grundsatz der Nachrangigkeit konsequent beibehalten werden. Wer arbeiten kann, eigenes Vermögen oder Unterhaltsansprüche hat, darf keine staatliche Fürsorge verlangen.
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- Wer länger lebt, kann auch länger arbeiten. Ein Jahr späterer Ruhestand erspart dem Rentensystem 20 Milliarden Mark. Die neuen Arbeitsformen erzwingen eine größere Flexibilität beim Ruhestandsalter.
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- Wir brauchen ein klares Bekenntnis zu einer nachhaltigen dauerhaften und integrierten Familienpolitik. Sie muss sicherstellen, dass auch Frauen mit Kindern arbeiten können. Die demographische Entwicklung macht es erforderlich, die vorhandenen Erwerbspotentiale auszuschöpfen und zu mobilisieren. Erforderlich ist ein Netzwerk der Kinderbetreuung. Dies ist eine gesamtstaatliche und nicht nur eine kommunale Aufgabe. Das Bekenntnis zu Familie und Kindern muss vom Staat vorrangig in den Bereichen Steuern, Erziehungszeiten, Rentenanwartschaften und Arbeitsmarkt gefördert werden. Diese Ansätze könnten in einem einheitlichen Gesetz zur Familienförderung zusammengeführt werden.

- Die beste Sozialpolitik setzt in der Bildung an. Ohne massiven Ausbau der Bildung wird Deutschland keine Zukunft haben. Notwendig ist ein Bündnis für Bildung. Zu berücksichtigen ist auch, dass Spitzenleistungen ohne Eliten nicht möglich sind. Dazu müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Zur Zeit gibt Deutschland lediglich 0,08 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus. Die US-Amerikaner bringen es auf 1,29 %. Selbst Mexiko investiert 0,27 % seines Volkseinkommens in Bildung. Staat, Wirtschaft und Bürger sind finanziell gefordert.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) Marienstr. 6 12207 Berlin Telefon: 030/773070 Telefax: 030/77307200

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