Pressemitteilung | Bundesverband kostenloser Wochenzeitungen e.V. (BVDA)

Einkauf Aktuell: Erneute Niederlage für Deutsche Post AG / Verlegerverbände erwirkten bisher fünf Einstweilige Verfügungen

(Berlin/Hamburg) - Auf Antrag vom Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) und BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger) hat das Hamburger Landgericht im Wege der Einstweiligen Verfügung der Deutschen Post AG (DPAG) untersagt, für ihr Werbeprodukt "Einkauf Aktuell" mit einer sogenannten Trackingstudie zu werben. Die Post hat diese EV (LG Hamburg Az. 315 0787/03) mittlerweile als endgültige Regelung anerkannt.

Es handelte sich nach Darstellung der Post um eine Reichweiten- und/oder Strukturanalyse. Unter dem Titel: "Einkauf Aktuell. Die neue Form der Haushaltswerbung" nutzte die Post diese Studie, um Werbekunden für Einkauf Aktuell zu ködern. Jetzt darf sie das Werk nicht mehr verbreiten und seine Ergebnisse nicht mehr anführen.

Die beiden Verlegerverbände reichten bereits im September 2003 beim Kartellamt Beschwerde gegen die Deutsche Post AG ein (Kartellbeschwerde: anklicken und nachlesen). Ihr Vorwurf: Einkauf Aktuell könne sich nur über Quersubventionierung aus dem höchst profitablen Briefgeschäft (16 Prozent Rendite) refinanzieren. Die DPAG wirbt mit Dumpingpreisen gezielt Werbekunden der Anzeigenblatt- und Tageszeitungsverleger ab.

Mit der Einstweiligen Verfügung konnten die Verbände einen weiteren juristischen Erfolg gegen das Staatsunternehmen erringen, das anscheinend von wettbewerbsrechtlich sauberen Wettbewerb wenig hält, wie die fortgesetzten Verstöße beweisen. Die Deutsche Post AG lässt nicht von dem Versuch ab, ihr Produkt "Einkauf Aktuell" mit unzulässigen Methoden im Markt zu etablieren.

Zusammengefasst verstößt die Post-Studie nach der Einstweiligen Verfügung (EV) gegen Mindeststandards für eine methodisch ordentliche Untersuchung, gegen "anerkannte Regeln der Marktforschung", gegen Mindestanforderungen für Werbeträgeranalysen. Die Studie ist also grob fehlerhaft. Deshalb sind auch die aus ihr abgeleiteten werblichen Aussagen per se wettbewerbswidrig.

Konkret geht es u. a. um folgende Verstöße:

- 209 Befragte in Hamburg und Umland sind nach den Regeln der Marktforschung nicht repräsentativ für 1,3 Mio Haushalte in Hamburg.

- Hinzu kommt, dass bei einer ganzen Reihe von Fragestellungen in der Studie die Zahl der interviewten Personen gegenüber den erwähnten 209 Befragten nochmals wesentlich absinkt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn jeweils getrennte Befragungsergebnisse für "Hamburg-Zentrum" und "Hamburg Umland" dargestellt werden. So gibt es für das Gebiet "Hamburg Centrum" nur 102 befragte Personen. Dies ist bei weitem zu niedrig um ein repräsentatives Mediennutzungsverhalten zu untersuchen.

- Ein Beispiel für weitere irreführende Erhebung: Der Studie nach gaben nur 69 be-fragte Personen an, den Werbeprospekt der Firma WalMart als Beilage zum Post-Programmheftchen "Einkauf Aktuell" im Hamburger Gebiet erhalten zu haben. Von denen konnten sich angeblich "55 % ungestützt" an diesen Prospekt erinnern. Ange-nommen, von 1,3 Mio Haushalten haben 38 Befragte (55 % von 69 Interviewten) sich ungestützt an den Prospekt erinnert: So darf dennoch nicht, wie in der Post-Studie geschehen, behauptet werden, der WalMarkt-Prospekt sei "ungestützt aufmerksam-keitsstark" bzw. es sei gelungen, für "Einkauf Aktuell" und die über dieses Medium verteilte Werbung "hohe Akzeptanz und Nutzungsinteressen zu generieren".

- Aus gutem Grund verlangt das "Rahmenschema für Werbeträger Analysen" des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) für eine Reichweitenanalyse - wie sie in der streitbefangenen Studie enthalten ist - als Erhebungsbasis "500 Netto-fälle" (Befragte). Mit Blick auf eine Leserstrukturanalyse, wie sie in der Post-Studie ebenfalls vorliegt, fordert das ZAW-Rahmenschema mindestens "250 Nettofälle". Beides erfüllt die Studie nicht.

- Doch damit nicht genug: Das ZAW-Rahmenschema verlangt zusätzlich "eine Erfolgsquote von mindestens 70 % durchgeführte Interviews vom Nettosatz". Auch dies ist bei der Post-Studie nicht der Fall, da der Post für saubere wissenschaftliche Arbeit 544 befragte Personen fehlen.

- Die Post-Studie handelt auch gegen das Wettbewerbsrecht, wenn sie, wie geschehen, nicht einmal erhebt, wen "Einkauf Aktuell" in der Grundgesamtheit überhaupt erreicht. Erst dann könnte sie die Personen, die "Einkauf Aktuell" erhalten haben, weiter befragen.

- Generell fehlt die Reichweitenerhebung anderer Medien. Gleichwohl werden Vergleiche zu Wettbewerbsmedien gezogen

- Die Post darf zudem nicht mehr behaupten, Werbung in Einkauf Aktuell wäre attraktiver als in anderen Mediengattungen ("Angebot von Einkauf Aktuell attraktiver"). Denn fast ein Drittel der von ihr Befragten - 32 Prozent - (67 Personen) lesen z.B. gar keine Zeitung. Wer jedoch keine Zeitung liest, kann auch nicht sagen, was ihm lieber ist. Deshalb sind vergleichenden Aussagen - wie in der Studie gemacht - irreführend und unhaltbar.
Besonders pikant: Die Studie wurde von der Deutschen Post-Tochter Market Research Service Center (MRSC) durchgeführt.

Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Anzeigenblätter, Heiner Urhausen, äußerte sich zu den juristischen Auseinandersetzungen wie folgt: "Die Deutsche Post AG lässt nicht von dem Versuch ab, ihr Produkt "Einkauf Aktuell" mit unzulässigen Methoden im Markt zu etablieren. Das Verhalten der Deutschen Post AG ist haarstreubend: dass ein Staatskonzern regelmäßig Gesetze und anerkannte Spielregeln seriöser Marktforschung ignoriert, um mit unwissenschaftlichen, letztlich unseriösen Studien Werbeaufträge anderer mit Dumpingpreisen abzuwerben, ist skandalös. Mittlerweile haben wir fünf Einstweilige Verfügungen gegen die Deutsch Post AG erwirkt, die zahlreiche Werbeaussagen bei Strafe untersagen. Weitere Verfahren sind anhängig".

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter e.V. (BVDA) Haus der Presse, Markgrafenstr. 15, 10969 Berlin Telefon: 030/726298-2818, Telefax: 030/726298-2800

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