Pressemitteilung | DWA - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.

Die Hochwasserkatastrophe an der Elbe – Folgen und Vorsorge

(Hennef) – Die öffentliche Diskussion über die Ursachen extremer Hochwasser wird nach Ansicht der ATV-DVWK Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. zu vereinfacht geführt. Extreme Hochwasser können nicht verhindert werden, aber ihre Wirkungen können abgeschwächt werden. Bekannte Regeln und Lehren aus früheren Extremhochwassern müssen besser beachtet werden. Diese Einschätzung zur jüngsten Hochwasserkatastrophe an der Elbe geben Fachleute der Wasserwirtschaft und Hydrologie, die in der ATV-DVWK organisiert sind. Der Investitionsbedarf für Deichsanierungen beträgt ca. 400 Millionen Euro.

Auf der Bundestagung der ATV-DVWK am 19. September 2002 in Weimar sollen in einer aktuellen Stunde gemeinsam mit weiteren Experten Ursachen, Minderungsstrategien und Maßnahmen des vorbeugenden Katastrophenschutzes, aber auch die Frage zum Umgang mit den Flutschäden in einer Podiumsdiskussion erörtert werden.


Öffentliche Diskussion oft zu vereinfacht

Die vielfältigen öffentlich geführten Diskussionen über die Ursachen der extremen Hochwasser, insbesondere jetzt im Einzugsgebiet der Elbe, vereinfachen die Sachverhalte zu stark. Es wird der Eindruck vermittelt, dass es keine Hochwasser solch katastrophalen Ausmaßes mehr gäbe, würde der Mensch seinen Einfluss auf die Natur wieder zurücknehmen. Meist wird nur ein einziger Faktor für das Hochwasser verantwortlich gemacht. Dabei wird wahlweise auf die vom Menschen verursachte Klimaveränderung (CO2-Anstieg und die damit verbundene Erwärmung der Erdatmosphäre) oder auf die Flächenversiegelung oder den Flussausbau verwiesen.

Wie Prof. Uwe Grünewald/Cottbus, Prof. Hans-B. Kleeberg/München und Dr. Markus Disse/Koblenz vom Hauptausschuss “Hydrologie und Wasserbewirtschaftung” und von der Fachgemeinschaft “Hydrologische Wissenschaften” in der ATV-DVWK erläutern, ist es unstrittig, dass diese menschlichen Aktivitäten Hochwasser verschärfen. Ihre Rücknahme, die ohnehin nur teilweise möglich wäre, dürfte in großen Gebieten ein extremes Hochwasser nur um wenige Prozent verringern. Das hätte aber an den katastrophalen Folgen des Elbe-Hochwassers nicht viel geändert.


Extreme Hochwasser sind Naturereignisse

Hauptursache des Elbe-Hochwassers im August 2002 waren großräumige extreme Niederschlagsmengen im Einzugsgebiet. In Zinnwald wurde der 100jährlich auftretende Tagesniederschlag von 130 Millimeter mit 312 Millimetern weit übertroffen. Diese gewaltige Regenmenge ist Rekord in Deutschland. Die Niederschläge fielen auf einen wassergesättigten Boden ohne weiteres Wasserrückhaltevermögen. Durch die Lage des Niederschlagsgebietes war nahezu das gesamte Einzugsgebiet des Elbe-Pegels in Dresden betroffen, d. h. viele Nebenflüsse trugen gleichzeitig zum Hochwasser bei. Die Folge war am 17. August 2002 der größte jemals gemessene bzw. durch historische Angaben überlieferte Scheitelwasserstand von 9,40 Meter (zum Vergleich: 8,77 Meter im Jahr 1845).


Katastrophenabwehr hat funktioniert

Hochwasserschäden könnten bei entsprechenden Vorsorgemaßnahmen wesentlich verringert werden. Zum großen Glück im Unglück hat die direkte Katastrophenabwehr und -hilfe an der Elbe selbst beim Fehlen der immer wieder geforderten Warn- und Notfallpläne recht gut funktioniert. Bereits in der Folge der Hochwasser der 90er Jahre hatten Experten die entsprechenden Strategien und Maßnahmenpakete, z. B. im Rahmen der Internationalen Dekade für Katastrophenvorsorge (IDNDR), durch die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) oder speziell für die Elbe durch die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) entwickelt. Merkmale eines modernen Hochwasserfrühwarnsystems sind nach Meinung der ATV-DVWK (“Warnen und Handeln”):
- frühzeitiges Erfassen gefahrenbringender Wettersituationen,
- Vorhersage des daraus resultierenden Hochwassers,
- Warnung der Entscheidungsträger und der potenziell Betroffenen in einer effektiven und robusten Informationskette,
- Reagieren der Entscheidungsträger,
- Vorsorge- und Schutzmaßnahmen für die betroffene Bevölkerung.

Der Präsident der ATV-DVWK, Prof. Hermann H. Hahn (Karlsruhe), mahnt: “Vorsorge- und Schutzmaßnahmen gegen Hochwassergefahren müssen einen höheren Stellenwert bekommen. Anhand von Überflutungs- und Gefahrenkarten sollte jede Gemeinde und jeder Bürger über seine Situation informiert sein. Eine Bebauung von überflutungsgefährdeten Bereichen ist nicht mehr akzeptabel und in der Bauleitplanung abzusichern. Jetzt müssen überall in Deutschland die Vorsorge- und Schutzmaßnahmen intensiviert werden. Denn nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser!”


Hochwasser können nicht verhindert werden

Nach Auffassung der ATV-DVWK sind Hochwasser nicht zu verhindern. Eine Verschärfung der Hochwassersituation kann jedoch durch die Erhaltung und Schaffung von Überflutungsräumen vermieden werden. Durch die Zurückverlegung von Deichen und insbesondere durch die Anlegung von Poldern können Hochwasserspitzen reduziert werden. Im Oberlauf der Flüsse sind ebenso ausreichend Hochwasserspeicher zu schaffen.

An der Elbe ist nunmehr die Sanierung der Deiche zu intensivieren; für die 500 Kilometer, die bereits 1997 nicht den technischen Anforderungen entsprachen, wird mit einem Aufwand von mehr als 400 Millionen Euro gerechnet.


Förderschwerpunkt “Hochwasservorsorge”

Neben der notwendigen Schadensbehebung der Hochwasserschäden müssen jetzt mittels eines Förderschwerpunktes “Hochwasservorsorge” Forschungs- und Entwicklungsvorhaben auf den Weg gebracht werden. Diese sind hinsichtlich ihrer Ausrichtung gründlich vorzubereiten. Für die Bewertung der Projektanträge bietet die ATV-DVWK den Sachverstand und die Kompetenz ihrer Mitglieder an.

Quelle und Kontaktadresse:
ATV-DVWK Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. Theodor-Heuss-Allee 17 53773 Hennef Telefon: 02242/872 0 Telefax: 02242/872 135

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