Pressemitteilung | Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) / Regionalverband Ost - Bundesgeschäftsstelle Berlin

Deutsche Umwelthilfe fordert Ende der Verbrauchertäuschung mit dem Begriff "Umweltprämie" für Fahrzeuge mit hohem CO2- bzw. Stickoxid-Ausstoß

(Berlin) - Umtausch- bzw. "Umweltprämie" belohnt besonders den Kauf großer Diesel-SUVs und spritschluckender Pkw - Abgasmessungen an mit "Umweltprämien" beworbenen Pkw-Modellen zeigen bis zu 13-fach höhere Stickoxid-Emissionen auf der Straße als im Prüflabor erlaubt - Kein einziger der aktuell mit Umtausch- bzw. "Umweltprämie" beworbenen Diesel-Pkw erfüllt die aktuelle Abgasnorm Euro 6d

Berlin, 20.9.2017: Zwei Jahre nach Bekanntwerden des VW-Abgasbetrugs in den USA zieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Bilanz. In den 24 Monaten nach den Enthüllungen hat sich nicht nur gezeigt, dass praktisch alle Hersteller Abschalteinrichtungen verwenden, die zu einer massiven Erhöhung giftiger Dieselemissionen im realen Fahrbetrieb führen. Durch die vor allem temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen ist die Belastung der Luft in unseren Städten ausgerechnet im gesundheitlich problematischen Winterhalbjahr besonders hoch. Die aktuellen Aussagen von Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Vizekanzler Gabriel zeigen, dass die bisherige Bundesregierung unwillig ist, den knapp 9 Millionen betrogenen Käufern schmutziger Euro 5+6 Diesel-Pkw zu helfen und das "Recht auf Saubere Luft" sowie wirksamen Verbraucherschutz durchzusetzen.

Als ein Beispiel für die Fernsteuerung dieser Bundesregierung durch die Autokonzerne benennt die DUH die im August auf dem Diesel-Gipfel vorgestellte "Umweltprämie". In einer Analyse aller derzeit auf dem deutschen Markt von in- und ausländischen Herstellern damit beworbenen Neuwagen hat die DUH bei einigen Herstellern einen Missbrauch dieses Begriffs festgestellt. Nach Ansicht der DUH betreiben diese Hersteller vorsätzliche Verbrauchertäuschung, wenn Kunden durch eine gemeinsam von der Bundesregierung und ihrem Partner Autoindustrie eingeführten "Umweltprämie" zum Kauf von Pkw animiert werden, die besonders spritdurstig sind beziehungsweise sehr hohe Stickoxid-Realemissionen haben.

Die Prämie ist ausgerechnet besonders hoch bei Fahrzeugen mit überdurchschnittlichem Kraftstoffverbrauch und damit hohen CO2 Emissionen. Darüber hinaus zeigen Messungen der DUH im Rahmen ihres Emissions-Kontroll-Instituts (EKI), dass viele der mit hohen Umtausch- bzw. "Umweltprämien" beworbenen Diesel-Pkw-Modelle bei Straßenmessungen der DUH gleichzeitig einen besonders hohen Stickoxidausstoß (NOx) zeigen. So etwa der Mercedes B 180 D mit 1.039 mg NOx/km oder der Renault Kadjar 1.5 dCi 110 mit 872 mg NOx/km. Die Fahrzeuge überschreiten den für Labortests geltenden Grenzwert von 80 mg NOx/km damit um das 13-fache beziehungsweise fast 11-fache.

Aber auch beim Spritverbrauch und den damit unmittelbar verbundenen CO2-Emissionen setzen die Autohersteller Fehlanreize hin zum Kauf von Klimakiller-Limousinen. Während der sparsamste Audi A1 Benziner mit 97 g CO2/km 3.000 Euro Umweltprämie erhält, ist diese beim Edel-SUV SQ7 mit 199 g CO2/km oder dem Audi A8 W12 mit 259 g/km mit 10.000 Euro mehr als dreimal so hoch.

"Der Verbraucher kennt die Umweltprämie aus der Zeit der Abwrackprämie. In mehreren Gerichtsentscheidungen wurde damals festgestellt, dass es nicht zulässig ist, mit dem Begriff ´Umweltprämie` für Fahrzeuge mit überdurchschnittlich hohen Emissionen zu werben. Wir fordern Bundesregierung und Autokonzerne auf, diese dreiste Verbrauchertäuschung zu beenden und eine ´Umweltprämie` ausschließlich für emissionsarme Fahrzeuge sowie bei Diesel-Pkw nur für Fahrzeuge der neuesten Abgasstufe Euro 6d zu verwenden", erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Als besonders ärgerlich bezeichnet die DUH den Umstand, dass bislang noch kein Hersteller Diesel-Pkw der aktuellen Abgasstufe Euro 6d verkauft. Auch auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt im September 2017 waren diese Fahrzeuge nicht zu finden.

"Eigentlich müsste es 20 Jahre Dieselgate heißen, denn der Missstand war schon lange bekannt, jedoch haben die Bundesregierung und die EU-Kommission nichts dagegen unternommen, erklärt Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater.

Die DUH hat zwei Jahre nach Aufdeckung des Diesel-Abgasskandals in den USA dokumentiert, was von den vollmundigen Ankündigungen deutscher Politiker, Änderungen im Zulassungs- und Kontrollsystem von Pkw und deren Emissionen umgesetzt wurde: Nämlich praktisch nichts. Weder sind unabhängige Kontrollen des Emissionsverhaltens von neuen Pkw auf den Weg gebracht, noch eine wirkungsvolle Abgasprüfung für die Bestandsflotte. Ebenfalls Fehlanzeige: Die Einführung einer Musterfeststellungsklage oder eines Verbraucherbeirats im Kraftfahrt-Bundesamt. Die beiden bislang veranstalteten Diesel-Gipfel zeigen deutlich, dass die Autoindustrie die Politik weiter vor sich hertreibt. Zu den Ergebnissen der DUH-Analyse: http://l.duh.de/p170920.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Umwelthilfe e.V. Pressestelle Hackescher Markt 4 / Promenade 3 (Eingang), 10178 Berlin Telefon: (030) 2589860, Fax: (030) 25898619

(rf)

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