Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

DAV warnt vor dem Ende der effektiven Steuerstrafverteidigung und der Steuerberatung

(Berlin) - Anlässlich des vom 5. bis zum 6. Oktober 2001 in Berlin stattfindenden Steueranwaltstages sieht der DAV die effektive Steuerstrafverteidigung und die allgemeine Steuerberatung in ernster Gefahr.

Sollten die Pläne des Gesetzgebers verwirklicht werden, bestimmte Formen von Steuerhinterziehung (schwere Steuerhinterziehung) als mögliche Vortat von Geldwäsche auszugestalten, würde dies das Ende nicht nur der wirksamen Steuerstrafverteidigung, sondern auch der allgemeinen Steuerberatung bedeuten. Mit den Plänen soll die Finanzierung der organisierten Kriminalität und terroristischer Vereinigungen bekämpft werden. Die terroristischen Angriffe von New York und Washington verlangen aber eine besonnene und abgewogene Reaktion.

Wenn die Steuerhinterziehung in gleichgültig welcher Form zur Vortat von Geldwäsche würde, würde dies das gesamte Vermögen „vergiften“, da die Steuerschuld das gesamte Vermögen „belastet“ Es könnte nicht mehr zwischen legalen und illegalen Vermögensbestandteilen unterschieden werden. Nicht nur jeder Verteidiger in Steuerstrafsachen, sondern schon der allgemeine steuerberatende Anwalt könnte, sobald ein Verdacht von Steuerhinterziehung aufkommt, kein Honorar mehr annehmen, ohne selbst in den Verdacht von Geldwäsche zu geraten. Das Mandatsverhältnis wäre von ständigem Misstrauen begleitet, die Verschwiegenheitspflicht ebenso wie die Beschlagnahmefreiheit anwaltlicher Unterlagen durchlöchert. Die Strafverfolgung könnte - mit dem gesamten Instrumentarium gegen organisierte Kriminalität von Lauschangriff über Telefonüberwachung bis zum Einsatz verdeckter Ermittler - beim anwaltlichen Berater ansetzen. Unter diesen Voraussetzungen kann es nach Ansicht des DAV keine wirksame Beratung und Steuerstrafverteidigung mehr geben.

Mit Einführung der Geldwäsche (§ 261 Strafgesetzbuch) durch das Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität von 1992 sollte der Vortäter isoliert und die organisierte Kriminalität mit der Abschöpfung ihrer strafbaren Gewinne an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen werden. Es geht also um eine deutliche Grenzziehung zwischen legaler und illegaler Wirtschaft. Steuerhinterziehung ist nicht ein Delikt der „illegalen Wirtschaft“. Einer der wichtigsten Beiträge zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und zur Erhöhung von Steuerehrlichkeit ist die Schaffung allgemein verständlicher, einfacher und klar strukturierter Steuergesetze.

Das Recht auf anwaltliche Beratung, Vertretung und Verteidigung und die notwendig damit verbundenen Schutzrechte der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts und der Beschlagnahmefreiheit seiner Unterlagen – integrale Bestandteile eines Rechtsstaats – sind nicht nur durch Maßnahmen des nationalen Gesetzgebers, sondern auch durch den Entwurf einer 2. EU-Geldwäscherichtlinie bedroht. Rechtsanwälte sollen danach generell – wie Banken und andere Finanzdienstleister – zur Meldung geldwäsche-verdächtiger Geschäftsvorfälle bei ihren eigenen Mandanten verpflichtet werden. Der Entwurf der EU-Kommission sieht eine Ausnahme hiervon bisher nur für die Fälle der Prozessvertretung vor Gericht, nicht auch – wie es das EU-Parlament mit allem Nachdruck vorgeschlagen hat - für die anwaltliche Rechtsberatungstätigkeit vor. Eine solche Meldepflicht wäre das Ende anwaltlicher Verschwiegenheit. Der Vorstand des DAV hat in seiner Sitzung vom 26. September 2001 in Brüssel davor gewarnt, dieses Bürgerrecht im demokratischen Rechtsstaat unter dem Eindruck des Terrorangriffs auf die USA zu opfern. Dieses Opfer wäre nicht nur ungeeignet im Kampf gegen Terrorismus, sondern würde mit dem empfindlichen Abbau rechtsstaatlicher Garantien den Gegnern der Demokratie und damit auch den Terroristen in die Hände arbeiten.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Littenstr. 11 10179 Berlin Telefon: 030/7261520 Telefax: 030/726152190

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